Druckartikel: Richard-Wagner-Verband besteht seit 10 Jahren

Richard-Wagner-Verband besteht seit 10 Jahren


Autor: Monika Beer

Bamberg, Sonntag, 12. Mai 2013

Weltweit wurde und wird in diesem Jahr Richard Wagner gefeiert - in Erinnerung an seinen 130. Todestag am 13. Februar und zu seinem 200. Geburtstag am 22. Mai. In Bamberg kommt sogar noch ein Ereignis dazu: Der Richard-Wagner-Verband wurde vor zehn Jahren wieder gegründet.
Ingrid Huther-Thor mit der Einladunzur "Stichwort Wagner"-Tagung im Oktober in Bamberg  Foto: privat


Ingrid Huther-Thor ist aus dem Bamberger Kulturleben für viele nicht mehr wegzudenken. Die in Wien geborene Tochter eines Opernsängers heiratete in jungen Jahren einen aus Bamberg stammenden Architekten, studierte, nachdem ihre zwei Kinder groß waren, in Bamberg Volkskunde und Kunstgeschichte, promovierte und initiierte unter anderem vor zehn Jahren die Wiedergründung des Richard-Wagner-Verbands Bamberg. Seither steht sie dem Verein mit seinen inzwischen 75 Mitgliedern vor.

Warum musste der Verein wieder gegründet werden?
Ingrid Huther-Thor: Es war ein langer Wunsch des früheren Vorsitzenden aller Richard-Wagner-Verbände Josef Lienhart und des Bayreuther Vorsitzenden Paul Götz, zu dem es schon insofern Verbindungen gab, als wir bei Opernreisen der Bayreuther, wenn Plätze frei waren, mitfahren durften.

Dabei habe ich Blut geleckt - und nahm die Anregung schließlich ernst, selber einen Bamberger Wagner-Verband zu gründen. Als erstes habe ich Kontakt mit Helmuth Jungbauer aufgenommen, dem damaligen Verleger des "Fränkischen Tags", den ich schon aus Bayreuth kannte und den ich um entsprechende Unterstützung bat.

Nach einem kleinen Bericht in der Zeitung meldeten sich einige Interessenten. Auf Vermittlung von Martin Köhl konnten wir dann im Hause Krackhardt unsere Gründung feiern, zu der auch Festspielleiter und Wagner-Enkel Wolfgang Wagner persönlich kam, obwohl da in Bayreuth schon Proben liefen.

Aber es hatte in Bamberg doch schon einen Wagner-Verein gegeben?
Von dem ich allerdings nur so viel weiß, dass er sich Anfang der 90er-Jahre auflöste, weil Vorstand und Mitglieder offenbar zerstritten waren. Der WagnerVerband in Bamberg dürfte, wie die meisten Ortsvereine, zu Beginn des 20. Jahrhunderts entstanden sein. Bei unserer Wiedergründungsfeier war noch eine über 80-jährige, inzwischen verstorbene Dame dabei, deren Eltern schon im Bamberger Richard-Wagner-Verband waren.

Und wie sind Sie zu Wagner gekommen?
Eigentlich erst dadurch, dass wir etliche Jahre in Bayreuth gelebt haben. Als mein Mann Erwin es dann beruflich langsamer angehen lassen konnte, sind wir, weil unsere Kinder und Enkel in Bamberg leben, hierher gezogen. Mein Mann ist übrigens ein waschechter Bamberger, der mich in Luzern kennengelernt hat.

Wo bekanntlich zeitweise auch Richard Wagner mit seiner Familie gelebt hat.
Aber zu dem Zeitpunkt mochte ich Wagner noch überhaupt nicht! Wagner-Musik fand ich lange schrecklich, obwohl mein Vater, der als Bassbariton in Luzern und Linz auftrat, auch Wagner gesungen hat. Ich musste einen Umweg über Richard Strauss machen: Erst hat mir die "Salome" gut gefallen, dann die "Elektra" - und irgendwann bekamen wir durch eine Tante aus Linz, die schon von ihrer Mutter her eine begeisterte Wagnerianerin war, Karten für Bayreuth.

Was war Ihr erstes Wagner-Erlebnis?
Das war eine "Parsifal"-Aufführung, noch in den 60er-Jahren. Es war ein sehr heißer Sommer, damals waren die Kinder noch klein und ich kam mit meiner Tante ziemlich angespannt im Festspielhaus an. Als es dann begann - es war sehr dunkel, eine wohlige Atmosphäre, die Musik hat mich gar nicht gestört, sondern eher angenehm eingelullt -, bin ich sofort eingeschlafen. Ich kann Sie aber beruhigen: Das Interesse ist schnell größer geworden - und die Aufmerksamkeit auch.

Sind Sie inzwischen eine waschechte Wagnerianerin?
Wagnerianer ist ein negativ besetzter Begriff, den ich mir nicht geben möchte. Ich liebe seine Musik, aber nicht so unbedingt, wie man es von einem eingefleischten Wagnerianer erwarten würde. Ich stehe Wagner als Person relativ skeptisch gegenüber.

Warum?
Wegen seiner Rücksichtslosigkeit anderen Menschen gegenüber. Er hat das wohl gebraucht, sonst hätte er sich nicht so durchsetzen können. Mein Mann wollte übrigens noch viel länger als ich nichts von Wagner wissen. Es dauerte, bis wir ihn endlich so weit hatten, dass er in eine Vorstellung mitging. Dann wurde auch er von seiner Musik gepackt, und zwar so, dass er mich gern auch in meiner Vereinsarbeit unterstützt.

Und was gefällt Ihnen, abgesehen von seinen Musikdramen, an Wagner als Person?
Sein bedingungsloser Glaube an sich selbst, an seine Kunst und seine "Sendung", denn er hat das praktisch auch so betrachtet.

Wie versuchen Sie, andere für Wagner zu gewinnen?
Ich empfehle jedem, dass er zunächst einmal ganz ohne Vorurteile seine Musik hören sollte - und zwar ein paar Mal, nicht nur einmal. Wobei es darauf ankommt, ob es sich nur um die Vorspiele, Ouvertüren und reine Orchesterstücke handelt, über die man gut den Einstieg machen kann, oder um Opernszenen, die man besser auch sehen sollte. Von Wagners Librettotexten halte ich übrigens viel, sie sind auch wortmäßig sehr gut gestaltet. Wer behauptet, dass das eine verquere Sprache ist, hat diese Texte nie gründlich gelesen. Und abgesehen davon, gibt es auch bei Goethe Wörter, die vielleicht nicht mehr so geläufig sind.

Gab es für Sie ein prägendes Opernerlebnis?
Nein. Für mich ist eigentlich jedes Mal ein Erlebnis, egal welche Oper - mit einer Ausnahme: Wenn die Regie nur nach Effekten hascht, unverständlich ist und keinen wirklichen Inhalt hat, wenn sie sich zu sehr vom Werk entfernt. Wobei das natürlich immer auch im Auge des Betrachters liegt. Es ist letztlich eine sehr persönliche Sache.

Ist es nicht schwer, in Bamberg, wo es schon lange kein eigenes Opernensemble mehr gibt, einen Opernverein am Leben zu halten?
Ja, denn ich sehe, dass andere Verbände sich leichter tun, weil sie ein Opernhaus oder eine Musikhochschule am Ort haben und von dort Dirigenten, Sänger, Regisseure und Experten zu Gesprächen holen können. Das Bamberger Musikpublikum ist aus nahe liegenden Gründen eben in erster Linie ein Konzertpublikum. Gemeinsame Opernfahrten gehen da kaum.

Was passiert in Ihrem Verein?
An jedem ersten Montag eines Monats haben wir ein Treffen in einem Nebenzimmer der Brudermühle mit Vorträgen, Einführungen, Lesungen, Gesprächen und Gedankenaustausch. Besonders beglückend ist natürlich, dass wir junge Menschen - darunter Mitwirkende der Sommer Oper Bamberg - mit unserem Stipendium fördern und sie dank der Unterstützung durch die Stadt hier in Stipendiatenkonzerten präsentieren können. Gemeinsam mit der Universität, den Symphonikern und weiteren Mitveranstaltern hatten wir zudem immer wieder hochkarätige Gäste - zum Beispiel den Bayreuther "Ring"-Regisseur Tankred Dorst, den Dirigenten Sebastian Weigle und den Bayreuth-kritischen Wagner-Urenkel Gottfried Wagner.

class="artKursiv">Und was ist "Stichwort Wagner"?
Der Richard-Wagner-Verband International führt auch Großveranstaltungen durch: den Wagner-Gesangswettbewerb, den Regiewettbewerb in Graz, die Wagnertage in Venedig und eben "Stichwort Wagner" für Wortbeiträge junger Wissenschaftler. Als diese Tagung erstmals nach Süddeutschland und die Rede auf das Thema E.T.A. Hoffmann und Wagner kam, habe ich natürlich unser Interesse angemeldet. Das nächste "Stichwort Wagner" findet von 25. bis 27. Oktober 2013 in Bamberg statt.

Es wird die letzte Veranstaltung in Ihrer Verantwortung sein. Warum wollen Sie aufhören?
Weil das Leben auch noch andere Dinge hat. Ich bin jetzt 72 und finde, dass Jüngere ran sollten.