Sie weiß alles über Schätze und Schnäppchen
Autor: Anette Schreiber
Hallstadt, Mittwoch, 02. Januar 2019
Über das Thema Secondhand könnte Verena Alexander genauso viel erzählen wie über Menschen. 25 Jahre speisen ihren Fundus.
"Ich nehme nur das, was ich meinem Kind oder mir ungewaschen anziehen würde." Verena Alexander hat ihre Prinzipien. Offenbar fährt sie gut damit. 17 Secondhandläden hat die gebürtige Hallstadterin innerhalb der vergangenen 25 Jahre in der Region Bamberg Kommen und Gehen sehen. Geblieben ist sie mit ihrem "Hampelmann". Die letzten acht Jahre davon am Hallstadter Marktplatz. "Seit dieser Woche kann man auch wieder mit dem Auto kommen", merkt sie mehrfach in Anspielung an die Großbaustelle vor ihrer Ladentüre an. Auch das letzte Dreivierteljahr unter erschwerten Bedingungen hat sie überstanden.
"Sehen Sie die Nasenabdrücke an der Scheibe", fragt die Geschäftsfrau dann amüsiert vor ihrem Laden mit den zwei lustigen Schaufenstern. Unten auf dem Fenstersims hat sie die Spuren der Kinderschuhe bereits wieder beseitigt. "Da stehen die Kinder immer und pressen sich die Nase am Schaufenster platt." In der Folge kommen meist Eltern oder Großeltern", um das zu kaufen, was die Kleinen da so fasziniert hat. Jede Woche wird neu dekoriert, denn im Fenstern präsentierte Ware verkauft sich schneller. Das gelte auch bei regulären Kaufhäusern, weiß die Ladenbetreiberin.
Wie bei der Kleidung - für Kinder wie für Damen - achtet die 51-Jährige bei den Spielsachen gleichfalls auf beste Qualität. Die geht offenbar immer mit angesagten Marken einher: Playmobil oder Lego zum Beispiel, erklärt die Geschäftsfrau. Im vergangenen Vierteljahrhundert hat sie viel über den Gebrauchtwarenverkauf gelernt. Und übers Leben. Ein Gang zum Hampelmann bedeutet Kaffee, Plausch, Ware abgeben oder auch erwerben. "Unter einer Stunde bleibt Stammkundschaft selten".
Wie kommt eine gelernte Verwaltungsfachangestellte in die Gebrauchtwarenbranche? Bei Verena Alexander hat es sich irgendwie ergeben. Einerseits war sie begeisterte Flohmarktbesucherin, andererseits enthusiastische Hobby-Schneiderin. Irgendwann war der Sohn immer aus Sachen herausgewachsen oder sie hatte für sich wieder neue Klamotten geschneidert. Für die Altkleidersammlung waren die Sachen mehr als zu schade und so gab sie die Dinge zu eher symbolischen Preisen weiter. Und merkte: "Da gibt es einen Markt." Der nächste Secondhandladen, von dem sie damals wusste, war seinerzeit noch in Nürnberg.
Hatte sie eine Marktlücke in der Region entdeckt? Die Hallstadterin wollte es langsam angehen lassen, wohnte mit Mann und Sohn seinerzeit noch in Merkendorf und mietete - für 50 D-Mark - im nahen Drosendorf ein kleines Haus, ohne Wasser, ohne WC, nur mit Strom. Sie hatte nur ein paar Tage und wenige Stunden geöffnet: Dennoch: "Die Leute standen Schlange".
Nach dem Experiment wagte sie die Dauereinrichtung in Hallstadt zunächst nur wenige Meter vom heutigen Standort entfernt. Dann musste sie erneut in ein abermals größeres Geschäft ziehen. Inzwischen sind viel Kundinnen Freundinnen geworden, hat sie einen festen Stamm, der bis ais dem, Raum Coburg und Lichtenfels kommt. Scondhand-Ware wird also immer noch nachgefragt. Gab es Veränderungen? "Früher war es der Kundschaft wichtig, Sachen zu bekommen, die günstig, sauber und zweckmäßig waren." Marken waren total außen vor. Heute hingegen werde gleich gefragt, ob Verena Alexander was von der oder jener Marke hätte. Gleich geblieben sei hingegen die Kundschaft. Das Spektrum reiche dabei von Arzt-Familien bis hin zu HartzIV-Empfängerinnen oder Seniorinnen mit sehr geringer Rente.
Inzwischen nehme sie nur noch Markensachen in Kommission. "Wenn ein Discounter-T-Shirt im Land nur 2,99 Euro kostet."