Punk-Beben in Bamberg: "Feine Sahne Fischfilet" in der Brose Arena
Autor: Ralf Kestel
Bamberg, Sonntag, 29. Dezember 2019
Etwa 8000 Fans aus ganz Deutschland feiern mit Pogo, linker Überzeugung, viel Bier und illegaler Pyro-Technik mit der Punkband in der Bamberger Brose Arena.
Hoffentlich steht sie noch, die Brose Arena, wo am Montag (29. Dezember 2019) ein Basketball-Schlager auf dem Programm steht. Denn den Abriss hatten sich am Samstag eine Band und deren geschätzt 8000 Anhänger zum Ziel gesetzt. Die Polit-Punkband "Feine Sahne Fischfilet" aus Mecklenburg-Vorpommern versetzte zum Abschluss ihrer ausgiebigen Deutschlandtour und vor einer längeren schöpferischen Pause die Massen und die Sicherheitskräfte in helle Aufregung. Aus ganz Deutschland waren die Fans nach Bamberg geströmt.
Feine Sahne Fischfilet in der Brose Arena: Taxis fahren Sonderschichten
Zum Beispiel besuchte ein 16-jähriger Junge aus Halle/Saale gemeinsam mit seinen Eltern Bamberg für einen Wochenende. Auch zwei Jungs aus dem Sauerland gingen für "eine Sause und den Verlust der Muttersprache" auf das Konzert. Bambergs Taxi-Innung fuhr Sonderschichten zwischen dem Bahnhof und der Gereuth, um die Heerscharen aus Sachsen, Hessen, Rheinland-Pfalz, Thüringen, Mecklenburg-Vorpommern an den Ort ihrer Begierde zu bringen.
Da hatten die "Kerwasfreunde Rentweinsdorf" schon eine einfachere Anreise. Was klingt wie ein exotisches Gourmet-Menu mit Fischfilet birgt eine brisante Mischung samt Erfolgsrezept: Die sechsköpfige Combo, die sich bereits seit Schultagen kennt, stieg in den vergangenen zwei Jahren in die Phalanx der deutschsprachigen Top-Bands auf.
Getragen und gepusht von so manchen Negativ-Schlagzeilen und der Überwachung durch den Verfassungsschutz, was den jungen Burschen aus Halle sehr ärgert, weil "die Rechtsrocker in diesem Staat machen können, was sie wollen", wie er sagt.
"Kein Bock auf Nazis" - aber auf saufen
Seine Überzeugung vereint ihn mit dem Rest der Besucher. Ihre Gesinnung tragen sie auf meist schwarzen T-Shirts zur Schau: "Fight Fascism" oder "Kein Bock auf Nazis" steht da zu lesen. Aber auch: "Keiner muss Bulle sein" oder "Keiner muss nüchtern bleiben". Da wird aus manch einem Bänker ein Punker: Einige ansonsten spießige Zeitgenossen legten Sakko und Krawatte ab und schlüpften in eine neue Freizeit-Haut.
Ein weiterer gemeinsamer Faktor neben der kollektiven Ablehnung rechtsextremer und nationalistischer Tendenzen: das Saufen. Bier fließt in Strömen, am Ausschank kommen die Mitarbeiter kaum nach - trotz gehobener Preise. Die Hallenbetreiber schöpfen mit ab. Acht Euro für eine Weinschorle lassen schon Assoziationen an einen Gourmettempel aufkommen. Der Song "Ich mag kein Alkohol" klingt wie blanker Hohn, wozu Sänger "Monchi" Gorkow die frenetische Menge zu brachialen und heftigen Klängen mit Bier begießt.
Massenweise Pyrotechnik in der Brose Arena
Die Arena ist an diesem Abend kein Musen-Tempel, mehr eine Mischung aus Musik-Tempel und Antifa-Parteitag, wobei die Versuche "diese scheiß Basketball-Halle abzufackeln" (so die beiden Rapper aus Rockstock im Vorprogramm), nicht einzudämmen sind.