Rathaus-Rückkehr, die Zweite
Autor: Anette Schreiber
Hallstadt, Sonntag, 04. Dezember 2016
Vor Jahren zog Hallstadts Stadtverwaltung aus einem sanierten Rathaus ins Bürgerhaus-Provisorium. Nach einer neuerlichen Renovierung geht's wieder zurück.
Die Verwaltung im Bürgerhaus sitzt auf gepackten Koffern, bildlich gesehen. Die knapp 30 städtischen Angestellten sind auf dem Sprung ins Rathaus. Vor sieben Jahren war die Belegschaft von dort ins benachbarte Bürgerhaus umgezogen, das seitdem als provisorischer Verwaltungssitz gedient hat. Jetzt kehrt man also nach der 2002 abgeschlossenen, vier Millionen Euro teueren Sanierung, ins erneut sanierte Rathaus zurück. Das bislang letzte Kapitel einer schier unglaublichen Geschichte.
Parallel arbeiten
Ende letzter Woche und Anfang dieser Woche wird sozusagen parallel gearbeitet: Die Verwaltung erledigt im Bürgerhaus alle anfallenden Amtsgeschäfte. Nur ein paar Meter weiter auf der gegenüberliegenden Straßenseite befindet sich eine Vielzahl von Handwerkern verschiedenster Bereiche im Endspurt: Es wird geschraubt, gebohrt, verbunden, verkleidet, zusammengebaut. Die Restarbeiten am Ende der vor 15 Monaten begonnenen erneuten Sanierung.
Schadstoffe freigesetzt
Denn ein, so Bürgermeister Thomas Söder (CSU), schleichender Wasserschaden hatte nach der um die Jahrtausendwende erfolgten Sanierung in den mit Konservierungsstoffen behandelten Holzbalken Schadstoffe (Chlornaphtaline) frei gesetzt. Weil die Belegschaft zunehmend über gesundheitliche Beschwerden geklagt hatte, war man den Dingen auf den Grund gegangen und aus Sicherheitsgründen ins Bürgerhaus umgesiedelt. Dort sind die Verhältnisse freilich auf nur etwa 300 für Büros nutzbaren Quadratmetern (Rathaus 450) sehr beengt. Es habe eben gedauert, bis Untersuchungen gelaufen, Versicherungsfragen geklärt und die Details der erneuten Sanierung festgelegt waren, lässt Söder dazu weiter wissen.
Neubau angedacht
Vor der erneuten Sanierung des sanierten Rathauses war auch einmal ein kompletter Neubau angedacht worden. Das wäre jedoch um ein Vielfaches teurer gekommen als die nun mit 1,4 Millionen veranschlagte Sanierung. Auch dauerhaft im Bürgerhaus zu bleiben, das ja nicht als Verwaltungssitz konzipiert ist, mache keinen Sinn.
1576 erbaut
Der erneuten Sanierung kann Söder auch Positives abgewinnen. So verfüge das Rathaus nun über einen barrierefreien Zugang mit automatischer Türöffnung, der vom Marktplatz aus zu erreichen ist. Zudem führt ein Treppenlift zum Behinderten-WC. Zur Beseitigung der Schadstoffe wurden Holzdielen und Mineralfasern aus den Böden entfernt, die Holzbalken intensiv gereinigt, Staubteilchen entfernt. Um verbliebene Chlornaphtaline zu entfernen, läuft eine in den Holzbalken integrierte Lüftung. Dank dieser war es auch einfach, das 1576 erbaute Haus mit einer Klimaanlage zu versehen. "Besonders in den oberen Stockwerken war es im Sommer immer sehr heiß."Die seit 2002 verschärften Brandschutzvorgaben erfülle man nun ebenfalls, so Söder weiter. Letztlich habe sich auch auf dem Technik-Sektor seit der letzten Sanierung viel getan, weshalb die Verwaltung nun auf allerneusten Stand komme.
Für die Mitarbeiter bedeute der Umzug aus überaus beengten Arbeitsverhältnissen sozusagen ein echtes Weihnachtsgeschenk. Ab 7. Dezember bis einschließlich 9. Dezember siedelt Abteilung für Abteilung um. Deswegen bleibt die Verwaltung für Publikumsverkehr geschlossen. Für absolute Notfälle ist sie per Handy - 0171/951 7500 - erreichbar.
Böden abschleifen
Freilich haben auch sieben Jahre Provisorium im Bürgerhaus Spuren hinterlassen. So müssen etwa die Parkettböden abgeschliffen werden. Dann kann der seinerseits im Georgenhof provisorisch untergebrachte Musikverein wieder im Bürgerhaus proben. Und auch der Stadtrat wird wieder in seinem Saal unter dem Bürgerhausdach tagen. "Die Hallstadter verfolgen das ganze Geschehen rund um Rathaus und Bürgerhaus mit großem Interesse", steht für Söder fest. Seinerseits wird er erstmals im Rathaus Quartier beziehen. Falls jemandem an der frisch gestrichenen Fassade der naturbelassene untere Sandsteinbereich auffällt: Er wird erst erneuert wenn auch an der Lichtenfelser Straße gebaut wird, "sonst müssten wir zweimal ran."
Kommentar: Das Erbe
Für über zehn Millionen Mark hätte man vor der Jahrtausendwende wohl schon ein veritables Rathaus hinstellen können. Vielleicht nicht gleich in Kirchennähe und direkt am Marktplatz, aber sicherlich irgendwo zentral. Da, wo jetzt der Bürgerpark oder das neue Wohnquartier entstehen sollen vielleicht.Wenn man nun noch die Millionen fürs Bürgerhaus hinzurechnet, das ja zuallererst einmal als Rathausersatz gedacht war, wäre sogar ein richtiger Vorzeigebau möglich gewesen.
Nur ein Planspiel
Dieses Szenario lässt sich freilich im Nachhinein leicht bemühen. Vieles war vor Jahren im Hallstadter Stadtzentrum nicht einmal ansatzweise denkbar und die genannte Vision kann für die Retrospektive daher nicht mehr als ein Planspiel sein. Dennoch: Ob die Hallstadter Stadverwaltung auf Dauer in einem nun zwar noch einmal schön sanierten, aber immer noch alten, nicht erweiterungsfähigen und obendrein aufzuglosen Bau glücklich wird, mag dahin gestellt bleiben. Auch für Sitzungen wird sich der Stadtrat weiterhin andernorts zusammenfinden müssen.
Kein zweiter Fluchtweg
Den Brandfall trotz modernsten Konzepts mag man sich nicht einmal ansatzweise vorstellen, weil es auch jetzt immer noch keinen zweiten Fluchtweg gibt. Freilich das "Problem" Rathaus ist keines, das der jetzige Stadtrat und der jetzige Bürgermeister zu verantworten hätten, vielmehr handelt es sich um einen weitergereichten Problemfall. Nach den vielen Rathausturbulenzen fragt man sich nun, welche Generation einmal den wirklich großen Wurf wagt. Vorausgesetzt, die Stadtkasse lässt das dann noch zu. Andererseits: Wäre ein neues Rathaus gebaut, stünden mittlerweile wohl auch erste Erneuerungen an...