Saison-Auftakt der Bamberger Symphoniker: Umjubelter Durchbruch zum Jubel
Autor: Jochen Berger
Bamberg, Montag, 30. Sept. 2019
Wie die Bamberger Symphoniker unter Chefdirigent Jakub Hru Grad ša und ihr Solist Frank Peter Zimmermann die neue Saison mit Werken von Wagner, Martinu und Brahms eröffnen.
Kann Musik das Grauen des Krieges vertreiben, indem sie dieses Grauen einfach ignoriert? Wer Bohuslav Martinus 2. Violinkonzert aus dem Jahr 1943 beim Saison-Auftakt der Bamberger Symphoniker gehört hat, kommt an dieser Frage eigentlich kaum vorbei.
Denn Martinu schrieb in diesem Violinkonzert eine unerschütterlich fest in der Tradition verankerte Musik, die ebenso weit entfernt klingt von jeder Art von Bekenntnismusik wie generell von den musikgeschichtlichen Erschütterungen jener Zeit. Weit entfernt von der expressiven Wucht, die das 1939 entstandene "Concerto funebre" von Karl Amadeus Hartmann prägt.
Klangliches Raffinement
Das dreisätzig angelegte Konzert Martinus bietet unverkennbar traditionsbewusst eine wirkungsvolle Mixtur aus effekvollem Virtuosenfutter, französischem Klang-Raffinement und unerschütterlichem slawischem Musikantentum - eine Mixtur, die angesichts der Entstehung im vorvorletzten Kriegsjahr durchaus irritieren kann.
Schwelgerisch
Oder ist dieses klangsinnliche Schwelgen, diese scheinbar ungetrübte Freude am Virtuosentum vielleicht doch ein klingendes Statement gegen die Schrecken des Zweiten Weltkrieges? Klingende Erinnerung an die unerreichbar fern gewordene Heimat?
Frank Peter Zimmermann, der vor einem Jahr an gleicher Stelle bereits Martinus 1. Violinkonzert zum Saison-Auftakt spielte, ließ die technischen Herausforderungen des für Mischa Elman geschriebenen Werkes als beinahe beiläufig erscheinen und leuchtete das Stück mit feinem Gespür für Zwischentöne sehr differenziert aus. Die Bamberger Symphoniker unter Jakub Hru Grad šas Leitung assistierten bei den Solostellen in der Dynamik stets mit präzis dosierter Intensität und entfalteten in den rein orchestralen Passagen fein abgestufte Klangpracht.
Großer Gestaltungsernst
Frank Peter Zimmermann, das bewies dieses Bamberg-Gastspiel erneut, ist ein virtuoser Geiger von großem Gestaltungsernst, dem die Virtuosität nie zum Selbstzweck gerät, der vielmehr immer auf der Suche nach dem Kern der Musik, nach ihrer inneren Wahrheit ist. Klar, dass das begeisterte Publikum in der Bamberger Konzerthalle Zimmermann erst nach einer Zugabe vom Podium ließ - einer Fuge von Bartók, bei der sich Dirigent Jakub Hru Grad ša als gebannt lauschender Zuhörer ins Orchester setzte.
"Lohengrin"-Ouvertüre
Wie aber fügte sich die Ouvertüre zu Richard Wagners "Lohengrin" ein in das Programm mit der 1. Symphonie von Johannes Brahms als Abschluss? Wer nach einer Brücke zwischen Wagner und Martinu suchte, dürfte lange vergeblich gesucht haben. So blieb diese von Jakub Hru Grad ša mit klug angelegter Steigerung dirigierte Ouvertüre in dramaturgischer Hinsicht einfach nur die übliche Ouvertüre zum Programmauftakt - freilich delikat klangschön musiziert von den Bamberger Symphonikern.