Sandstraßen-Prozess: kein Hinweis auf Tritt ins Gesicht
Autor: Stefan Fößel
Bamberg, Montag, 08. April 2019
Im Sandstraßen-Prozess sagten unter anderem der in der Tatnacht eingesetzte Notarzt sowie zwei Rechtsmediziner aus.
Immer wieder werden die Bilder des schwerverletzten Christian K. (Namen geändert) an die Wände des Sitzungssaals projiziert. Blutige Fotos vom Tatort und Aufnahmen aus dem Krankenhaus geben nur einen kleinen Eindruck davon wieder, mit welcher ärztlichen Kunst K. nach den Vorkommnissen des 30. Juli 2017 am Leben erhalten wurde.
Überall Verbände, Schläuche und Geräte, der Kopf des im Koma Liegenden hochgelagert - in diesem Zustand wurde K. damals von der Rechtsmedizinerin begutachtet, die nun im Sandstraßen-Prozess vor dem Landgericht aussagte. "Wegen des schweren Schädel-Hirn-Traumas durfte man ihn nicht drehen und an die Verbände geht man in so einer Situation auch nicht ran", erklärte die Zeugin.
Schnell ins Krankenhaus
Dass der Hauptangeklagte Tom Z. an den schweren Verletzungen K.s schuld ist, steht längst außer Frage. Bereits zu Prozessbeginn hatte Z. eingeräumt, K. nach einer vorangegangenen Auseinandersetzung aus vollem Lauf "umgetackled" zu haben. Für das Gericht geht es aber weiter um die Frage, ob es danach auch einen Tritt gegen den Kopf K.s gab. "Für einen Stampftritt gibt es keine Befunde", sagte die Zeugin, was später auch Professor Peter Betz bestätigte, der nochmals als Sachverständiger aussagte.
"Mir war relativ schnell klar, dass hier schwerere Verletzungen vorlagen", sagte der Notarzt, der Minuten nach der Gewalttat in der Sandstraße eingetroffen war. Angesichts des dringenden Verdachts auf Schädel-Hirn-Trauma und Basisfraktur (dafür sprach unter anderem das aus beiden Gehörgängen laufende Blut) musste der Mann schnellstmöglich stabilisiert und ins Krankenhaus gebracht werden. Dem Notarzt fielen wie der ebenfalls befragten Rettungsassistentin keine Verletzungen im Gesicht des Mannes auf: "Die hätte ich dokumentiert."
Betz wurde als Sachverständiger auch zu Tatortbildern befragt, die der Staatsanwaltschaft erst nach Verfahrenseröffnung bekannt geworden waren. Oberstaatsanwalt Otto Heyder hatte darauf unter anderem eine Rötung unterhalb von K.s rechtem Auges erkannt - und diese für eine mögliche Trittspur gehalten. "Ich würde mich nicht trauen, hier eine Rötung zu konstatieren. Aber selbst wenn, wäre sie viel zu klein, um von einem Tritt zu stammen", erklärte hingegen Betz.
Nachdem Heyder zuvor einen weiteren Sachverständigen gefordert hatte, machte Betz deutlich, dass er durchaus ein Experte für die "Wirkung von Fußtritten gegen den Kopf" sei. Der Rechtsmediziner war nicht nur an einer gleichnamigen Studie der Hochschule Regensburg beteiligt, sondern hat Hunderte Gutachten zu dieser Thematik erstellt.
Kein weiterer Sachverständiger
Er könne zwar nicht gänzlich ausschließen, dass es in diesem Fall auch einen Tritt gegeben habe. Belegen lasse sich ein solcher Tritt aber nicht und für die Verletzungen K.s sei er auch nicht ausschlaggebend. Dafür habe der harte Aufschlag nach dem Sturz ausgereicht. "Dass ein Fußtritt ursächlich für einen Schädelbasisbruch ist, habe ich in 29 Jahren nur einmal erlebt. Da war dann aber auch ein deutlicher Profilabdruck zu erkennen." Nach diesen Ausführungen verzichtete auch die Staatsanwaltschaft auf einen weiteren Sachverständigen.