Presse-Rauswurf: Konferenz über Steigerwald von Misstönen begleitet
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Montag, 26. Oktober 2015
Umweltministerin Ulrike Scharf (CSU) will einen Kompromiss zwischen den unversöhnlich gegenüberstehenden Gruppen im Steigerwald herbeiführen. Doch es ist fraglich, ob das gelingt. Kritik bei Mandatsträgern löste im Vorfeld der restriktive Umgang mit der Presse aus.
Ein Bild, das man kennt: Bei allen Themen rund um den Steigerwald kommt es zu Doppeldemonstrationen. Glühende Anhänger eines Nationalparks stehen unversöhnlichen Gegnern gegenüber. Das war auch dieses Mal so, als am Montag das Bayerische Umweltministerium rund 80 Mandatsträger und Vertreter der Region in das Bamberger Landratsamt einlud. Neu war: Die Zahl der Demonstranten, die etwa bei 150 gelegen haben dürfte, teilte sich in etwa zwei gleichmäßige Hälften. Zumindest die Polizei schätzte die Zahl der im jeweiligen Lager befindlichen Demonstranten als in etwa gleich groß ein.
Neu war auch: Die Art der Einladung ohne Teilnehmerliste weckte schon im Vorfeld Kritik. So war der Bezirkstagspräsident Günther Denzler (CSU), gewissermaßen geistiger Urheber der Nationalpark-Debatte, wohl absichtlich nicht eingeladen - ein Affront, wie Denzler im Vorfeld meinte. Der Bezirkstagspräsident ließ sich den Platzverweis aber nicht gefallen und kam trotzdem. Seine Hoffnung: "Wir haben im Großen Sitzungssaal damals beschlossen, die Chancen zu nutzen, die dem Steigerwald durch eine Weltnaturerbe-Bewerbung erwachsen könnte. Ich würde mich nun freuen, wenn wir heute am gleichen Ort in diesem Sinne fortfahren können." Die Chancen, dass der Steigerwald Weltkulturerbe werden könnte, wie es zuletzt wieder im Gespräch war, schätzt Denzler gering ein: "Das bauliche Erbe der Zisterzienser ist bereits an anderer Stelle als Weltkulturerbetitel vergeben."
Harsche Kritik kam auch vom Ebracher Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD): "Diese ganze Veranstaltung ist eine Alibiveranstaltung. Höchst undemokratisch wird hier aus einem riesigen Teilnehmerkreis die Presse ausgeschlossen. Man kann sich ausmalen, warum."
In der Tat war die Veranstaltung nicht öffentlich, Presse nicht nur nicht eingeladen, sondern auch nicht erwünscht. Medienvertreter der Nürnberger Nachrichten und der Mediengruppe Oberfranken, die der mit Spannung erwarteten Vorstellung zweier Gutachten zu den Welterbechancen des Steigerwalds persönlich beiwohnen wollten, wurden des Saales verwiesen. Nun sollen die Ergebnisse gegen 13 Uhr in einer Pressekonferenz von der Umweltministerin verkündet werden. Weil der Bund Naturschutz dabei nicht vertreten ist, will er eine eigene Pressekonferenz im Anschluss geben.
Die Fronten zwischen den Gegnern und Befürwortern von Weltnaturerbe und Nationalpark sind nach wie vor unversöhnlich: "Wir wollen kein Weltnaturerbe, weil es unweigerlich mit einem Großschutzgebiet verbunden wäre", sagte Oskar Ebert vom Verein "Unser Steigerwald" vor den etwa 70 mit Transparenten und Plakaten bewaffneten Anhängern einer Regionalentwicklung auf Naturparkbasis. Eine Einschränkung für große Schutzgebiete lehnen sich vor allem aus wirtschaftlichen Gründen kategorisch ab.
Zu ihnen gehören etwa die beiden Waldbesitzerinnen Astrid Müller und Doris Hornung aus Rauhenebrach. Sie haben die Befürchtung, dass ein Schutzgebiet im Staatswald mittelbar auch ihre Wälder betreffen und negativ beeinflussen könnte. Ein Betretungsverbot fürchten Maria Zehner aus Untersteinbach ebenso wie den möglicherweise entstehenden Holzmangel "Wir heizen mit Holz und brauchen das Holz." Den Gegnern werfen sie vor, zum Großteil nicht aus dem Steigerwald zu kommen.
Das bestreitet Benedikt Schmitt vom Verein Nationalpark Norsteigerwald. Von den mittlerweile über 1000 Mitgliedern des Nationalparkvereins stammten 90 bis 95 Prozent aus der Region, sagt Schmitt. Auch er glaubt nicht an die Ankündigung der Staatsministerin "Brücken bauen zu wollen". "Das ist alles nur ein Ablenkungsmanöver, um mehr Naturschutz zu verhindern. Wir wissen aus Unesco-Kreisen, dass der Steigerwald für eine Weltkulturerbebewerbung nicht die geringste Chance hat."
Schmitt und viele seiner Mitstreiter treiben vor allem die abwärtsgerichtete wirtschaftliche Entwicklung in der abgelegenen Steigerwald-Region an. Die Zahl der Arbeitsplätze sinke, die Menschen müssten zwangsweise in die Zentren der Region pendeln. "Ich habe früher CSU gewählt, aber jetzt muss ich erkennen, wie die CSU zusieht, dass es in unserer Region bergab geht", sagt ein Befürworter eines Nationalparks der Ministerin Scharf bei ihrem Rundgang vor der Veranstaltung. Auch Benedikt Schmitt fordert, nicht auf halbem Wege stehenzubleiben: "Wir haben einen Baumwipfelpfad und ein Nachhaltigkeitszentrum. Aber was wird das langfristig bringen - ohne ein echtes wirkliches Markenzeichen?"
Kurze Zeit später beginnt die Regionalkonferenz. Die Teilnehmerzahl ist hoch, alle Plätze sind besetzt. Auch der Bamberger Oberbürgermeister Andreas Starke (SPD) plädiert für ein Weltnaturerbe. Seiner Meinung nach wäre es eine höchst attraktive Ergänzung für die Region, wenn neben dem Weltkulturerbe Bamberg und Würzburg ein Titel für die Natur dazukäme. Die ökonomischen Nachteile schätzt er dagegen für gering ein, wiewohl die Stadt Bamberg bei Tretzendorf selbst stattliche Wälder besitzt. "Ich sehe keinen Grund, es nicht zu tun."