Druckartikel: Radweg in Bamberg ist nur noch ein Angebot

Radweg in Bamberg ist nur noch ein Angebot


Autor: Jutta Behr-Groh

Bamberg, Dienstag, 03. Dezember 2013

In der Langen Straße und in einigen weiteren Verkehrsadern Bambergs hat die Stadt die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben. Grundlage ist eine Änderung im Straßenverkehrsrecht von 1997.
Dieses Schild am Anfang der Langen Straße besagt, dass die Benutzungspflicht für den Radweg nicht mehr gilt.  Foto: Barbara Herbst


Entweder wird das Schild nicht wahrgenommen, oder die Radfahrer trauen sich nicht - mit Autos und Bussen gemeinsam die Lange Straße in Fahrtrichtung zu benützen. Kaum jemand radelt zwischen Schönleins- und Markusplatz im fließenden Verkehr mit, obwohl man es ganz offiziell dürfte: Die Verkehrsbehörde der Stadt hat vor Wochen die so genannte Radwegebenutzungspflicht in einem Teil des innerstädtischen Rings und außerdem an der Siechenstraße und an der Zollnerstraße aufgehoben.
Diese Radwege seien jetzt nur noch ein Angebot, ihre Nutzung kein Muss mehr, erklärt Dagmar Spangenberg, die im Stadtplanungsamt für den Radverkehr zuständig ist.

Umsetzung Stück für Stück

Laut Claus Reinhardt, Sprecher des Baureferats, hebt die Kommune seit einiger Zeit schrittweise die Radwegebenutzungspflicht auf.

Sie setzt damit eine inzwischen 16 Jahre alte Änderung im Straßenverkehrsrecht um.

Experten seien sich einig, dass Radfahrer sicherer unterwegs sind und besser von den anderen Verkehrsteilnehmern wahrgenommen würden, wenn sie den selben Straßenraum nützen wie die Autofahrer. Deshalb seien in der Vergangenheit an etlichen Radwegen schon die runden blauen Schilder entfernt worden, die die Benützung eines Radwegs vorschreiben.

Vor Jahren sei dies in der Friedrichstraße und Nürnberger Straße erfolgt, später unter anderem in Hallstadter Straße, Zeppelinstraße, Coburger Straße, Pödeldorfer Straße, Heinrichsdamm, Galgenfuhr und Moosstraße. Den Standpunkt der Verwaltung fasst Reinhardt so zusammen: "Überall dort, wo es sinnvoll und möglich ist, soll der Radverkehr auf der Straße neben dem Autoverkehr mitfließen."

Das ist grundsätzlich zwar im Sinn des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC). Dieser macht sich bundesweit seit langem für das Ende der Radwegebenutzungspflicht stark. Doch statt Lob erntet die Stadt vom Sprecher des Ortsvorstandes, Michael Schilling, vor allem Kritik. Viel zu zögerlich setze sie geltendes Recht um, beklagt er.

Nach seinen Worten gibt es in Bamberg "immer noch viel zu viele bauliche Radwege, die nicht die verwaltungsrechtlichen Vorgaben erfüllen und trotzdem benutzungspflichtig sind". Als Beispiel verweist er auf den Regensburger Ring, wo der Radweg noch dazu im Gegenverkehr funktionieren soll.

Ginge es nach dem Bamberger ADFC, der in Stadt und Landkreis aktuell 452 Mitglieder hat, dann sollte in der Stadt das Pedalieren grundsätzlich auf der Fahrbahn erlaubt sein. Schilling verweist auf die geltende Rechtsprechung, wonach es nur in besonderen Gefahrenlagen eine Benutzungspflicht für Straßen begleitende Radwege geben darf.
Solche Gefahren sieht der ADFC entlang von "Strecken mit hoher Geschwindigkeitsdifferenz" wie etwa Berliner Ring oder Münchener Ring. Bei allen anderen Radwegen "soll der Radfahrer selbst entscheiden dürfen, wo er fahren will".

Selbst wenn die Verwaltung dies wollte, geht es laut Spangenberg nicht von heute auf morgen. Mit dem Entfernen des blauen runden Radwege-Schildes sei dem Gesetz nicht Genüge geleistet. Es müssten vor allem auch die "Räumzeiten" der Ampeln angepasst werden.

Damit ist im Jargon der Verkehrsplaner die Zeit gemeint, die die langsamsten Verkehrsteilnehmer benötigen, um eine Kreuzung zu passieren. Abhängig vom Alter der Steuergeräte für die Lichtzeichenanlagen kann das Programmieren laut Spangenberg ziemlich aufwändig sein. Und weil die Busbeschleunigung auch noch hineinspielt sei "das alles sehr kompliziert".

Deshalb wird es nach ihren Worten auch dauern, bis die Verwaltung ihr nächstes "großes Projekt" zur Aufhebung der Radwegbenutzungspflicht im Straßenzug Feldkirchen-/Kloster-Banz-/Kloster-Langheim-Straße realisieren kann.
Dass sie dort fällt, ist angeblich entschieden. Die Umsetzung wird gleichwohl auf sich warten lassen, weil es entlang dieser Nord-Süd-Verbindung zwischen Memmelsdorfer Straße und Moosstraße etliche Lichtzeichenanlagen gibt, die neu eingestellt werden müssen.

Mit der noch nicht angepassten Ampelschaltung erklärt Spangenberg auch, warum Radfahrer in der Zollner-Unterführung plötzlich wieder auf den Gehsteig verbannt werden, während sie ansonsten in der Zollnerstraße zwischen Fahrbahn und Radweg wählen können.
Der ADFC kritisiert diese behördliche Entscheidung als gefährlich: Sie zwinge Radfahrer auf einen viel zu schmalen Gehweg. Schilling erinnert an einen Unfall, bei dem vor Jahren in der Unterführung ein Radfahrer ums Leben kam, der vorschriftsmäßig den Radweg benutzt habe.

Weiße Schilder informieren

Wo jüngst die Radwegbenutzungspflicht aufgehoben wurde, stehen bis auf Weiteres rechteckige weiße Schilder mit der Botschaft "Radfahren auf der Fahrbahn erlaubt". Sie richtet sich in erster Linie an Autofahrer, heißt es im Baureferat. Die motorisierten Verkehrsteilnehmer müssten wissen, dass sie in diesen Abschnitten jetzt verstärkt mit Radfahrern auf der Fahrbahn rechnen müssen.

Bislang sieht man kaum welche auf der Straße. Was Schilling nicht wundert. Nach seinen Erfahrungen kennen viele Verkehrsteilnehmer die geltende Rechtslage nicht, darunter auch Linienbusfahrer, Fahrlehrer und Polizeibeamte, die Profis in puncto Straßenverkehr sein sollten.
Radfahrer würden häufig noch auf Wege verwiesen, für die keine Benutzungspflicht mehr besteht. Das geschieht laut ADFC durch Hupen, Gestikulieren und Rufe, "teilweise sogar durch Drängeln, Schneiden oder Ausbremsen".
Lade TED
 
Ted wird geladen, bitte warten...