Schinderei und Stallgestank im Aischgrund
Autor: Rudolf Görtler
Pommersfelden, Freitag, 04. November 2016
Helmut Haberkamm stellt seinen ersten Roman vor.
Da sage noch einer, es gebe keine Heimatromane mehr. Gemeint sind nicht die Groschenhefte am Kiosk, gemeint auch nicht die Heimatkrimis sonder Zahl, einer bemühter und langweiliger als der andere. Nein, Romane, die die große Welt im Kleinen spiegeln, menschliche Konflikte im Regionalen verwurzeln. Bücher, wie sie Anfang und Mitte des 20. Jahrhunderts Autoren wie Leonhard Frank für Würzburg, Leo Weismantel für die Rhön und Jakob Wassermann für Fürth und Mittelfranken verfassten.
Wassermann tritt auch auf als Figur in Helmut Haberkamms erstem Roman "Das Kaffeehaus im Aischgrund", den der knapp 55-jährige Autor am 13. November in einer Sonntagsmatinee, eingeladen von der Bücherstube Höchstadt, im Kellerhaus-Café vorstellen wird. Haberkamm ist in ganz Franken kein Unbekannter. Er zählt zu den populärsten und vielseitigsten fränkischen Schriftstellern.
Mit "Das Kaffeehaus im Aischgrund", verlegt im auf Bücher aus und für Franken spezialisierten ars-vivendi-Verlag in Cadolzburg, betritt Haberkamm Neuland. Einen Roman hat er bislang noch nicht verfasst. Und wie könnte es anders sein: Sein Buch spielt im Aischgrund, hat den Aischgrund zum Thema, und das zu einer Zeit, als die Planierraupe der Globalisierung noch nicht regionale und auch sprachliche Eigenheiten glatthobelte.
Kaffeehaus im Bauerndorf
Es ist die Geschichte des Michael Wegmann, der im Jahr 1867 aus Amerika zurückkehrt, einen Sack Kaffeebohnen und einen Klumpen Gold mitbringt. Wie viele arme Leute aus dem ländlichen Franken war er ausgewandert und hatte in der Neuen Welt tatsächlich sein Glück gefunden - anders als manche andere, die scheiterten. Ausgerechnet in dem Bauerndorf Peppenhöchstädt, heute ein Ortsteil der Gemeinde Uehlfeld, eröffnet er ein Kaffeehaus, heiratet, gründet eine Familie, wird von manchen Schicksalsschlägen gebeutelt und stirbt, nachdem das Kaffeehaus geschlossen worden ist, mit 85 Jahren im Jahr 1917.In diesen Rahmen hat der gebürtige und man darf sagen leidenschaftliche Dachsbacher Haberkamm eine kleine Kulturgeschichte des Aischgrunds hineingepackt. Das fängt bei der Sprache an, die der versierte Mundartdichter stellenweise zu Lyrismen emporschraubt, geht über die Beschreibung der Sitten und im ländlichen Mittelfranken des 19. Jahrhunderts, der Beschwernisse einer Überfahrt ins nur scheinbar gelobte Land und den Verhältnissen dort bis zu einer Geschichte des Steigerwalds.
Man spürt die "Schinderei" der einfachen Leute, riecht den "Stallgestank", trifft Originale wie den "Ballgoor", den "Orgelgott", den "Karpfengalsterer", Originale, wie es sie heute nicht mehr gibt. Haberkamm, der sowieso alles über seine Heimat weiß, die er innig liebt, hat fleißig recherchiert und einen sehr unzeitgemäßen Roman geschrieben. Der Autor mischt sich in einigen Kapiteln direkt ins Geschehen, erzählt, wie er via großmütterlicher Erzählung den Kern seiner Geschichte fand. In der Matinee will Haberkamm nicht nur lesen, sondern den Dialog mit seinem Publikum suchen. Man wird sicher viel erfahren über den Aischgrund früher und heute, ja das ländliche Franken überhaupt.
Matinee
Ort Kellerhaus-Café, Pommersfelden, Kellerberg 1, Sonntag, 13. November, 11 Uhr, Einlass 10.30 Uhr. Um Anmeldung wird gebeten in der Bücherstube Höchstadt, Tel. 09193/8692, E-Mail info@die-buecherstube.com, oder im Kellerhaus-Café unter Tel. 09548/982198.