"Retter" der Nahversorgung eröffnet Einkaufsmarkt in der Gartenstadt
Autor: Jutta Behr-Groh
Bamberg, Dienstag, 10. Januar 2017
In den leer stehenden Markt an der Ecke Hauptsmoorstraße/Seehofstraße zieht bald neues Leben ein. Betreiber wird Josef Sier.
"Das A und O ist die Kostenreduzierung." Das antwortet Josef Sier auf die Frage, was er anders macht als andere, wenn er es schafft, Läden dort zu betreiben, wo andere kapituliert haben. So auch demnächst in der Gartenstadt: Der Kaufmann aus der Oberpfalz will dafür sorgen, dass die Bewohner des Stadtteils bald wieder vor Ort alles für den täglichen Bedarf kaufen können.
Indem er zwar als Partner der Rewe, aber selbstständig arbeitet, hat er schon drei andere Märkte wieder in Schwung gebracht, die vorher - mehr oder weniger lang - geschlossen waren. Einer davon befindet sich in der Wunderburg: der ehemalige Comet-Markt. Die beiden anderen betreibt Sier im mittelfränkischen Pyrbaum und in Sennfeld in Unterfranken. Der Laden in der Gartenstadt, der seit September zu ist, wird also seine Nummer vier. Die Neueröffnung findet voraussichtlich am 30. März statt.
Große Freude bei IG Gartenstadt
"Es freut mich und baut mich auf, wenn ich merke, dass die Leute froh sind, weil ich da bin." Mit diesen Worten begründete Sier am Dienstag an einer Kaffeetafel im Haus der Arbeiterwohlfahrt, warum er sich für das Engagement in der Gartenstadt entschieden hat. Er stellte sich Vertretern der Interessengemeinschaft Gartenstadt vor, die sich Mitte 2014 gebildet hat, um die Nahversorgung im Stadtteil zu erhalten. Vereine und Verbände, Geschäftsleute, die Kirchengemeinden, andere Institutionen und Privatpersonen haben sich in der Gruppierung zusammengeschlossen und wollen nun die Werbetrommel rühren, damit Sier bei ihnen gute Geschäfte macht und überleben kann. Allen Anwesenden schien klar zu sein, dass der Kaufmann nicht existieren kann, wenn die Gartenstädter bei ihm nur das kaufen, was sie vorher im Supermarkt vergessen haben. Man wolle vor allem das Bewusstsein der jüngeren Leute entsprechend schärfen, die noch mobil und nicht darauf angewiesen sind, dass es in der Nähe eine Einkaufsgelegenheit gibt, hieß es.
Die Suche nach einem neuen Marktbetreiber hatte sich vor allem Rolf Gutzler zur Aufgabe gemacht. Er holte nach eigenen Worten Anne Rudel mit ins Boot, die Kreisvorsitzende des Handelsverbands Bayern, die an der Würzburger Straße selbst einen Rewe-Markt leitet. Über sie kam der Kontakt zu Sier zustande. Der wurde schließlich auch mit der Familie Hagen handelseinig, der die Immobilie am Gartenstädter Markt gehört. Laut Gerda Küchler, alteingesessener Gartenstädterin, gab und gibt es in dem Haus seit 1958 immer einen Laden.
Momentan ist sie es, die in ihrer Lotto-Annahmestelle das Allernötigste bereit hält. Sobald der Nahkauf eröffnet - die Lotto-Spieler können dann dorthin gehen - will Küchler aufhören. Nur der Kundschaft zuliebe habe sie sich bereit erklärt, drei Monate weiter zu machen: "Eigentlich wollte ich schon an Heiligabend schließen."
Zum Start will Sier viel in der Gartenstadt präsent sein. Später soll Irina Schell den Markt leiten, die er als seine Lebensgefährtin vorstellte. Indem er überall selbst nach dem Rechten schaue, könne er Personalkosten sparen und an mancher Kostenschraube drehen, sagt der Geschäftsmann. Das reiche vom Einkauf preiswerter Waren über das Aushandeln des Mietzinses bis zum Umrüsten aller Lampen auf Energie sparende LEDs.
Weiterhin in der Wunderburg
Siers Entscheidung für die Gartenstadt hängt auch damit zusammen, dass das Aus für seinen Nahkauf in der Wunderburg in Sicht ist. Er wird geschlossen, wenn der neue Supermarkt am künftigen "Ulanenpark" in Betrieb geht. Das dürfte Mitte 2018 der Fall sein. Die Stadt habe ihm angeboten, das neue, wesentlich größere Geschäft zu übernehmen, sagt der Oberpfälzer auf Anfrage. Er habe sich jedoch dagegen entschieden, weil er selbstständig bleiben und am Nahkauf-Konzept festhalten wolle. Das ist an relativ kleine Flächen gebunden.Für die Gartenstadt sei Sier "die perfekte Lösung", findet Matthias Neller, der Vorsitzende des zuständigen Bürgervereins. Potenzielle Kunden sieht nicht nur er auch in den Neubürgern von der Polizei-Akademie.