Retro: Zum 30. einer Bamberger Szeneband
Autor: Petra Mayer
Bamberg, Donnerstag, 12. Februar 2015
30 Jahre alt wird die United Beat Band, die ihren runden Geburtstag am 13. und 14. Februar im Bamberger Jazzkeller feiert. Zum Faschingsball laden die Szenemusiker, obwohl sie Faschingsmuffel sind. Darüber und vieles mehr sprachen wir mit Bandpionier Harald Rost.
Einen Autobahnanschluss bekam Bamberg, nachdem der Frankenschnellweg die Stadt erreichte. Im Rathaus regierte Paul Röhner als Nachfolger von Theodor Mathieu. Tears for Fears feierten mit "Shout" einen Riesenhit. Und Günter Wallraff veröffentlichte "Ganz unten": Das war das Jahr, in dem die Geschichte der United Beat Band begann, die Fans heute und morgen zum Geburtstagsfaschingsball im Jazzkeller einlädt. Ein Anlass, uns an die Zeit der Fönfrisuren, Vokuhilas, Netzhemden und Schulterpolster zu erinnern - im Interview mit Bandpionier Harald Rost.
Im Fischerhof gab die United Beat Band (UBB) am 15. Februar 1985 ihr erstes Konzert. Wie kam's zur Gründung der Gruppe?
Harald Rost: Ein Benefizkonzert für Pro Familia brachte uns an dem Abend zusammen. Zu dieser Zeit kämpfte die staatlich noch nicht anerkannte Schwangerenberatungsstelle mit großen finanziellen Problemen. Wir - Stephan Barnikel, Wolfgang Pfister, Thomas Spindler, Rainer Herzog und ich - hatten damals gerade unser Studium beendet, waren so um die 30 und traten als Lückenbüßer neben anderen Bands auf. Man kannte sich von früheren Auftritten in Amiclubs und fränkischen Tanzsälen, wo wir die Charts rauf und runter spielten. Zum Teil auch gruselige Kompromisse wie "Tränen lügen nicht". Die meisten Tanzsäle verschwanden, als die Discos kamen: In Bamberg das Le Train oder etwa das Downstairs.
Bands der Woodstock-Ära
Statt 80er-Jahre-Hits zu covern, recycelte die UBB gleich beim ersten Auftritt Sounds der 60er und 70er Jahre. Was zog Euch retro?
Santana, CCR, Procol Harum, die Stones oder Beatles: Das waren die Bands, die uns über all die Jahre begleitet hatten. Bands der Woodstock-Ära. Mit 12 konnte ich das Festival leider nicht besuchen, habe mir aber gleich nach Erscheinen den gleichnamigen Film x-mal angesehen.
Wie kam die United Beat Band eigentlich zu ihrem Namen?
Einige Tage vor dem ersten Auftritt saß ich beim konspirativen Frühstück einer Soziologen- und Pädagogen-lastigen WG der Judenstraße. Kollektive Pflichtlektüre war damals die Frankfurter Rundschau. Darin las ich von einem United Jazz & Rock Ensemble und kam auf die kongeniale Idee, die prompt umgesetzt wurde: ohne ernsthafte Gegenvorschläge, Gegenstimmen oder Enthaltungen.
Auftritt auf nem Traktoranhänger
Welche Locations bespielte die UBB in den Anfangsjahren?
Den Jazzkeller, wo wir am 13. und 14. Februar back to the roots kommen. Den Fischerhof natürlich und das Bootshaus, dessen legendären Fasching wir mitgestalteten. Einen Wahnsinnsauftritt hatten wir mal auf einem Traktoranhänger. Damals spielten wir bei einer Anti-AKW-Demo des Vierether Kuckuckseis mitten auf nem Feld. Wir spielten in Schieflage, bis wir Rückenschmerzen hatten. Und darüber hinaus wüst von zwei Zuhörerinnen beschimpft wurden, die "Cocaine" und "Brown Sugar" als drogenverherrlichende Songs missinterpretierten. An dieser Stelle betone ich für alle, die des Englischen nicht mächtig sind, auch noch einmal: "No Woman, No Cry" bedeutet keineswegs "Keine Weiber, kein Geschrei".
Vermissen Sie den Zeitgeist der Pionierjahre?
Manchmal. Damals solidarisierten sich die Menschen noch mehr als heute. Die Nachwehen der 68er waren spürbar. Man lehnte sich eher gegen Autoritäten auf, die ganze gutbürgerliche Kultur. Wir mussten in unserer Jugend für manches kämpfen, was heute selbstverständlich ist. Ich wollte beispielsweise lange Haare haben und erkämpfte mir bei meinem Vater jeden einzelnen Zentimeter.
Nur die Musik zählte
Wie veränderte sich das Publikum in drei Jahrzehnten? Hat es heute eine andere Erwartungshaltung?
Konzerte waren früher noch wilde Partys. Alles war weniger perfekt und durchorganisiert. Es ging den Leuten um die Musik, handgemachte Musik ohne riesige PA-Anlagen und Lightshows. Der Sound kam aus den Fingern, nicht der Konserve. Wie sich unser Publikum darüber hinaus noch veränderte? Es alterte mit der UBB. Anfangs traten wir bei 30. Geburtstagen auf, jetzt bei 60ten. Übrigens waren wir einmal sogar ein Hochzeitsgeschenk. Fürs frisch getraute Paar spielten die UBB im Auftrag des Freundeskreises Musik aus den Jugendjahren.
Welche Entwicklungen sehen Sie in der Bamberger Musikszene seit den 80ern?
Es ist viel schwieriger geworden, Auftrittsmöglichkeiten zu finden. Der Fischerhof fiel weg, das Freizeitwerk St. Heinrich, das Bootshaus, das Top Act Zapfendorf, zuletzt noch der Morph Club, wo man alternative Musik jenseits des Mainstreams spielen konnte. Heute gehen Veranstalter ja auch viel größere Risiken ein, weil die Mieten stiegen, die GEMA-Gebühren und die Technik viel aufwendiger als früher ist. Nur stieg die Bereitschaft des Publikums nicht im gleichen Maße, Geld für Konzerte auszugeben. Bei 9 Euro liegt die Schmerzgrenze (der Eintrittspreis für unser erstes Gemeinschaftskonzert mit anderen Bands lag noch bei 6 DM).
Was war die angesagteste Formation, mit der die UBB in all den Jahren spielte?
Die Spider Murphy Gang, die mit "Schickeria" einen Riesenhit gelandet hatte. Die Jungs waren wirklich cool. Gut erinnere ich mich noch an unseren Soundcheck: Da kam der Ton, den ich am Bass zupfte, auch aus der Anlage des Spider-Murphy-Bassisten. Hat uns alle sehr amüsiert.
Keine "Polonäse Blankenese"
Wie verkleidet sich die UBB am Faschingswochenende?
Wir sind alle Faschingsmuffel, also ziehen wir uns allenfalls bunte Hemden an. Die "Polonäse Blankenese" verweigern wir auch und lassen lieber Songs von The Who oder etwa der Spencer Davis Group aufleben. Die erinnern mich an die Jukebox, die früher im Pizzini stand und Titel wie "Keep on running" spielte.
Hatten Sie als Faschingsmuffel auch mal ein außergewöhnlich schönes Faschingserlebnis?
Ja, das bescherte mir ein Pärchen im Bootshaus. Die beiden kamen alle Jahre wieder zu unseren Konzerten und erzählten irgendwann, warum: Sie hatten sich bei einem unserer Faschingskonzerte hier kennen- und liebengelernt.
Was wünscht sich die UBB zum 30. Geburtstag?
Dass wir noch weitere 30 Jahre, also unsere Restlaufzeit, auf der Bühne stehen. Dann sind wir Ende 80 und spielen notfalls mit Rollatoren im Woodstock-Style zum Tanz auf.