Recherche: Wo gibt es die passende Klinik für mich?
Autor: Irmtraud Fenn-Nebel
Bamberg, Freitag, 04. April 2014
Man kann sich auf Empfehlungen anderer verlassen, man kann aber auch im Internet nach einem Arzt oder einer Klinik suchen. Dabei geht es nicht um ein Ranking, sondern um objektive Qualitätskriterien.
Der 7. April ist ein besonderes Datum: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat ihn 1954 erstmals zum Weltgesundheitstag ausgerufen. Damit möchte sie nicht nur an ihren Gründungstag im Jahr 1948 erinnern - der 7. April soll auch dazu dienen, die Öffentlichkeit für Gesundheitsfragen zu sensibilisieren und die Menschen dazu motivieren, mehr für dafür zu tun.
Wer jetzt an Prävention und eine gesunde Lebensweise denkt, liegt sicher richtig. Was aber auch eine wichtige Rolle spielt: Gut behandelt zu werden, wenn man doch einmal krank geworden ist. Eine Entscheidungshilfe bieten Internetportale, die bei der Suche nach dem passenden Arzt oder Krankenhaus helfen.
Bayerns Gesundheitsministerin Melanie Huml begrüßt diese Möglichkeit, die dem Recht der freien Arztwahl in Deutschland entgegenkommt. Diese Wahl sei in Bayern besonders groß: " Wir haben hier die höchste Ärztedichte in Deutschland", sagt Huml. Deshalb sei es für unzufriedene Patienten nicht schwer, einen Arzt zu wechseln. "Es ist wichtig, dass die Menschen kritisch bleiben und eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen", sagt die Ministerin.
Was tun bei Beschwerden?
Dazu gehöre es auch, mit Beschwerden offensiv umzugehen. Patienten könnten sich zum Beispiel an die ärztliche Standesvertretung wenden: Die ärztlichen Kreisverbände bieten ein Schlichtungsverfahren bei Streitigkeiten zwischen Arzt und Patient an. Bei der Landesärztekammer gibt es die Gutachterstelle für Arzthaftungsfragen, die bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler weiterhilft. Sie erstellt ein neutrales Gutachten über den Behandlungsfall.
Zusätzlich können sich gesetzlich Versicherte an die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) sowie an ihre Krankenkasse wenden. Die KVB muss zum Beispiel Beschwerden über einzelne Vertragsärzte nachgehen. Außerdem unterstützen die Krankenkassen ihre Versicherten.
"Ungefärbte" Suche
Einige Kassen wie AOK, Barmer und Techniker haben diese Unterstützung auf die Beteiligung an einem der größten Internetportale für die Arzt- und Kliniksuche ausgeweitet: der Weissen Liste (www.weisse-liste.de). Sie ist ein gemeinsames Projekt der gemeinnützigen Bertelsmann Stiftung und der Dachverbände der größten Patienten- und Verbraucherorganisationen.
Das Portal ist kosten- und werbefrei. Wie es zu seinem Namen kam, erklärt Timo Thranberend, Sprecher der Weissen Liste bei der Bertelsmann Stiftung: "Die Nutzer können sich bei ihrer Suche nach einem Krankenhaus, Arzt oder Pflegeheim ein ungefärbtes Bild der Angebote verschaffen. Dafür steht die Farbe ,weiß', die auch die Nähe zur Medizin signalisiert. Und der Begriff ,Liste' verspricht eine geordnete und umfassende Übersicht."
Außer nach 2000 Kliniken und über 15.000 Ärzten kann man regional und bundesweit auch nach Pflegeheimen suchen, ferner sind eine Arztbewertung und ein Pflegeplaner eingebunden, gibt es eine Checkliste für den Klinikaufenthalt und allgemein verständliche Gesundheitsinformationen.
Gesetzliche Qualitätssicherung
Die rund 2000 Krankenhäuser in Deutschland, die für die gesetzliche Krankenversicherung zugelassen sind, müssen - bisher alle zwei Jahre, künftig jährlich - einen Qualitätsbericht veröffentlichen. Diese Berichte bilden die zentrale Datengrundlage für die Weisse Liste.
Per Gesetz sind die Kliniken außerdem zur Qualitätssicherung verpflichtet: Sie müssen festgelegte Bedingungen erfüllen, um die Qualität ihrer Versorgung zu gewährleisten. Damit sie überprüfbar wird, müssen Informationen zum Beispiel zur Anzahl von Komplikationen bei Operationen an die zuständigen Stellen weitergeleitet werden. Aus diesen Daten werden 182 Qualitätskennzahlen zu 28 Leistungsbereichen veröffentlicht.
Größte Patientenbefragung
Zusätzlich fließen in das Portal Ergebnisse einer Patientenbefragung der beteiligten Krankenkassen ein. "Wir haben 970.000 Bewertungen für Krankenhäuser gesammelt, das ist die größte Patientenbefragung in Europa", sagt Weisse-Liste-Sprecher Thranberend.
Parallel läuft eine Arztbewertung über die Weisse Liste, an der ebenfalls Versicherte der drei Kassen teilnehmen können. Wie aus einer aktuellen Auswertung hervorgeht, würden rund 79 Prozent der Patienten in Bayern ihren Haus- oder Facharzt weiterempfehlen. "Dieses Ergebnis liegt leicht unter dem Bundesdurchschnitt mit 84 Prozent", sagt Thranberend. Am besten schnitten in Bayern Allgemeinmediziner, Praktische Ärzte und Internisten ab, die geringsten Zustimmungswerte erzielten Orthopäden und Hautärzte.
Für Peter Weber, Direktor der Bamberger AOK, ist die Online-Suche und -Bewertung von Kliniken und Ärzten ein wichtiger Schritt. Die AOK hat sich bundesweit mit einem eigenen QSR-Verfahren (Qualitätssicherung mit Routinedaten) in die Weisse Liste eingeklinkt und einen "Gesundheitsnavigator" entwickelt. Dafür wertet die Kasse die Daten von Kliniken aus, beobachtet die Patienten bis zu einem Jahr nach einem stationären Aufenthalt und bezieht eventuelle Komplikationen nach einer Operation ein.
Die Qualitätssicherung in der Medizin ist Bestandteil des Vertrags der neuen Regierungskoalition. "Ich freue mich über diese neue Denkweise", sagt Weber. "Damit ist ein Schwachpunkt im System ausgeräumt." Einen Beitrag dazu leiste auch die Weisse Liste, die Patienten eine objektive Entscheidungshilfe ermögliche. Das kommt Webers Wunsch entgegen: "Wir möchten den Patienten zur Mündigkeit erziehen."
Durch die Online-Suche und -Bewertung finde außerdem mehr Wettbewerb zwischen den Kliniken statt, ein Prozess, den auch die Krankenkassen schon seit einiger Zeit durchmachen. Für Weber ist klar: "Nur die Krankenhäuser, die eine gute Qualität bieten, werden überleben. Die schlechten rationalisieren sich selber weg."
Vorsicht mit Rückschlüssen
Jedoch: Wer im Internet auf ein schlechtes Teilergebnis einer Klinik stößt, muss daraus keine Rückschlüsse auf schlechte Qualität im gesamten Krankenhaus ziehen. Umgekehrt sind gute Ergebnisse bei einer oder mehreren Kennzahlen nicht zwangsläufig eine Garantie für hohe Behandlungsqualität - aber ein Hinweis auf Erfahrung oder die gute Organisation der internen Abläufe.
Die Internetrecherche funktioniert übrigens ganz einfach: Man startet die Suche für ein geeignetes Krankenhaus über das Formular auf der Startseite der Weissen Liste. Diagnosen- und Facharztdolmetscher helfen bei der Eingabe. Das Ergebnis ist nach der Entfernung zur eingegebenen Postleitzahl sortiert. "Damit stellen wir eine neutrale Sortierung sicher", sagt Weisse-Liste-Sprecher Thranberend. Auf ein "Ranking", eine Rangfolge der Kliniken, verzichte man bewusst. "Es geht einfach darum, dass der Einzelne das für ihn passende Krankenhaus findet."