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Scheßlitzer Schockfoto "krass aber in Ordnung"


Autor: Anette Schreiber

Scheßlitz, Donnerstag, 16. Juli 2020

Bei Scheßlitz mahnen Jäger mit einem Schockbild, Hunde an die Leine zu nehmen. Das findet Hundehalterin Susanne Schülner ebenso in Ordnung wie Jogger.
Selbstverständlich hat Susanne Schülner ihren Heiner draußen in der Flur an der Leine. Hier passiert sie gerade das Schockbild, mit dem Jäger genau daran erinnern. Foto: Anette Schreiber


"Das ist schon hart!" Etwa drei Mal im Jahr läuft Susanne Schülner aus Altenkunstadt mit ihrem "Heiner" auf dem Weg zwischen Zeckendorf und Scheßlitz. Im Februar war ihr dabei nichts aufgefallen. Aber jetzt - dieses Schockfoto vom toten Reh und den toten Kitzen. "Also das ist schon heftig", findet sie beim näheren Hinsehen. Und zum Text sagt sie: "Das weiß doch jeder Hundebesitzer, dass er sein Tier jetzt nicht frei herumlaufen lässt."

Als sich die Frau mit ihrem kniehohen, hellbraunen Rüden dem Pfosten mit Farbfoto und Infotext nähert, hält eine lange Leine den Tatendrang des Tieres im Zaum. "Als Hundehalter weiß man, dass jetzt Wild unterwegs ist", erklärt die 50-Jährige dazu.

Seit längerem schon bringt sie ihren betagten Nachbarn zu den tournusmäßigen Untersuchungen beim Facharzt in Scheßlitz. Genau dabei hat sie diese schöne Gassiroute für sich und Heiner entdeckt. "Das dauert immer etwa eine Stunde", dann sei der Nachbar beim Arzt auch fertig.

Die Frisörmeisterin zeigt sich zwar schon etwas erschrocken von dem Anblick auf dem Foto. Sie findet die Reaktion der Jäger, die damit Prävention betreiben wollen, aber in Ordnung.

Susanne Schülner schätzt, dass eigentlich nur wenige ihre Hunde in so einer Zeit, wenn Wild hochträchtig ist bzw. Junge hat, frei laufen lassen. Meist seien es wohl noch Junge oder Unerfahrene, die nicht an das denken, was im nächsten Moment passieren könnte. "Denn ich habe doch eigentlich Angst um meinen Hund, wenn er eine Spur verfolgt und dann verschwunden ist", meint sie.

Freilich litte dann die Mehrzahl der korrekt handelnden Hundehalter unter dem Fehlverhalten Einzelner.

Ihr Heiner gehorche normalerweise. Doch habe jeder Hund einen Jagdinstinkt. Und wenn so viel Wild unterwegs ist wie aktuell, gebe es keine hundertprozentige Garantie. Sie gehe da auf Nummer sicher. Dennoch werde sie aber oft auch komisch angeschaut, wenn sie mit dem relativ großen Heiner außerorts unterwegs ist.

Zu dem auffälligen Foto und dem Infotext äußert sich auch ein Jogger: "Wenn so etwas passiert ist, dann ist das Foto schon in Ordnung." Obwohl das Foto schon arg sei. Insgesamt sei die Aktion der Jäger aber richtig, unterstreicht der 59-Jährige.

Die Mehrzahl ohne Leine

Das meint auch ein 24-Jähriger, der ebenfalls regelmäßig unterwegs ist. "Da gab es mit Hunden schon etliche brenzlige Situationen", erinnert er sich.

Etwa 60 bis 70 Prozent der Halter, die hier auf der Strecke unterwegs sind, würden ihre Vierbeiner frei laufen lassen, schätzt er.

"Es ist sehr unangenehm, wenn du läufst und da ist ein Riesenhund ohne Leine unterwegs, der Besitzer 100 Meter weit weg." Zumindest habe er da ein unangenehmes Gefühl und überlege immer, was er im Fall eines Angriffs tun würde. So weit sei es bei ihm bislang noch nicht gekommen. Oft freilich sei er von Hunden angesprungen worden. "Ja", meint er, das Foto gehe klar. Freilich wäre ihm beim Joggen wesentlich wohler, wenn die Hunde, denen er begegnet, angeleint wären.

Innerorts, also in der Stadt Scheßlitz, müssen Vierbeiner an die Leine. "Wir haben eine Anleinverordnung", teilt Bürgermeister Roland Kauper (CSU) dazu mit. Und: "Der Großteil hält sich dran." Probleme gebe es mit den Tieren nicht, meint er. Mit Ausnahme der Tretminen, also den nicht entsorgten Kothaufen. Ansonsten seien auch im Ordnungsamt keine hundebezogenen Vorfälle gemeldet worden. Reaktionen auf die Aktion der Jäger im Revier unterhalb der Giechburg sind Kauper ebenso wenig bekannt: "Da ist bei mir nix aufgeschlagen."

Dasselbe gilt für die Geschäftsleiterin der Stadt Scheßlitz, Cornelia Weber. Auf Nachfrage erklärt sie, dass seitens der Stadt gegen die Infotafeln der Jäger nichts einzuwenden sei. Sie habe Ähnliches in anderen Gemeinden gesehen.