Sandkerwa-Absage in Bamberg: Die Kosten belasten die Volksfeste in Franken
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Donnerstag, 04. Mai 2017
Hohe Sicherheitsauflagen bei Großveranstaltungen zwingen Organisatoren zu umfangreichen Konzepten. Das hat nun zur Absage der Sandkerwa in Bamberg geführt.
Die Absage der Sandkerwa in Bamberg löst ein Beben unter den Volksfestfans aus. Findet doch nach 66 Jahren womöglich erstmals eine der größten Traditionsveranstaltungen in Nordbayern mit rund 300.000 Besuchern nicht statt. Der ehrenamtliche Bürgerverein Sand und seine Sandkerwa Veranstaltungs GmbH sahen sich offenbar nicht mehr in der Lage, die finanziellen Risiken zu stemmen. Über allem schwebt das Thema Sicherheit: "In Anbetracht der Sicherheitslage in den letzten zwei bis drei Jahren, außerdem der islamistische Terror und ähnliche Probleme: Es ist besser so", kommentiert etwa Ropp123 auf inFranken.de die Entscheidung, das Fest abzusagen.
Feste stehen auf der Kippe
Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte dagegen am Donnerstag in Nürnberg gegenüber dpa, es seien von der Polizei keine zusätzlichen Anforderungen an die Sandkerwa gestellt worden. "Und es gibt auch hinsichtlich der Sicherheitslage in Bamberg keine besonderen Probleme aus Sicht der Polizei." Die bisherigen Besprechungen mit den Veranstaltern und der Polizei seien völlig problemlos verlaufen. "Ich kann mir jedenfalls nicht vorstellen, dass im Bereich der Sicherheit Gründe für diese Absage vorliegen."Die Sandkerwa-Macher schweigen derzeit zu den Gründen, zu einem etwaigen Defizit und gestiegenen Kosten aufgrund von erhöhten Behördenauflagen. Bereits im vergangenen Jahr wurde die Veranstaltung aufgrund eines verschärften Sicherheitskonzepts verkleinert. Dafür kamen auch weniger Besucher, was auch am Wetter gelegen haben mag. Die Stadt Bamberg gibt an, die Auflagen in diesem Jahr nicht erhöht zu haben.
Auflagen bei Erlanger Bergkerwa
Viele Organisatoren von Großveranstaltungen klagen inzwischen über gestiegene Kosten. So steht auch das Altstadtfest in Forchheim auf der Kippe. Die Werbegemeinschaft als Betreiberin der seit 1980 stattfindenden Veranstaltung, die alljährlich rund 25.000 Besucher an drei Tagen im Juni in die Innenstadt lockt, hat im vergangenen Jahr erstmals ein Defizit eingefahren. Deshalb droht das Fest im kommenden Jahr sogar "eingestampft" zu werden, wie es einer der beteiligten Unternehmer auf der jüngsten Versammlung der Werbegemeinschaft ausdrückte: "Vom Draufzahlen können wir nicht leben", machte er deutlich. Die Kosten sollen unter anderem ebenso durch den Mehraufwand bei der Sicherheit in die Höhe gegangen sein.Eine Großveranstaltung in der Dimension der Bergkirchweih mit rund einer Million Festgästen ist nebenbei gar nicht stemmbar: "An einer Bergkirchweih würden sich ehrenamtliche Organisatoren die Zähne ausbeißen", sagt Veranstaltungsleiter Konrad Beugel. Die seit 262 Jahren bestehende Bergkirchweih betreibt inzwischen längst die Stadt Erlangen. Beugel betreut als Wirtschafts- und Finanzreferent der Stadt Erlangen die Bergkerwa seit 17 Jahren, er spricht von einer deutlichen Zunahme an Vor- und Nachbesprechungen mit der Polizei, dem Rettungs- und Sicherheitsdienst. Die Auflagen seien in den vergangenen Jahren ebenso merklich angestiegen. "Die AG Bergsicherheit tagt im Jahr fünf bis sechs Mal", erklärt Beugel. "Der Aufwand hat sich deutlich erhöht." Das entworfene Sicherheitskonzept sei inzwischen ein dicker Wälzer und werde jedes Jahr fortgeschrieben.
Beton-Poller und mehr Personal
Auch in diesem Jahr: Hatte es früher nur sporadische Kontrollen durch Sicherheitskräfte gegeben, werde in diesem Jahr am Berg erstmals Sicherheitspersonal an allen Zugängen stehen und "selektiv Taschenkontrollen" durchführen. Außerdem sei eine weitere Neuerung erforderlich: "Wir stellen an der Bergstraße Beton-Poller hin", erklärt Beugel. Das sei den Geschehnissen vor allem in Berlin geschuldet, dort war im Dezember 2016 ein Attentäter mit dem Lkw in den Weihnachtsmarkt an der Friedenskirche gerast und hatte mehrere Menschen getötet. Die Poller am Fuße des Bergs sollen verhindern, dass in Erlangen jemand auf die Idee kommen könnte, dies auch zu tun. Der Mehraufwand geht ins Geld: Beugel spricht von einem guten mittleren sechsstelligen Betrag, den die Kosten der Kirchweih inzwischen insgesamt ausmachen würden. Tendenz steigend.
Gleiches gilt wohl für die Sandkerwa in Bamberg. Metzger Thomas Liebold, der an der Kirchweih tonnenweise Leberkäse backt, sieht noch ein anderes Problem: "Jetzt ist es nur noch eine Massenveranstaltung für Auswärtige, viele Bamberger meiden die Sandkerwa."
Das Thema Sicherheit spielt bei Festen in Franken eine große Rolle
In Franken gibt es zahlreiche große Feste, bei denen mit den Massen auch der Sicherheitsaufwand zunimmt.
Das Kronacher Freischießen ist dabei eines der traditionsreichsten und zugleich größten Volksfeste in Oberfranken. Es findet jedes Jahr im August statt und erstreckt sich über elf Tage. Durchgeführt wird es von der Schützengesellschaft Kronach, die sich im vergangenen Jahr über rund 300.000 Besucher freuen durfte. Für die Schützengesellschaft ist die Veranstaltung mit einem enormen Organisationsaufwand verbunden, müssen doch lange im Vorfeld erste Gespräche mit Schaustellern geführt werden. Darüber hinaus müssen diverse Sicherheitsvorkehrungen mit den Behörden, der Polizei und Rettungskräften getroffen und abgestimmt werden.
Die Schützen setzen nicht nur auf einen Security-Dienst, sondern zudem auf eine Video-Überwachung, die sich laut Veranstalter bewährt hat. Dunkle Wolken zogen zwischenzeitlich vor vier Jahren auf, als sich ein Anwohner wegen des Lärms gegen die Veranstaltungen auf dem Festplatz und damit auch gegen das Freischießen stellte und sogar rechtliche Schritte einleitete. Am Ende einigte man sich in einem Vergleich, der den Fortbestand des Freischießens in seiner jetzigen Form zumindest bis 2024 sichert. Anschließend verlängert sich die Vereinbarung jeweils um ein Jahr, sofern es keine Einwände gibt.
Im vergangenen Jahr waren beim Rakoczy-Fest in Bad Kissingen mehr als doppelt so viele Polizeibeamte im Einsatz als zuvor. Auch in diesem Jahr wird dort die Sicherheit groß geschrieben: Insgesamt werden rund 70.000 Besucher erwartet. Das Fest, das die Stadt veranstaltet, dauert drei Tage lang, in diesem Sommer vom 28. bis 30. Juli.
Seit dem Unglück bei der Loveparade in Duisburg wurde das Sicherheitskonzept der Kulmbacher Bierwoche umfassend überarbeitet. Nach den Vorfällen in Bayern, als in Ansbach ein Attentat auf einem Festival versucht wurde, sind die Vorkehrungen in Kulmbach erneut angepasst worden. Mehr Taschenkontrollen und mehr Polizeipräsenz waren 2016 die Folge. In diesem Jahr findet die Bierwoche ausnahmsweise auf dem Gelände der veranstaltenden Kulmbacher Brauerei statt - was andere Anforderungen an das Thema Sicherheit stellt. Der Zentralparkplatz, auf dem das rauschende Bierfest normalerweise stattfindet, steht aufgrund umfassender Baumaßnahmen nicht zur Verfügung. Dennoch erwarten die Veranstalter vom 29. Juli bis 7. August wieder bis zu 120.000 Besucher