Bamberg gegen Bonn: Ein Klassiker mit neuem Personal
Autor: Maximilian Glas
Bamberg, Freitag, 18. Dezember 2020
Bamberg und Bonn lieferten sich in den vergangenen 25 Jahren so einige Play-off-Schlachten, sind sich derzeit aber mit ihren runderneuerten Kadern völlig fremd. Ein Bekannter kehrt aber zurück.
"Die Fans - Defense" heißt der Fanclub der Telekom Baskets Bonn: Beides wurde bei den Rheinländern an den ersten fünf Bundesliga-Spieltagen schmerzlich vermisst. Mit mehr als 90 kassierten Punkten pro Partie waren die Baskets fünfmal leer ausgegangen, ehe vor einer Woche im Duell der sieglosen Teams der erste Saisonerfolg gegen Rasta Vechta gelang. "Das ist ein gutes Gefühl, aber nur der erste Schritt", sagte der erleichterte Bonner Aufbauspieler T.J. DiLeo, der sein 150. Bundesliga-Spiel bestritt. Dabei fußte der 80:69-Erfolg vor allem auf einer stabilen Defensivleistung.
Eine Parallele zu den Bambergern, die in den ersten Saisonspielen ebenfalls in der Verteidigung schwächelten, sich aber in diesem Bereich beim jüngsten Sieg über Würzburg (81:66) verbessert zeigten. "Wenn wir defensiv gut stehen, dann ergeben sich gute offensive Aktionen. Das müssen wir uns immer wieder ins Gedächtnis rufen und auch gegen Bonn wieder umsetzen", sagt der Bamberger Michele Vitali.
Ob sich beide Teams in der Defensive nachhaltig entwickelt haben oder ob die vermeintlich gute Arbeit nur den harmlosen Kontrahenten aus Vechta und Würzburg geschuldet war, wird das direkte Duell am Samstag (20.30 Uhr, live bei Magentasport) in der Brose-Arena zeigen.
Nur zwei Deutsche blieben übrig
Ein Abend der Superlative war aus Bamberger Sicht das letzte Aufeinandertreffen der beiden Teams im November 2019. Das Brose-Team zerlegte die Rheinländer im Telekom-Dome im ersten Durchgang in ihre Einzelteile (55:28), erzielte in keinem Saisonspiel mehr Punkte als beim 106:81-Auswärtssieg. Erkenntnisse können aus dieser Partie aber keine gezogen werden, denn ein Jahr später sind von den damals eingesetzten Akteuren nur noch drei übrig geblieben: Christian Sengfelder, T.J. DiLeo und Benjamin Lischka. Nach der schlechtesten Bundesliga-Saison ihrer Vereinsgeschichte (Platz 15 bei Saisonabbruch) blieb bei den Bonnern ähnlich wie bei Brose im Sommer kein Stein auf dem anderen.
Trotz einer deutlichen Reduzierung des Budgets gelang es Sportmanager Michael Wichterich und dem neuen Coach Igor Jovovic (zuletzt Co-Trainer bei den Bayern) einige bekannte Namen nach Bonn zu locken. Größter Coup war die Verpflichtung des ehemaligen Brose-Spielers und gebürtigen Bayreuthers Leon Kratzer. Der Nationalspieler trat damit in die Fußstapfen von Vater Marc Suhr, der 2001/02 auf dem Hardtberg spielte. Kratzer hinkt den Erwartungen bei seinem neuen Arbeitgeber aber noch hinterher. Mit 6,0 Punkten bei einer für einen Center schwachen Wurfquote von 47 Prozent und 4,7 Rebounds in durchschnittlich knapp 19 Minuten Spielzeit ist er bislang bei weitem noch nicht so effektiv wie in der vergangenen Spielzeit in Frankfurt. Und sein größter Feind bleibt die Freiwurflinie: Gegen Vechta traf der 23-Jährige keinen einzigen seiner sechs Versuche.
Ein unberechenbarer Schütze
Probleme, die der zweite prominente Neuzugang, Chris Babb (7/7 Freiwürfe im Saisonverlauf), nicht kennt. Der 30-jährige US-Amerikaner machte sich von 2015 bis 2017 in Ulm als einer der besten Schützen der Bundesliga einen Namen. Nach Stationen in Russland, der Türkei und Griechenland ist der Bruder von Bayern-Spieler Nick Weiler-Babb nach Deutschland zurückgekehrt. Der Shooting Guard ist dafür bekannt, aus dem Dribbling von weit hinter der Dreierlinie abzudrücken. Seine bisherige Saisonausbeute ist mit 11,7 Punkten pro Spiel bei einer Dreierquote von 31 Prozent ebenfalls noch ausbaufähig. Treffsicherer präsentiert sich bislang die Europa-Fraktion mit dem serbischen Power Forward Strahinja Micovic (12,8 Punkte) und dem litauischen Small Forward Deividas Gailius (12,0).
Auf ebenfalls 12 Zähler im Schnitt bringt es Bambergs Italiener Michele Vitali, der vor den Rheinländern warnt: "Bonn hat eine talentierte Mannschaft, die durch die Erfahrung von Chris Babb nochmals stärker ist. Der aktuelle Tabellenstand spiegelt nicht die Leistungsfähigkeit wider. Daher dürfen wir uns davon nicht beirren lassen." Im Lager des Tabellen-15. glaubt man an seine Chance. "Wir gehen vielleicht nicht als Favorit ins Rennen, aber ich glaube, dass wir gut genug sind, um Bamberg schlagen zu können", meint Sportmanager Wichterich.
In der Brose-Arena gelang das einem Bonner Team zuletzt übrigens im Mai 2017. Die 92:93-Niederlage im ersten Play-off-Viertelfinale war damals das "Hallo-Wach-Erlebnis" für eine beeindruckende Siegesserie zur bislang letzten deutschen Meisterschaft.