Signal auf "Rot": Kreistag vertagt Windräder-Antrag
Autor: Hans-Werner Penning
Bamberg, Montag, 03. Februar 2014
Über die Aufstellung in Schutzgebieten kann der Landkreis nicht allein befinden. Daraufhin vertagt der Kreistag von Bamberg auf Antrag der SPD seine Entscheidung.
Vor unerwartete Hürden sahen sich die Befürworter von Änderungen des Naturparks Steigerwald und des Landschaftsschutzgebietes Fränkische Schweiz zur Aufstellung von Windrädern gestellt. Und das waren nicht einmal die etwa 200 Demonstranten aus verschiedenen Orten des Landkreises, die gestern vor Beginn der Zusammenkunft des Kreistages dessen Mitglieder mit Transparenten, Trillerpfeifen und Sprechchören ("Ja zu 10h") auf ihren Protest gegen das Vorhaben aufmerksam machten. Der Sand ins Getriebe der Windräder rieselte vielmehr von oben: Die Regierung von Oberfranken hatte per E-Mail Landrat und Kreisräte auf "nicht unerhebliche Risiken" bis zu möglichen Schadensersatz-Ansprüchen aufmerksam gemacht, die aus Änderungen der Schutzgebiete entstehen könnten.
Da halfen auch alle Versuche von Landrat Günther Denzler (CSU) nicht, das Vorhaben im gewohnten Fahrwasser zu halten. Im zweiten Teil seines Prologs erläuterte er, die Regierung von Oberfranken habe wissen lassen, es sei fraglich, ob die angestrebte Veränderung von Landschaftsschutzgebieten zur Aufstellung von Windrädern allein Sache des Landkreises Bamberg sei. Das Bayerische Staatsministerium für Umwelt und Verbraucherschutz mache darauf aufmerksam, dass ein solches Vorgehen wie die Zulassung von Windrädern "nicht unerhebliche Risiken" in sich berge. Eine solche Änderungsverordnung für Vorhaben "in zentraler Lage eines Naturparks" werde nicht ohne Auswirkungen auf die Nachbarlandkreise sein.
"Es ist fraglich, ob nur das Gebiet eines Landkreises davon betroffen ist", heißt es in dem Schreiben aus Bayreuth. Deshalb empfehle die Regierung, "mit einer koordinierten Planung das gesamte Schutzgebiet in den Blick zu nehmen". Ein Hintergrund: Der Forchheimer Kreistag hatte sich schon 2012 gegen die Aufstellung von Windrädern in Schutzgebieten ausgesprochen und will vor einer Fortschreibung des Regionalplanes abwarten, inwieweit die "10h"-Regelung politisch zum Tragen kommt. Große Teile der Fränkischen Schweiz liegen in den Landkreisen Forchheim und Bayreuth, der Naturpark Steigerwald erstreckt sich gar über mehrere Regierungsbezirke.
SPD redet Klartext
Zwar vertrat Landrat Denzler die Meinung, das Vorhaben von Veränderungen in Steigerwald und Fränkischer Schweiz beziehe sich nur auf den Landkreis. Und man könne weiter darüber streiten, ob es sich um einen substanziellen Eingriff in Naturschutz-Belange handele. Doch die Debatte ging sehr schnell in eine andere Richtung. "Unsicher" nannte zunächst Kreisrat Bernd Fricke (Grüne) die Situation. "Was nützt es, wenn die Regierung unsere Entscheidung für hinfällig erklärt?", fragte er. Von "Verunsicherung" sprach auch Stellvertretender Landrat Johann Pfister (BBL). "Wir kennen die Konsequenzen unserer Entscheidung nicht" mahnte er. Deshalb solle man "wirklich überlegen, ob wir das heute entscheiden müssen".
"Verwundert" über den Ablauf zeigte sich ÜWG-Sprecher Bruno Kellner. "Fakt ist: Ich fühle mich außerstande, heute in dieser Sache zu entscheiden." Unmissverständlich komme im Schreiben der Regierung die mögliche Pflicht zum Schadensersatz zum Ausdruck. Aus dem gleichen Grund sprach sich auch Kreisrat Siegfried Stengel (CSU) für eine Vertagung der Angelegenheit aus.
Klartext redete schließlich SPD-Sprecher Jonas Merzbacher. In einem Antrag zur Geschäftsordnung (darüber ist unmittelbar abzustimmen) beantragte die SPD, das Thema Herausnahme von Flächen aus Schutzgebieten respektive deren Veränderung zu vertagen. "Es gibt ein Defizit an Information und Klarheit", monierte der SPD-Kreisrat. "Wir schreiben Bürgerbeteiligung anders." Weitere Wortmeldungen wurden nicht mehr zugelassen beziehungsweise zurückgezogen. Bei der Abstimmung votierten lediglich fünf Mitglieder des Kreistages gegen den SPD-Antrag, was lebhaften Applaus von der Besuchertribüne zur Folge hatte. Dorthin waren die meisten Teilnehmer der Demonstration nach der Kundgebung vor dem Landratsamt gezogen.
Tröten und Trillerpfeifen
Mit Sprechchören wie "Ja zu 10h" und Transparenten wie "Kein Rentenplatz für Bürgermeister in Betreibergesellschaften" oder "Unser Bürgermeister zerstört unsere Heimat" hatten die Demonstranten die Kreisräte im Hof des Landratsamtes empfangen. Zu einem "Spießrutenlaufen", wie manche meinten, geriet die Sache allerdings nicht. Dennoch mögen Tröten und Trillerpfeifen manchem in den Ohren geklungen haben. Besonderer "Aufmerksamkeit" erfreuten sich die Bürgermeister, in deren Gemeinden Windräder aufgestellt werden sollen.