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Schöner Wohnen auf der Erba-Insel in Bamberg?


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 18. November 2016

Auf der Erba-Insel entstehen 85 neue hochpreisige Wohnungen - aber gegen den Mangel an bezahlbaren Angeboten fehlen die Rezepte.
Die Erba-Insel wächst langsam zu: 85 Wohnungen in vier Häusern suchen neue Eigentümer.  Foto: Bayerische Landessiedlung


Andreas Bauch kann sich freuen. Wenige Tage nach dem Verkaufsstart für die neuen Erba-Häuser hat der Geschäftsführer bereits zwölf Wohnungen verkauft. "Wir sind überrascht über das positive Echo. Vor allem Kapitalanleger zeigen sich interessiert."

Die Nachfrage für eine der guten Lagen Bambergs überrascht nicht: Die Zahl neuer Angebote auf dem Bamberger Wohnungsmarkt ist trotz mancher in Vorbereitung befindlicher Projekte überschaubar. Da sind 85 neue Wohnungen fast schon ein Großvorhaben.

Die vier Häuser der Bayerischen Landessiedlung GmbH werden neben dem Fischpass in die Höhe wachsen. Das letzte großflächige Wohnungsbauvorhaben rundet die Siedlung auf der Erba-Insel auch optisch ab.
Freilich: Wer sein Frühstück mit Blick auf Erba-Park und Hafen genießen will, darf nicht knapp bei Kasse sein: Die Zwei- bis Vier-Zimmerwohnungen kosten je nach Lage zwischen 3500 und 4500 Euro pro Quadratmeter. Bei der Fläche beschränken sich die Wohnungen auf das Wesentliche, die Endpreise ohne Tiefgaragenplatz liegen zwischen 211 000 für 62 und 547 000 Euro für 126 Quadratmeter, Bauch spricht von kompaktem Zuschnitt bei hochwertiger Ausstattung. Auch sollen Wohnungen vermietet werden: Angestrebt wird ein Zins von elf Euro pro Quadratmeter - deutlich mehr als die Empfehlung im Bamberger Mietspiegel.


Unbezahlbare Luxuswohnungen?

In Bamberg werden die Neubauprojekte auf der Erba seit Jahren mit gemischten Gefühlen verfolgt. Für eine große Gruppe von Menschen sind diese "Luxuswohnungen", wie es oft heißt, schlicht nicht bezahlbar und dies trotz Nullzinsphase und ungeachtet der Tatsache, dass der Bedarf an großen Wohnungen riesig ist.
Kaum jemand weiß das besser als Gisela Filkorn. Die Familienbeauftragte der Stadt Bamberg berichtet von vielen Gesprächen mit Familien, die seit Jahren händeringend große Wohnungen oder ein Häuschen in der Stadt suchen - und dann doch entnervt ins günstigere Umland ziehen. Aus Sicht von Filkorn betrifft dieses Phänomen längst nicht nur ärmere Mitbürger, sondern die Normalverdiener. "Es ist eine tragende Säule der Bevölkerung, es ist die Mittelschicht, die hier abwandert."

Zwar sei klar, dass auch die Bezieher der Erba-Wohnungen andernorts Wohnraum freigeben, dennoch vermisst die Familienbeauftragte ein Zeichen der Bamberger Politik, dass in absehbarer Zukunft bezahlbarer Wohnraum tatsächlich auch in großer Zahl realisiert wird. Ihre Sorge: "Schaffen wir das nicht, dann bedeutet das sozialen Sprengstoff. Der Mangel an bezahlbaren Wohnungen spielt den Populisten in die Hand."

Diese Woche hat die Debatte zusätzliche Brisanz erhalten. Mit seiner Bevölkerungsprognose hat der Wissenschaftler Klaus Peter Möller den Bamberger Politikern die letzte Hoffnung geraubt, dass sich der Markt irgendwann selbst heilen könnte. Möller legte dar, dass in Bamberg das Angebot auf absehbare Zeit nicht mit der Nachfrage werde Schritt halten können - die Kehrseite der Beliebtheit bei jungen Leuten und eines bereits heute riesigen Zuzugs-staus. Konsequenz daraus: Die Preise explodieren weiter und mit ihnen die Mieten. Das Soziale drohe, so die Warnung des Experten, auf der Strecke zu bleiben.


2000 Wohnungen blockiert

Bambergs Kommunalpolitiker stecken in einem schweren Dilemma. Einerseits sind sie mit der Übernahme der ehemaligen US-Pines-Siedlung einen wichtigen Schritt gegangen. Auch für das Glaskontor-Gelände wird über eine Sozialquote diskutiert. Doch gleichzeitig haben sich die Hoffnungen auf den großen Wurf durch die Konversion zerschlagen. Wer auf den Plan für Bamberg-Ost blickt, kommt ins Grübeln: Bundespolizei und Aufnahmeeinrichtung Oberfranken blockieren über 2000 (!) Wohnungen, die als willkommene Reserve für den Bamberger Immobilienmarkt leicht hätten genutzt werden können.

"Das ist deprimierend", sagt Stadtrat Heinz Kuntke (SPD) mit Blick auf den Windmühlenkampf, der die Politik seit Monaten beschäftigt. Ohne substanzielle Unterstützung durch den Bund und das Land sehen sich gerade jene Städte allein gelassen, die besondere Anziehungskraft ausüben und am allermeisten die, die keinen Platz mehr haben - wie Bamberg. "Wir können leider nicht zaubern", sagt Kuntke ernüchtert.
Doch es gibt auch Gewinner der Verknappung eines existenziellen Guts. Für Verkäufer und ganz besonders die Immobilienbranche verheißen die Wachstumszahlen in Bamberg wie von selbst steigende Preise und auch bei kleiner Stückzahl hohe Umsätze. Thomas Winkler von der Sparkasse Bamberg glaubt nicht, dass sich in den nächsten zehn Jahren in Bamberg an diesem Trend etwas ändern wird. Auch wenn zur Zeit ein wenig mehr gebaut werde - das "ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein", sagt der Immobilienprofi. Seine Erfahrungen zeigen, dass sich der Markt in Bamberg vom Bedarf der breiten Masse abgekoppelt hat. So sind die auch von der Sparkasse verkauften 15 Wohnungen im Erba-Turm bis auf eine verkauft - bei Preisen um 5500 Euro pro qm. Gleichzeitig beklagt Winkler aber, dass er vielen Normalverdienern kein Angebot mehr machen kann. Der Verdrängungswettbewerb spitze sich immer mehr zu.


Kommt eine Blase?

Die Bundesbank warnt seit Jahren vor einer Preisblase bei Wohnungen. Vor allem Großstädte, aber auch beliebte Unistädte seien bereits von Übertreibungen betroffen, sagen die Bundesbanker. Andreas Bauch von der Bayerischen Landessiedlung lässt sich von solchen Prognosen aber nicht beeindrucken. Er glaubt nicht, dass ein solches Szenario in Bamberg eintreten wird. "Es gibt hier einen riesigen Nachholbedarf."