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Sandkerwa: Stieringer winkt als Veranstalter ab


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Freitag, 26. Juni 2015

Eine schnelle Geldspritze der Stadt hat die Sandkerwa 2015 gerettet. Doch die Frage bleibt, ob es im nächstes Jahr tatsächlich zu einer Reform kommt, wie der Bürgerverein fordert. Die Politik in Bamberg zeigt sich zurückhaltend. Könnte Stadtmarketing in die Bresche springen? Wir haben nachgefragt.
Wunderschöne Abendstimmung am Fluss - so lieben die Bamberger und die Besucher die Sandkirchweih. Doch langfristig ist der Festbetrieb bedroht: Gestiegene Sicherheitsanforderungen und hohe Kosten stellen die bisherigen Veranstalterstrukturen in Frage.  Foto: Ronald Rinkelf


Es war ein Abstimmungsmarathon, der erst vor kurzem zu Ende ging. Bürgerverein, Feuerwehr, Polizei und Ordnungsbehörden haben in einer gemeinsamen Kraftanstrengung dazu beigetragen, dass Bambergs beliebtestes Volksfest auch im 65. Jahr des Bestehens über die Bühne gehen kann. Und auch der Stadtrat hat seinen Beitrag geleistet. In der jüngsten Sitzung gab er neben den 30 000 Euro, die schon versprochen worden waren, noch einmal eine Sicherheit für 8000 Euro - für zehn weiter Sicherheitskräfte.

Langfristige Therapie gesucht

Die Notoperation an einer Traditionsveranstaltung ist geglückt, doch die Frage stellt sich, wie man dem Patienten langfristig helfen kann. Dass die Sorgen nicht ausgestanden sind, daran lässt die Vorsitzende des Bürgervereins Sand, Gisela Bosch, keinen Zweifel. "So wie bisher kann der Bürgerverein nicht weitermachen", sagte sie am Ende einer Sitzung, in der allen an der Rettung Beteiligten viel Dank gezollt wurde.

Doch das Problem überholter Strukturen ist damit nicht gelöst: Wie kann eine Professionalisierung gelingen, ohne dass die Kirchweih ihr Flair und ihren ehrenamtlichen Charakter verliert? Wie ist es unter Umständen möglich, auch manchen der beklagten Auswüchse der Massenveranstaltung einzudämmen? Immerhin haben sich die Kerwa-Macher kürzlich erklärt. Ihnen schwebt vor, dass die Stadt sich im Rahmen einer Trägergesellschaft an der Sandkirchweih beiteiligt. Vorbilder für solche Kooperationsmodelle gibt es dafür genug. So ist die Stadt Erlangen beim Berg Veranstalter, und auch in Forchheim hat man beim Annafest gute Erfahrungen mit einer kommunalen Beteiligung gemacht.

Doch in Bamberg ist die städtische Kerwa-Gesellschaft derzeit nicht mehr als ein hehres Ziel. In der Debatte in der jüngsten Stadtratssitzung haben die Fraktionen zwar den außergewöhnlichen Stellenwert der Großveranstaltung betont, doch nur die Freien Wähler haben sich zu einer gemeinsamen Trägerschaft bekannt. Bei den anderen waren sogar kritische Töne zu hören.

Wie zum Beispiel denkt die CSU? Eine schnelle Antwort kann Helmut Müller auf die Kerwa-Frage nicht geben. Angesichts der knappen Kassen müsse man mit finanziellen Versprechungen vorsichtig sein. Klar sei, dass die Stadt ihre freiwilligen Leistungen nicht ausdehnen könne, ohne anderswo zu kürzen. Andererseits ist Müller überzeugt davon, dass ein Fest mit einer derartigen Außenwirkung wie die Sandkirchweih nicht fallen gelassen werden kann. In dieser Situation sei Kreativität gefragt, sagt Müller - in der Verwaltung ebenso wie bei den Veranstaltern. Beispiel Sponsorensuche.

Aus der Erfahrung beim Weltkulturerbelauf (Müller ist Vorsitzender des Trägervereins) zieht der CSU-Chef den Schluss, dass eine ehrenamtliche Veranstaltung durchaus mit großen Sponsoren verbunden werden könne, ohne ihren Charakter zu verändern. "Man muss die Sandkirchweih ja nicht gleich in Brose-Kirchweih umbenennen", scherzt er.

Skepsis gegenüber einer dauerhaften Übernahme von Defiziten überwiegt auch bei der Bamberger SPD. Heinz Kuntke warnt davor, mit Zuschüssen Begehrlichkeiten bei anderen Veranstaltern zu wecken. "Ich sage heute schon, dass es kein Einzelfall bleiben wird."

Stieringer sagt nein

Auch sein Kollege Klaus Stieringer steht einer "städtischen Sandkerwa GmbH " ablehnend gegenüber. Dies widerspräche dem Gleichbehandlungsgrundsatz gegenüber vielen anderen Traditionsveranstaltungen, die vor ähnlichen Auflagen stehen.

Könnte man sich vorstellen, dass die Kirchweih künftig von Stadtmarketing veranstaltet wird? Haben die Macher von "Bamberg zaubert" Interesse an einer weiteren Großveranstaltung? Dies haben wir den Stadtmarketingchef gefragt, ungeachtet der Tatsache, ob eine solche Zusammenarbeit auf Zustimmung beim Bürgerverein stieße.

Eine solche Kooperation lehnt Stieringer als Stadtmarketingchef rundheraus ab. "Eine Veranstaltung wie die Sandkirchweih lebt vom ehrenamtlichen Einsatz vieler. Würde man so etwas hauptamtlich machen, würde es noch mehr Geld kosten."

Selbst die Bamberger Grünen treten bei der Sandkirchweih auf die Euphorie-Bremse. Die Geldspritze der Stadt Bamberg sei eine einmalige Unterstützung, sagt Ursula Sowa. Ihr Alternativvorschlag eine "verkleinerte Kirchweih", die wahrscheinlich auch bezahlbar sei. Für einen Dauersubvention der Stadt hat sie wenig Verständnis: "Die Sandkirchweih muss von denen bezahlt werden, die an ihr verdienen."

Das freilich ist nicht so einfach, wie es sich anhört, erklärt Ulrike Heucken von der Kerwa GmbH. Die Gebühren der 80 Standbetreiber könnten nicht beliebig erhöht werden, weil sie schon an der Obergrenze liegen.
Aus ihrer Sicht ist es ein Missstand, der zur jetzigen Kapitalknappheit geführt hat. Während die Massen in immer größerer Zahl zum Fest strömen, halten die Einnahmen nicht mit. Ein Grund sei auch, dass sich die Wirte in und außerhalb des Festgebiets praktisch nicht an den Kosten für die Kirchweih beteiligen - obwohl sie zu den großen Profiteuren gehörten. Ein echtes Druckmittel, das zu ändern, hat der Bürgerverein aber nicht. Appelle zur freiwilligen Unterstützung gab es, aber sie verliefen im Sande - buchstäblich.