Eiskalten Rechtsbruch werfen die Michelin-Mitarbeiter der Konzernspitze in Frankreich vor. Bei einer Kundgebung protestierten fast 700 Menschen gegen die Schließung.
Eine Glocke kann hoffnungsvoll klingen - oder auch unheilvoll. So oder so war die Symbolkraft unüberhörbar, als am Freitag die Glocke der katholischen Betriebsseelsorge vor der Michelinfabrik in Hallstadt leutete, in der 2021 die Lichter ausgehen sollen. Auf dass es keine Totenglocke sei, stimmten nach jedem Schlag fast 700 Mitarbeiter ein Konzert der Trillerpfeifen an. Sie wollen das Werk - ihr Werk - nicht aufgeben.
"Viele haben berichtet, dass sie noch immer stolze Michelin-Mitarbeiter sind, manche seit ihrem ersten Arbeitstag, manche seit 40 Jahren, ganze Familien arbeiten hier", berichtete der Betriebsratsvorsitzende Josef Morgenroth. Und wieder schlug die Glocke.
Wie zum Trotz leisten die Mitarbeiter ihre Arbeit. Die Moral sei nach wie vor bemerkenswert hoch, die Krankenziffer nicht explosionsartig gestiegen, die Produktion vorbildlich, wie Morgenroth berichtete.
Unterstützt von der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie und solidarischen Boschlern sowie der IG Metall formulierten die Beschäftigten ihre Forderungen an die Konzernzentrale in Frankreich, von der sie sich verraten fühlen.
Die Rücknahme der Schließung zum 31. Januar 2021, die Standortgarantie des Werks bis Ende 2022, die Einhaltung des Tarifvertrages: Diese drei Punkte riefen die Redner nicht nur ins Mikrofon. Sie stehen auch auf Protestkarten, die in den kommenden Tagen massenhaft per Post nach Clermont-Ferrand gehen sollen - an die Chefetage.
Michelin antwortet ausweichend
"Für mich ist das ein eiskalter Rechtsbruch des Michelin-Konzerns", bewertete Bambergs Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) die Situation, der zusammen mit Landrat Johann Kalb (CSU) und Hallstadts Bürgermeister Thomas Söder (CSU) Solidarität demonstrierte. Einen Rechtsbruch sieht auch der Betriebsrat. Der Tarifvertrag erlaube kein Ende im Jahr 2021.
Michelin reagierte ausweichend auf die Kritik: "Der Vertrag ist und bleibt weiterhin absolut notwendig, um die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Michelin-Standorte zu stärken", antwortet eine Unternehmenssprecherin und verweist auf einen "hart umkämpften" Markt. "Momentan ist es unser oberstes Ziel, gemeinsam mit den Sozialpartnern Lösungen zu finden: Zum einen möchten wir unsere Mitarbeiter aus Hallstadt in der aktuellen Lage unterstützen und begleiten. Zum anderen ist es unser Ziel, unsere anderen deutschen Werke bestmöglich in ihrer Wettbewerbsfähigkeit zu stärken, damit sie zukunftsfähig bleiben." Zu juristischen Details wolle man sich nicht äußern. Man sei verhandlungsbereit.
Die Aktionen der Mitarbeiter sind aller Ehren wert, jedoch müssen sich die Leute im Klaren sein, dass die Typen um Menegaux diese Entscheidung nicht mehr rückgängig machen. Klar, die Hoffnung stirbt zum zuletzt, aber Aktionen dieser Art werden nicht zur Umstimmung führen. Diesen Managern interessiert nicht, dass 800 - 900 Mitarbeiter den Job verlieren. Es interessieren nur Produktivität und Prämien, dafür nimmt man unter Umständen sogar Rechtsbruch in kauf. Mit der Bekanntgabe der Schließung wurde ein lange im Hintergrund geplanter und beschlossener Prozess öffentlich gemacht und nimmt seinen Lauf, nächste "milestones" in diesem akribisch geplanten Prozess folgen. Jede(r) Mitarbeiter(in) sollte sich darauf einstellen und überlegen ....... Verzeihung für die aus meiner Erfahrung realistische Einschätzung der Dinge.
Ja, genauso ist es leider. Sobald man dem Mitarbeiter den sogenannten "Change" verkündet, steht der Kurs schon unabänderlich fest. Die zuständigen Führungskräfte wurden schon weit im Vorfeld in "Change Workshops" darauf vorbereitet und übten die unnachgiebige, pseudo-empathische Kommunikation. Immer die gleichen zwei oder drei argumentativen Phrasen, die keine Widerrede zulassen und im Kern mantraartig wiederholt werden. Das ist aber, wenn man halbwegs normal tickt, eine verdammt unangenehme Drecksarbeit. Die Chief Officers und die Banken sind davon latürnich unberührt.