Scheßlitzer Schockbild wirkt: keine Vorfälle
Autor: Anette Schreiber
Scheßlitz, Mittwoch, 19. August 2020
Wenn auch die Meinungen auseinander gehen, wie es auf Kinder wirkt, so hat doch das Bild vom toten gerissenen Reh am Flurweg bei Scheßlitz Wirkung gezeigt.
Ein junges Paar aus Gundelsheim radelt mit seinem Eineinhalbjährigen den Weg zwischen Scheßlitz und Zeckendorf. Dabei kommen die Drei auch an dem Foto des toten Rehs und seinen zwei ungeborenen Kitzen vorbei. Teil einer Präventionskampagne, mit der Jäger dazu beitragen wollen, dass Hunde angeleint werden und nicht wieder ein trächtiges Reh zu Tode gehetzt wird. Kinder müssen das nicht unbedingt sehen, kommentieren die Eltern des kleinen Jungen das Schockfoto. Wie sehen Experten das? Wir haben nachgefragt.
Für das Thema sensibilisieren
Ein Verband, der sich das Wohl der Kinder auf die Fahne und in die Satzung geschrieben hat, ist der Kinderschutzbund. Seit bald acht Jahren fungiert Annerose Ackermann als dessen Vorsitzende. Wir haben sie und Mitarbeiterinnen mit dem Foto konfrontiert. Die Reaktion: "Das ist die Realität", sagt die Vorsitzende trocken.
Sie habe mit Erzieherinnen und Sozialpädagoginnen intensiv diskutiert, berichtet sie. Auf diesen einfachen Nenner lässt sich das Ergebnis bringen. Und diese Wahrheit soll man nicht vor den Kindern verstecken. Freilich liege es dann an den Eltern, die Zusammenhänge zu erklären. "Damit die Kinder für das Thema sensibilisiert werden."
Die Vorsitzende gibt sich weiter ganz pragmatisch: Wenn Kinder dieses Foto nicht sehen dürften, dann dürften sie auch die Bilder auf Zigarettenschachteln nicht sehen. Freilich würden sich viele Eltern derartigen Aufgaben entziehen und geben es an Kindergärten und Schulen weiter, lautet ihre Erfahrung.
Die Kinderschutzbund-Vorsitzende ist selbst Mutter, und sie hatte Hunde. Die waren zur Brut-und Setzzeit an der Leine, warum habe sie ihrem Nachwuchs ebenso erklärt "wie das Essen mit Messer und Gabel".
Anerkennung zollt sie indes den beiden Jägerinnen Alexandra Schunk und Steffi Götz für deren Engagement bei dieser Präventionsarbeit.
Äußerung wieder gelöscht
Und wie ist es denen nach Bekanntwerden der Aktion über den vorherigen Beitrag im Fränkischen Tag ergangen? Steffi Götz, die in der Kreisgruppe Bamberg des Bayerischen Jagdverbands zuständig ist, berichtet von breiter Zustimmung. "Es gab durchwegs positive Reaktionen von Jägern und auch von Hundehaltern." Nur eine Frau habe in den sozialen Medien erklärt, dass sie ihre Hunde immer frei laufen lasse. Diese Äußerung habe sie jedoch bald wieder gelöscht. Vielleicht da Steffi Götz die Äußerung mit der Aussage kommentiert hatte, sie möge doch überdenken, was sie damit anrichte. Die Zustimmung zu der Aktion sei vermutlich auch von vielen Leuten gekommen, die es stört, dass Hunde frei herumrennen.
Zum Foto am Flurweg stellt die Jägerin fest: "Das ist einfach die Wahrheit." Diese Kindern aufzuzeigen hält sie für wichtig. Zur ganzen Wahrheit gehöre freilich auch, zu kommunizieren, dass Fleisch nicht aus dem Supermarkt kommt, sondern dafür immer ein Tier sterben muss. Was die Hochwertigkeit dieses Lebensmittels aufzeige.
Im Übrigen findet Götz es in Bezug auf das Schockbild und Kinder für sinnvoll, sie frühzeitig an das Thema Schutz des Wildes heranzuführen. Denn was sie in jungen Jahren einmal gelernt haben, rücke in späteren Jahren wieder ins Bewusstsein. "Wenn man das Verständnis für Natur schärft, so was merken sie sich."
Für Rücksichtnahme könne man gar nicht früh genug sensibilisieren, findet die Jägerin. Das tut sie auch bei Waldspaziergängen mit Kindern, auch wenn die Tour nicht bei Scheßlitz stattfindet und damit ohne das mittlerweile bekannte Schockbild auskommen muss.
Da treffen wir diese Woche ein Paar aus Scheßlitz, das mit seinen fast zwei und drei Jahre alten Jungs immer wieder einmal auf dieser Route spazieren geht. "Ich finde das Bild schlimm", sagt die 35-jährige Mutter. "Es soll ja zum Abschrecken sein", versucht ihr Mann (40) zu erklären. Die beiden Jungs kriegen augenscheinlich ebenso wenig von dieser Diskussion mit wie vom Schrecken der Aufnahme. "Sie können das nicht einschätzen", sind sich die Eltern dann einig. Ebenso, wie sie dafür plädieren, dass Hunde auf solchen Wegen doch besser an der Leine gehalten werden.
Nachdem wir mehrfach zum Thema Schockbild am Fuß der Giechburg und wildernde Hunde berichtet haben, wollen wir wissen, ob sich seitdem signifikant etwas am Verhalten der Hundebesitzer in diesem Bereich und in der für Wildtiere sensiblen Brut- und Setzzeit getan hat. Jagdpächterin Alexandra Schunk berichtet nur Positives.
Aktion wird fortgesetzt
Das heißt, weder wurde in dieser heiklen Zeit ein Wildtier gerissen, noch ist Alexandra Schunk selbst freilaufenden Hunden begegnet. Nachdem der tierische Nachwuchs, um dessen Schutz es bei der Aktion ging, groß ist, werden die Schilder demnächst entfernt, lässt sie wissen. Die Jägerin glaubt, dass man Hundebesitzer und auch Nicht-Hundebesitzer für die Problematik sensibilisieren konnte. Das bestärkt sie freilich auch darin, zur Brut- und Setzzeit im kommenden Jahr wieder Bilder und Plakate anzubringen. Eventuell an anderer Stelle und noch ein Stück professioneller.