Region Bamberg: Hunderte Lehrstellen unbesetzt
Autor: Sabine Christofzik
Bamberg, Samstag, 19. August 2017
Jetzt sind es die Betriebe, die Schwierigkeiten haben, Lehrstellen zu besetzen. Dennoch sind noch weit über 100 Jugendliche unversorgt.
Ausbildungsbetriebe haben Probleme, alle Lehrstellen zu besetzen. Das ist nicht erst seit diesem Jahr so, war aber noch vor zehn Jahren - bis auf Ausnahmefälle - undenkbar. In der Stadt Bamberg kommen 3,3 freie Ausbildungsplätze auf jeden Bewerber.
"Das ist rein statistisch gesehen. Aber es zeigt, dass der Wandel vom Stellenmarkt zum Bewerbermarkt deutlich voranschreitet. 2012 hat diese Umkehr begonnen", sagt Matthias Klar, Pressesprecher der Agentur für Arbeit Bamberg-Coburg.
In der aktuellen Auflistung der Agentur, die zum Monatsende von einer neuen abgelöst wird, sind 74 suchende Jugendliche und 244 Ausbildungsstellen (Bamberg Stadt) verzeichnet. Im Landkreis ist das Verhältnis 119 zu 373.
"Diese Zahlen sind jetzt, mitten im Monat, nur Richtwerte", so Klar. "Da ist noch unheimlich viel in Bewegung. Man muss aber auch bedenken, dass nicht auf jeden Topf ein Deckel passt. Diese freien Ausbildungsplätze entsprechen möglicherweise nicht den Wünschen und auch nicht den Fähigkeiten der Bewerber. Dazu kommt, dass junge Leute manchmal auch noch nicht ausbildungsreif sind. Denen raten wir, die Flinte auf keinen Fall ins Korn zu werfen. Denn auch über eine Einstiegsqualifizierung kann man zu einer Lehrstelle kommen."
Testen, ob's passt
Dabei haben Jugendliche die Möglichkeit, durch ein sechs- bis zwölfmonatiges Langzeitpraktikum in einem Betrieb den Ausbildungsberuf zu erproben und sich dabei zu bewähren. Sie nehmen auch am Unterricht in der Berufsschule teil. So sollen dem Praktikanten im Laufe des Praktikums die Inhalte des ersten Ausbildungsjahrs vermittelt werden. Sind Praktikant und Betrieb mit der Zusammenarbeit zufrieden, kann im Anschluss ein Ausbildungsvertrag vereinbart werden. Die Zeit des Praktikums ist anrechenbar, was ermöglicht, gleich ins zweite Lehrjahr einzusteigen.
Matthias Klar: "Zudem gibt es ausbildungsbegleitende Hilfen. Die damit beauftragten Bildungsträger stellen persönliche Förderpläne zusammen. Das kann für den einen zum Beispiel Nachhilfeunterricht in Deutsch und anderen Fächern sein, beim anderen beim anderen ist es Unterstützung bei der Vorbereitung auf Prüfungen. Auch bei persönlichen Problemen mit dem Ausbildungsbetrieb kann geholfen werden."
Die Antragstellung läuft über die Berufsberater und ist kostenlos für Jugendliche und Betriebe. "Man sollte sich möglichst rechtzeitig darum kümmern, um sich Negativerlebnisse zu ersparen", rät Klar.
Hier gibt es die meisten Stellen
"Ein Gespräch mit unseren Berufsberatern ist auch jetzt, kurz vor dem Start des Ausbildungsjahrs, noch sinnvoll. Sie helfen bei der Suche nach Alternativen zum Traumberuf (Terminvereinbarung per kostenlosem Anruf unter 0800/4555500 oder per E-Mail: Bamberg.Berufsberatung@arbeitsagentur.de).In der Stadt gibt es die meisten Ausbildungsstellen noch in den Berufen (m/w) Koch; Kaufmann Büromanagement; Hotelfachmann; Fachverkäufer Lebensmittelhandwerk Bäckerei; Fertigungsmechaniker; Maler/Lackierer Gestaltung/Instandhaltung; Anlagentechniker Sanitär, Heizung, Klimatechnik; Fachkraft Lagerlogistik sowie Berufskraftfahrer.
"Neu ist in dieser Liste der Berufskraftfahrer", merkt Arbeitsagentur-Pressesprecher Klar an. "Nicht jeder weiß, dass das eine vielschichtige und abwechslungsreiche Tätigkeit ist. Allerdings ist sie, da es eine Altersgrenze gibt, nicht für alle Schulabgänger geeignet."
Im Landkreis sieht die Liste der Berufe, in denen noch viele Auszubildende gesucht werden, etwas anders aus: (m/w) Kaufmann im Einzelhandel; Kaufmann Büromanagement; Fachkraft Lagerlogistik; Anlagenmechaniker Sanitär, Heizung, Klimatechnik; Verkäufer; Koch; Maler/Lackierer Gestaltung/Instandhaltung; Handelsfachwirt (Ausbildung) sowie Fachkraft Küchen/Möbel/Umzugsservice.
"Bei den Berufswünschen der Jungen ein leichter Trend zum Dienstleistungsgewerbe festzustellen. Das könnte daran liegen, dass auch die Elterngeneration verstärkt in diesen Berufen tätig ist und die Jugendlichen weniger handwerklich/technisches vorgelebt bekommen. ,4.0 - da musst du dabei sein', denken sich viele, oder bekommen es gesagt. Das kann unter Umständen dazu führen, dass es Bedenken gibt, einen Handwerksberuf zu wählen.
Klasisches Rollendenken
Die klassischen Rollenbilder sind insgesamt noch stark im Denken verankert: Der künftige Ernährer der Familie, der einen Beruf braucht, in dem er gut verdient. Mädchen tendieren eher dazu einen Beruf zu wählen, in sie zufrieden sind und sich verwirklichen können - auch wenn dort weniger gut gezahlt wird."Mobilitätsbereitschaft bleibe eine der Voraussetzungen, zu seinem Wunschberuf zu kommen. Matthias Klar: "Stadt-Kinder wollen in der Regel kurze Wege haben. Jugendliche, die auf dem Land wohnen und lange Anfahrtszeiten zur Schule kennen, sind eher bereit, zu einer Ausbildungsstelle weiter zu fahren.
Hier gibt es Informationen
Informationen über freie Lehrstellen in der Region liefert die Online-Lehrstellenbörse der Handwerkskammer (www.hwk-oberfranken.de/lehrstellenboerse) oder auch die kostenlose App für Smartphones "Lehrstellen-Radar 2.0". Auch Betriebe, die noch Lehrlinge suchen, können sich online eintragen lassen.Die DGB-Jugend beantwortet auf ihrem Online-Portal www.dr-azubi.de die Fragen der Auszubildenden und gibt auch Auskünfte rund um die Berufsausbildung.
Neu erschienen ist "Beruf aktuell" von der Bundesagentur für Arbeit. Auf mehr als 550 Seiten informiert das Heft über 500 Ausbildungsberufe. Es ist im Berufsinformationszentrum (BiZ) der Agentur für Arbeit in Bamberg oder bei der Berufsberatung kostenlos erhältlich.
Online über das Thema Berufswahl und Berufsbilder informieren auch www.planet.beruf.de und www.berufe.de, das Filmportal der Bundesagentur für Arbeit.