Protest an der Uni Bamberg: Einsatz für mehr Mitbestimmung
Autor: Sebastian Martin
Bamberg, Mittwoch, 24. Juni 2015
In der Bamberger Innenstadt steht derzeit ein Aktionscamp von Studierenden, die mehr Mitsprache an der Universität fordern. Sie müssen auch um die Unterstützung aus den eigenen Reihen kämpfen. Denn wählen geht kaum einer.
Die Gründe für das Desinteresse zu finden, ist schwierig. Seit Jahren liegt die Wahlbeteiligung an der Universität Bamberg auf geringem Niveau. Im vergangenen Jahr gingen gerade mal elf Prozent der Studierenden zur Wahlurne. Die Zahlen liegen seit Jahren konstant niedrig, das ist allerdings in ganz Bayern so. Auch bei der Hochschulwahl in dieser Woche ist nicht zu erwarten, dass die Wahlbeteiligung signifikant zugenommen hat. Die Ergebnisse liegen zwar noch nicht vor, doch sind ähnliche Tendenzen zu erkennen, heißt es von der Universitätsverwaltung.
Hochschulpolitik scheint nur wenige Studenten zu interessieren. Dabei geht es um das Mitbestimmungsrecht an der Universität. Um die Einflussnahme auf die Qualität der Lehre etwa.
Flugblätter mit Forderungen
Einer, der sich für mehr Mitsprache einsetzt, ist Thomas Bollwein. Er vertritt das Referat für Hochschulpolitik und damit die Studierenden. Vom geringen Interesse weiß auch er zu berichten. Zu den Vollversammlungen kommen von den mehr als 13 000 Studenten der Universität gerade mal 50 bis 100, erzählt der 23-Jährige. Das sei ernüchternd.
Bollwein will das ändern. Mit gelben Flugblättern steht er an der Universität 5, wo er und andere Studierendenvertreter in dieser Woche ein Aktionscamp aufgebaut haben. "Lernfabriken... meutern" heißt das Motto der Kampagne. Bollwein und seine Mitstreiter bemängeln, dass die studentische Selbstbestimmung vor allem an bayerischen Hochschulen zu kurz kommt. Was dazu führe, dass die Hochschule von der Universitätsleitung mehr als Unternehmen geführt werde. Gelder für die Lehre im Bereich Geistes- , Sozial- und Kulturwissenschaften würden gekürzt. "Wir haben keinen Einblick in die Finanzen der Universität, es wäre schön, wenn wir frühzeitig informiert würden, wo was hineinfließt", sagt Bollwein.
Ein Punkt auf dem Flugblatt fordert eine paritätische Mitbestimmung in den Universitätsgremien. Die Studierenden seien hier deutlich in Unterzahl. Vor allem im Senat, in dem die wichtigsten Entscheidungen an der Hochschule getroffen werden. Nur zwei Studenten sieht das bayerische Hochschulgesetz in dem elfköpfigen Gremium vor. Bei wichtigen Entscheidungen würden die studentischen Vertreter jedoch einfach überstimmt, sagt Bollwein. Das solle sich aus seiner Sicht am besten ändern.
Wahrscheinlich wird es damit schwierig, jemanden an die Wahlurne zu locken. Doch auf dem Flyer steht auch noch Konkreteres: Die Anwesenheitspflicht in Seminaren und Vorlesungen soll abgeschafft werden. Sie nehme den Studierenden das Recht, darüber selbst zu entscheiden, ob sie eine Veranstaltung besuchen wollen oder nicht. Ohne die Verpflichtung seien doch volle Seminare eine Bestätigung für die Dozenten, findet Bollwein.
Mehr Rückhalt gewünscht
Ganz unten auf dem gelben Zettel steht noch eine Aufforderung: "Was könnt ihr tun? Durch Wählen die politischen Verhältnisse ändern." So lange nur wenige wählen gehen, glaubt auch der Politikstudent, dass das Machtpotenzial der Studierendenvertretungen gegenüber der Universitätsleitung gering ist. "Die Frage ist, wie ernst nimmt man uns?" Auch die jüngsten Hochschulwahlen werden den Zweifel wohl nicht beseitigen.
Selbst die Universitätsleitung lässt durchblicken, dass sie sich mehr Rückhalt wünschen würde für die engagierten Studierenden. Um die seit Jahren niedrige Wahlbeteiligung zu erhöhen, habe man in der Vergangenheit den Wahlzeitraum von einem auf zwei Tage verlängert, erklärt Uni-Kanzlerin Dagmar Steuer-Flieser. Das Ergebnis: "Trotz einer Erhöhung auf zwei Tage blieb der erhoffte und gewünschte Erfolg, nämlich eine größere Beteiligung von studentischer Seite, aus." In diesem Jahr habe man die Wahlzeit wieder auf einen Tag verkürzt. Doch sei man ihnen anderweitig entgegengekommen: "Die Anzahl der Wahllokale wurde erhöht, die Studierenden hatten dieses Mal noch mehr Anlaufstellen als üblich, um ihre Stimme abzugeben."
Thomas Bollwein findet, dass die Verkürzung des Wahlzeitraums auf einen Tag trotzdem das falsche Signal ist: "Eine Woche wäre gut, dann hätte jeder genug Zeit, um zur Wahl zu gehen."
Nun fürchtet er, dass man die Hochschulwahlen bald für unwichtig erklären könnte. Dagegen macht Kathrin Wimmer von der Pressestelle der Universität deutlich: "Dass wir dieses demokratische Element wünschen, ist keine Frage!"