Prozess: Mann wollte Mehrfamilienhaus in Scheßlitz mit Molotow-Coktails anzünden
Autor: Udo Güldner
Bamberg, Dienstag, 07. Juli 2020
Wegen besonders schwerer Brandstiftung und versuchten Mordes steht ein 30-Jähriger vor Gericht. Mit Molotow-Cocktails hatte er zusammen mit einem Komplizen versucht, ein Mehrfamilienhaus in Scheßlitz anzuzünden.
Ein 30-jähriger Mann aus dem Landkreis Bamberg muss sich wegen einer versuchten besonders schweren Brandstiftung und wegen versuchten Mordes in 13 Fällen vor dem Landgericht Bamberg verantworten. Er soll im Juni 2019 mithilfe eines 20-jährigen Komplizen aus Bamberg versucht haben, ein Mehrfamilienwohnhaus in Scheßlitz mit zwei Molotow-Cocktails anzuzünden. Im Hintergrund schwelte wohl ein Nachbarschaftsstreit. Zudem hatte er einige Wochen zuvor zwei Polizisten angegriffen.
Es ist mitten in der Nacht, als ein Klirren verkündet, dass soeben eine Glasscheibe zu Bruch gegangen ist. Wie sich später herausstellt, hat jemand einen Stein geworfen. Doch bei der Sachbeschädigung alleine bleibt es nicht. Im Inneren riecht es schon bald nach Benzin. Das kommt von einem Molotow-Cocktail, den der ältere Angeklagte hineingeworfen hat. Ohne die Lunte anzuzünden, wie er über seinen Pflichtverteidiger Nikolai Odebralski aus Essen beteuern ließ. "Es ging nicht darum, jemanden umzubringen." Vielmehr habe er nur ein Zeichen setzen wollen, dass er sich nicht alles gefallen lasse. Hauptziel seiner Einschüchterung war offensichtlich eine italienische Familie, die im selben Gebäude eine Pizzeria betreibt und mit der er schon länger im Clinch gelegen war. Es sei um Anzeigen und Verleumdungen gegangen. "Ich wollte ihnen nur Angst machen."
Zur Besinnung gekommen
Durch das Klirren sei er zur Besinnung gekommen, so der Ältere. "Das ist doch völlig verrückt. Was mache ich hier eigentlich?" Den zweiten Brandsatz habe er daraufhin auf der Straße zerstört. Danach seien die beiden mit dem Auto des Jüngeren weggefahren und hätten sich abgesprochen. Ein falsches Alibi, ein nächtlicher Besuch der Giechburg und des Baggersees bei Hirschaid sollte die Kriminalpolizei Bamberg täuschen. Die allerdings hatte auf dem Stein eine DNA-Spur des Älteren gefunden.
Staatsanwalt Christoph Wedekind geht nicht nur von einer versuchten, besonders schweren Brandstiftung aus, weil ein Wohnhaus mit einer großen Anzahl potenzieller Opfer ins Visier geraten war. Der Anklagevertreter wirft dem Älteren auch einen versuchten Mord an 13 Bewohnern vor. Darunter nicht nur die besagte Familie, sondern auch andere, gänzlich unbeteiligte Menschen. Auch Kinder waren dabei in Lebensgefahr. Das Feuer, wenn es denn entstanden wäre, hätte den einzigen Fluchtweg, das Treppenhaus, mit Brand- und Rauchgasen gefüllt, so dass ein Entkommen unmöglich geworden wäre. Der Brandanschlag sei heimtückisch und mit gemeingefährlichen Mitteln verübt worden.
Die Unterschiede zwischen beiden Angeklagten könnten größer nicht sein. Und damit sind nicht nur die zehn Jahre Lebensalter gemeint. Der Jüngere, dem Beihilfe zu den oben genannten Straftaten vorgeworfen wird, weil er den mutmaßlichen Täter zum Tatort gefahren hatte, hat sich bislang nichts zuschulden kommen lassen. Der Ältere hat bereits vier Vorstrafen. Darunter nicht nur Diebstahl und Wohnungseinbruch-Diebstahl, sondern auch schwerer Banden-Diebstahl in sieben Fällen. Hinzu kamen ein unerlaubter Erwerb von Betäubungsmitteln und der Besitz einer verbotenen Waffe (Klappmesser). Auch bei der Bundeswehr machte er während seiner Dienstzeit bereits unliebsame Bekanntschaft mit einer Einzelzelle.
Rauschgift mit im Spiel
Der Jüngere nimmt nach eigener Aussage gar keine Drogen. Der Ältere hat nicht nur regelmäßig Marihuana geraucht, angeblich um seine Migräneattacken zu dämpfen. Er gab auch an, während der versuchten Brandstiftung unter dem Einfluss von LSD gestanden zu haben. Der Jüngere hatte noch nicht mit einer psychiatrischen Einrichtung zu tun. Der Ältere war bereits drei Monate untergebracht, nachdem ihn seine Freundin verlassen hatte. Seitdem man seiner im September 2019 habhaft wurde, sitzt er im Bezirkskrankenhaus in Bayreuth hinter verschlossenen Türen.
"Er hat mich da hineingezogen. Ich will nichts mehr mit ihm zu tun haben." So klingt es, wenn der jüngere Angeklagte sich vom älteren distanziert. Dabei war der Ältere einmal das Idol. "Sein Lebensstil hat mir imponiert. Was er sagte, war für mich Gesetz."