Aus dem Ural nach Bamberg
Autor: Peter Seidel
Bamberg, Dienstag, 10. Sept. 2019
Tré McLean spielte in den vergangenen beiden Jahren in Russland. Der 25 Jahre alte US-Amerikaner mag es eher ruhig - doch auf dem Basketballfeld soll die Post abgehen.
Ein Facebook-Profil hat Tré McLean nicht. Bei Twitter und Instagram ist er zwar zu finden, sehr viel Neues ist dort aber nicht zu erfahren. "Ich bin nicht sehr aktiv, was die sozialen Medien angeht", erklärt der 25-Jährige. Das passt zu ihm, denn McLean sagt über sich selbst: "Ich bin eher ein ruhiger Typ."
In Bamberg hat es dem US-Amerikaner, der in den kommenden zwei Jahren für die Brose-Basketballer auf Korbjagd gehen soll, daher auf Anhieb gefallen. Klein und überschaubar sei es hier und überhaupt nicht hektisch. Dass er als Zeitvertreib neuerdings das Lesen für sich entdeckt hat, passt ins Bild.
Eine ganz andere Person soll der Small Forward aber auf dem Basketballfeld sein. "Tré ist ein Spieler, den sich jeder Trainer wünscht. Er spielt mit extrem hoher Physis und Energie", beschrieb Brose-Sportdirektor Leo de Rycke bei der Verpflichtung die Stärken des 1,96 Meter großen Flügelspielers. Diese Einschätzung teilt McLean: "Ich gebe in jedem Spiel alles, das ist wohl meine Stärke. Es ist mir wichtig, auch die kleinen Dinge richtig zu machen und viel zu kommunizieren, um das Team auf Kurs zu halten."
Seine Statistiken zeigen, dass das auch stimmt, denn ein Ego-Zocker ist er sicher nicht. Mehr als neunmal pro Spiel wirft er nur selten auf den Korb. In den bisherigen fünf Testspielen fiel er offensiv nicht sonderlich auf. Auf fünf Punkte kam er im Schnitt. Dennoch soll der Flügelspieler ein wichtiger Teil des Bamberger Teams werden. "Seine Erfahrung aus der russischen VTB-Liga und den internationalen Wettbewerben wird uns sehr helfen", meint de Rycke.
Im NBA-Draft nicht gezogen
Vor seinem Wechsel nach Bamberg war McLean, der 2017 seine Collegelaufbahn beendet hat, nach erfolglosem NBA-Draft zwei Jahre lang in Russland aktiv. Seine Profilaufbahn begann er bei Parma Basket Perm. Nach einem Jahr im Ural wechselte er zu Avtodor Saratov. Mit dem Team von der Wolga spielte McLean nach der verpassten Qualifikation für die Champions League im Fiba-Europe-Cup und steuerte dort in zwölf Einsätzen im Schnitt 14,8 Punkte und 6,6 Rebounds bei. Nach dem Ausscheiden aus dem viertklassigen europäischen Wettbewerb wechselte er zurück nach Perm und beendete dort die Saison.
"Sportlich war es okay, aber die Sprachbarriere war ein großes Problem. Kaum einer konnte Englisch", sagt der 25-Jährige aus Charleston über seine Erfahrungen in Russland. Auch das Reisen sei sehr anstrengend gewesen. Zu Auswärtsspielen hätte es keine Direktflüge gegeben, in Moskau musste stets umgestiegen werden. "Wir sind immer sehr früh aufgebrochen und sehr spät nach Hause gekommen."
Der perfekte Wechsel
Eine dritte Saison in Russland wird es aufgrund des Angebots aus Bamberg nicht geben. "Als ich zum ersten Mal nach Europa kam, hat Bamberg in der Eurolegaue gespielt. Damals habe ich viele Euroleague-Spiele gesehen. Und als die Anfrage von Brose kam, musste ich nicht lange überlegen. Ich habe mich mit meiner Familie und meinem Agenten zusammengesetzt, und wir alle waren der Meinung: Das ist der perfekte Wechsel zum jetzigen Zeitpunkt meiner Karriere, denn ich will immer auf dem höchstmöglichen Level spielen", sagt McLean, der - abgesehen von einer Zwischenlandung zum Auswärtsspiel der Champions-League-Qualifikation im schweizerischen Fribourg - erstmals in Deutschland weilt.