Ratsentscheid gegen Bürgerbegehren
Autor: Sebastian Schanz
Bamberg, Donnerstag, 23. August 2018
Die Bamberger werden am Tag der Landtagswahl nicht über die Pläne eines Gewerbegebietes Geisfelder Straße abstimmen - sondern ein paar Wochen später an einem gesonderten Termin. Das hat die Sitzung des Feriensenats des Stadtrates am Donnerstag ergeben.
Die Volksvertreter wollen dem Bürgerbegehren der Initiative "Für den Hauptsmoorwald" (BI) einen eigenen Ratsentscheid entgegenstellen. Die Kampagne der Aktivisten wurde von vielen Stadträten scharf kritisiert.
"Ich halte einen Ratsentscheid für notwendig", stellte Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) klar. "Es geht um eine Kardinalsfrage für die Entwicklung der Stadt." Bamberg sei finanziell in einer schwierigen Lage und leide an einem chronischen Mangel an Gewerbegebieten. Die jetzigen Pläne böten eine "einmalige Chance".
Bei diesem Ratsbegehren sei es allerdings wichtig, so der Oberbürgermeister, die Frage des Polizeistandortes auszuklammern. Mit dem Tännig-Gebiet an der B22 gebe es ein konkretes Alternativangebot der Stadt - er erwarte von der Polizei eine definitive Antwort bei einem Treffen Anfang September. Gleich danach wolle er sich mit der BI zusammensetzen. "Der Polizeistandort ist der Dreh- und Angelpunkt", sagte Starke. Erst danach werde man über das Profil eines Ratsentscheides zum Gewerbegebiet entscheiden können.
Starke versicherte: "Dies würde bedeuten, dass die Bürger dieser Stadt den Hauptsmoorwald eins zu eins weiter so nutzen können, wie bisher." Denn falle der Polizeistandort weg, gehe es nur noch um die Frage, wie das Muna-Gelände genutzt werde, das ohnehin nicht betreten werden darf. Der OB sah darin einen "echten Kompromissvorschlag".
Zustimmung erhielt er von nahezu allen Fraktionen. Lediglich Ursula Sowa (GAL) hielt es für "bedauerlich", dass der Ratsentscheid und das Bürgerbegehren nicht zusammen mit der Landtagswahl möglich sein sollen. "Ich sehe eine erfolgreiche Entwicklung", sagte Sowa, sprach der BI großes Lob aus und nahm die Aktivisten in Schutz. "Der Initiative Vorwürfe zu machen, ist unfair."
Denn aus den Reihen der Volksvertreter prasselte erhebliche Kritik auf die Bürgerinitiative und namentlich auch auf Sowa selbst ein. Der Kernvorwurf: Die BI habe dem Bürger fälschlicherweise suggeriert, der Stadtrat wolle den Hauptsmoorwald abholzen. Am schärfsten fiel die Attacke von CSU-Fraktionssprecher Helmut Müller aus: "In meiner jahrzehntelangen politischen Tätigkeit habe ich keine so schwerwiegende politische Falschmünzerei erlebt", schimpfte er und warf der Initiative "unlauteren, infamen Stimmenfang" vor, indem bewusst Wahrheiten verfälscht worden seien. In der "verzögerten Einreichung der Unterschriften" sah er "falsches Spiel". Sowa und ihre Partei betrieben Wahlkampf auf Kosten der Entwicklung der Stadt.
Deutlich wurde auch SPD-Fraktionssprecher Heinz Kuntke: Von der Abholzung des Hauptsmoorwaldes zu sprechen, sei eine "Sauerei" und gleiche "Argumenten der Populisten". Kuntke erklärte: "Wir sind für den Erhalt des Haupts-moorwaldes." Es gehe nicht um das Naherholungsgebiet, sondern um die ehemalige Munitionsanstalt Muna - nicht zugänglich für die Bürger. Ziel sei ein "grüner Gewerbepark": keine Logistik-Riesen, sondern Start-up-Unternehmen. Der Ratsentscheid dafür müsse solide ausgearbeitet werden. "Für mich ist es eine Frechheit, zu fordern, das müsse im Feriensenat behandelt werden." Auch Zweiter Bürgermeister Christian Lange (CSU) erklärte, der demokratische Respekt fordere es, das Thema in einer Vollsitzung des Stadtrates zu behandeln und nicht im ausgedünnten Feriensenat.