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Schlechte Noten für die Fahrradstadt Bamberg


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 03. Mai 2019

Der ADFC-Fahrradklima-Test bescheinigt der Stadt Bamberg erneut nur mittelmäßiges Niveau. Doch es gibt auch erfreuliche Entwicklungen.
Viel kritisiert wird in Bamberg die Baustellenführung und der geringe Platz für Radfahrer - eine typische Situation am Mittwoch in der Langen Straße.  Foto: M. Wehner


Anders als das Weltklima bewegt sich das Fahrradklima kaum vom Fleck. Zumindest in Bamberg könnte man nach dem vierten Test dieser Art von stabil schlechten Verhältnissen sprechen. 3,9 ist die Schulnote, die 414 vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club befragte Teilnehmer Bamberg als Fahrradstadt erteilten - nach 3,9 im Jahr 2016 und 3,8 im Jahr 2014. Die Traumstadt der Deutschen, als die Bamberg einmal bezeichnet wurde, ist keine Traumstadt für Radfahrer.

Notendurchschnitt in Deutschland: 4,0

Aber ebenso keine Alptraumstadt. Auch dies zeigt die Analyse, aus denen der Lobbyverein der Fahrradfahrer seit 2012 eine bundesweite Rangliste erstellt. Die Auflistung von 27 Stärken und Schwächen belegt zweierlei: Wirklich gute Noten sind in deutschen Städten und Gemeinden beim Thema Fahrradfahren eher die Ausnahme. So erreichen 106 Städte in der Größenklasse zwischen 50 000 und 100 000 Einwohner im Schnitt nur 4,0, also gerademal ein "ausreichend". Bamberg steht mit seiner "Vier plus" deshalb nicht so schlecht da, wie es anhand der Zahl nahe läge. Im Bund landet die Stadt auf Platz 37 von 106 ähnlich großen deutschen Städten, in Bayern auf Platz 5 von 9. Mittelfeld also.

Wo liegen die Pluspunkte der Stadt Bamberg aus Sicht der Radler? Ganz vorne schlägt die Erreichbarkeit des Stadtzentrums mit Note 2,5 zu Buche. Gut werden die Möglichkeiten für "zügiges Radfahren" (2,7) und die in Gegenrichtung geöffneten Einbahnstraßen (2,9) bewertet. Nicht allzu überraschend ist die Kehrseite der Medaille: Die Führung bei Baustellen erhält nur die Note 4,6, die Breite der Radwege 4,7.

Bamberg schneidet auch gut im bundesweiten Vergleich ab

Gut schneidet Bamberg im bundesweiten Vergleich bei der Reinigung der Radwege (plus 0,5) und der Oberfläche der Radwege (plus 0,4) ab; die dicksten Minuszeichen liegen bei der Wegweisung für Radfahrer (minus 0,2) und dem Thema Fahrraddiebstahl (minus 0,3).

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Für die Macher des Radentscheids um den Bamberger Fahrradaktivisten Christian Hader ist das Ergebnis des Fahrradklima-Tests eine Steilvorlage. "Die Menschen merken einfach, dass es zwar immer wieder vollmundige Ankündigungen von Seiten der Stadt gibt, auf den Straßen seit Jahren aber kaum reale Verbesserungen ankommen", kritisiert Hader. Dabei seien die Voraussetzungen für eine echte Fahrradstadt absolut gegeben. 30 Prozent aller Fahrten würden in Bamberg mit dem Rad zurückgelegt - der bayerische Spitzenwert.

Bambergs Baureferent Thomas Beese sieht das Abschneiden Bambergs im aktuellen Klimatest dagegen nicht so schlecht. Bamberg habe sich in seiner Größenklasse von Platz 58 auf 37 vorgearbeitet, gleichzeitig wuchs das Feld der Konkurrenten von 98 auf 106. "Bamberg konnte sich damit gegen den Trend behaupten - anders als die meisten Städte, die sich noten- und platzmäßig verschlechtert haben." Auf einen positiven Trend weist Claus Reinhardt vom Baureferat hin: In der Kategorie "Sicherheit" habe sich Bamberg bei vier von sieben Fragen verbessert. Zudem: Beim Bereich "Radverkehrsnetz" gebe es die Noten 2,5 bis 2,9.

Wie sehen die Radfahrer selbst die Situation? Viele von ihnen haben die ADFC-Befragung genutzt, um eine persönliche Einschätzung abzugeben. Die Empfehlungen reichen von der Forderung nach einer "autofreien Innenstadt" bis zum Wunsch, die zahlreichen Fahrradleichen an den öffentlichen Abstellplätzen zu beseitigen. Kritisiert wird mehrfach die Führung des Radwegs in der Langen Straße an den Baustellen vorbei, aber auch die Anbindung des Bamberger Ostens: "Die Möglichkeiten für Kinder aus Bamberg-Ost mit dem Fahrrad in die Stadt zu fahren, sind katastrophal."

Kommentar des Autors:

Nur ein Zwischenzeugnis

Auch wenn es schmerzt. Für Bamberg kommen die schlechten Noten beim ADFC-Test zur richtigen Zeit. Sie rücken die Verhältnisse gerade. Mögen sich die Kommunalpolitiker noch so sehr der Tatsache rühmen, dass in keiner Stadt Bayerns anteilmäßig mehr Menschen Fahrrad fahren als in Bamberg - die 30-prozentige Fahrradquote darf kein Anlass sein, um in Selbstlob zu baden. Im Gegenteil - sie verpflichtet, das vorhandene Potenzial besser zu nutzen, es als Chance zu begreifen: gegen den drohenden Verkehrskollaps. Immerhin stieg die Zahl der in Bamberg angemeldeten Kraftfahrzeuge binnen fünf Jahren um 4000. So viel sei zur Ehrenrettung der Planer gesagt: Bambergs Radinfrastruktur ist besser als es die Note vermuten lässt.

Hallstadt zum Beispiel schneidet beim Fahrradtest mit 4,2 noch schlechter ab als Bamberg; Kulmbach liegt bei miserablen 4,7, und selbst das hoch gelobte Erlangen bringt es nur auf 3,4.

Vorbilder, wie der Radverkehr der Zukunft schnell und ungehindert rollen könnte, gibt es auch in Bamberg zu besichtigen. Von Nordwest nach Südost lässt sich entlang des Main-Donau-Kanals die Stadt der Länge nach durchqueren - eine Autobahn für Pedalisten. Ohne Ampeln, Verkehrslärm und Abgase.

Eine solche Durchlässigkeit von Ost nach West wäre ebenso wünschenswert. Klar ist aber auch: Das Thema ist zu komplex für radikale Lösungen. Viele Radfahrer nutzen auch das Auto, und der Platz in Bamberg ist begrenzt. Viel wäre schon mit mehr Rücksichtnahme gewonnen.