Ruth Eichner ist vom Forschen fasziniert
Autor: Sabine Christofzik
Bamberg, Freitag, 20. Januar 2017
Die junge Wissenschaftlerin hat zusammen mit einem Team die Funktionsweise von Contergan aufgedeckt.
Rätseln auf die Spur zu kommen, Zusammenhänge zu erkennen und schrittweise herauszuarbeiten wie etwas funktioniert, das war schon immer ihr "Ding". Nicht umsonst standen Chemie und Biologie ganz oben auf Ruth Eichners Lieblingsfächer-Liste.
Was im Clavius-Gymnasium begann, fand vor einigen Monaten mit dem mit 10 000 Euro dotierten Forschungspreis der Walter-Schulz-Stiftung seinen (vorläufigen) Höhepunkt. Die in Bamberg aufgewachsene Medizinerin wurde für herausragende wissenschaftliche Leistungen bei der Therapie von Krebserkrankungen ausgezeichnet.
Im Rahmen ihrer zweiten Promotionsarbeit hat sie zusammen mit einem Forschungsteam der III. Medizinischen Klinik (Hämatologie/Onkologie) am Klinikum rechts der Isar in München den molekularen Wirkmechanismus von Thalidomid erforscht.
Zwei Wirkungen, eine Ursache
In den 60er-Jahren hatte die Substanz, die unter dem Markennamen Contergan als Beruhigungsmittel vertrieben wurde, zu schweren Missbildungen bei ungeborenen Kindern geführt und war vom Markt genommen worden. Viele Jahre später stellte sich heraus, dass Thalidomid und seine Nachfolgersubstanzen aufgrund ihrer Anti-Tumor-Eigenschaften erfolgreich zur Therapie verschiedener Krebsarten eingesetzt werden können.
"Wir haben die Funktionsweise untersucht und herausgefunden, dass Missbildungen und Wirksamkeit gegen Krebs eine gemeinsame Ursache haben", fasst Ruth Eichner das Forschungsergebnis zusammen. "Auf dem gleichen Signalweg werden die toxischen Effekte und die Anti-Tumor-Wirkung des Medikaments vermittelt: Dadurch, dass ein bestimmter Proteinkomplex im Körper verdrängt wird. Ohne diese Proteine können sich Blutgefäße nicht normal entwickeln. In der Krebstherapie eingesetzt, führt der Wirkstoff dazu, dass bestimmte Tumorzellen - aus dem gleichen Grund - absterben."
Auch die Eltern sind Ärzte
Medizinische Forschung hat Ruth Eichner schon fasziniert, als sie 2003 mit dem Studium der Humanmedizin in München begann. Zusätzlich absolvierte sie 2008 und 2009 ein Masterstudium in Molekularer Onkologie in Toulouse und erwarb 2011 ihren zweiten Doktortitel.Von ungefähr kommt die Begeisterung für die Medizin nicht: "Mein Vater und meine Mutter sind Allgemeinärzte. Da habe ich immer sehr viel mitbekommen. Schon im Studium haben mich vor allem die Grundlagen der Behandlungsmöglichkeiten interessiert."
Verbindungen zu Bamberg hat die 33-jährige Assistenzärztin am Klinikum rechts der Isar noch. "So etwa alle zwei Monate besuche ich meine Eltern."