Solidarische Landwirtschaft: 70 Bamberger unterstützen einen Gärtner
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Donnerstag, 13. Sept. 2018
In Bamberg gibt es jetzt eine Solidarische Landwirtschaft. Hier geht es um den wahren Wert von Lebensmitteln - unabhängig vom Markt. Ein Besuch am Feld.
Heute ist wieder Erntetag: Im Schatten des Vordachs der Gartenhütte hat Gärtner Mathieu Lubiato auf zwei an der Wand befestigten Tafeln geschrieben, was jeder "Kunde" aus den vorbereiteten Körben nehmen darf. Daniela Strecker ist mit ihrer Freundin Annett Weinkamm zu dem Feld der Solidarischen Landwirtschaft (Solawi) an der Galgenfuhr gekommen, wo sich auch die Hütte befindet. Dort können die Gemüsefreunde entweder montags oder donnerstags ein Mal in der Woche "einkaufen".
Jede Woche frisches Gemüse
Die beiden Frauen stellen gerade ihren Ernteanteil zusammen: Zwei Zucchini, 600 Gramm Tomaten, vier Paprika - und vieles mehr. Ihre Kiste wird reichlich voll: "Für eine vierköpfige Familie reicht das locker", sagt Daniela Strecker. Dabei benötigt sie gar nicht mal die ganze Kiste. Die 38-Jährige hat einen sogenannten großen Ernteanteil mit einer anderen Freundin zusammen. Für diesen bezahlen sie gemeinsam jeden Monat 70 Euro - ein kleiner Ernteanteil kostet 35 Euro pro Monat. "Es ist aber auch eine Verpflichtung", erklärt die zweifache Mutter.
Dafür gibt es jede Woche frisches Gemüse direkt vom Feld. "Von der Menge ist das sehr viel", bestätigt auch Jonas Glüsenkamp, der gerade Tomaten wiegt. Für ihn, seine Frau und seinen zweijährigen Sohn reiche ein kleiner Ernteteil üppig aus. Und falls jemand mal etwas nicht möchte, kann man es in die Spendenkiste legen und ein anderer freut sich - oder Familie und Freunde bekommen was ab. Wobei auch jeder weiß, im Winter wird es weniger: Dann gibt es Lauch oder Möhren.
Idee aus der Transition-Gruppe
Doch darum geht es gar nicht: Bei der Solawi gibt es keine Kunden, sie heißen hier Ernteteiler. "Sie sind Teilhaber und Partner", sagt Heike Kettner vom Orga-Team. Die 44-Jährige hatte 2017 die Idee in der "Transition"-Gruppe angestoßen. Die Gruppe will den Wandel hin zu einer solidarischen, nachhaltigen und lebenswerten Gesellschaft mitgestalten.
Seit Anfang des Jahres ist die Solawi nun aktiv. 70 Ernteteiler, vom Rentner bis zum Studenten, werden inzwischen versorgt. Und es gibt noch mehr Interessenten: "Wir haben schon eine Warteliste", sagt Heike Kettner.
Crowdfunding-Aktion bringt 8000 Euro
Ziel ist es, den Lebensmitteln wieder den wahren Wert zu geben - auf ökologische, regionale und saisonale Produkte zu setzen. Und: Es geht darum, Landwirten ein gesichertes Einkommen zu ermöglichen.
Auch Mathieu Lubiato bekommt ein normales Gärtnergehalt. "Für das erste Jahr ist es sehr viel Geld", sagt er. Denn normalerweise müssen Gärtner am Anfang viel Geld investieren. Nach einer Crowdfunding-Aktion, die rund 8000 Euro eingebracht hatte, konnten Geräte und Folientunnel sowie Wasserleitungen für das Feld gekauft werden. Und der 30-jährige Franzose konnte loslegen.