Pfandkisten in der Bamberger Innenstadt
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Freitag, 18. Oktober 2013
Plötzlich sind sie aufgetaucht: Pfandkisten, die an Schildern in der Innenstadt befestigt sind. Wer wohl dahinter steckt?
Viele Passanten haben erst mal ein Fragezeichen in den Augen, wenn sie vorbei huschen. Ein kurzer Blick - was sollen diese weißen Kisten da? Wer stehen bleibt und liest, erfährt: Aha, irgendwas mit Pfand also. Auf dem Aufkleber steht erklärt, dass man seine leeren Pfandflaschen in die Kiste stellen soll. Warum?
"Die Idee ist: Wer eine leere Pfandflasche dabei hat, stellt sie in den Kasten. Pfandsammler, die in der Stadt unterwegs sind, nehmen sich die Flaschen heraus und geben sie ab." Das erklärt Rochus Münzel, hauptamtlicher Mitarbeiter vom Bamberger Freiwilligenzentrum Carithek.
Die Initiative zu den Pfandkisten geht auf Freiwillige der Carithek zurück, genauer gesagt: Theresa Gerhard. Die 24-Jährige hat Ende August ein Praktikum im Freiwilligenzentrum gemacht und ist währenddessen auf die bundesweite Aktion "Pfand gehört daneben" gestoßen.
"Für die einen sind 8, 15 oder 25 Cent so wenig, dass sie es sich leisten können, ihre Dosen und Pfandflaschen in den Müll zu werfen - für die anderen ist das Pfand so wertvoll, dass sie es dafür auf sich nehmen, im Müll zu wühlen. Und das ist nicht nur demütigend, sondern auch gefährlich", heißt auf der Internetseite der Initiative. Auch Theresa Gerhard findet: "Den Müll zu durchsuchen, das ist erniedrigend, gerade für die Ärmsten."
Allerdings: Wenn Pfandflaschen einfach neben dem Mülleimer abgestellt werden, sind umgefallende Flaschen und Scherben wohl vorprogrammiert. Darüber stolpern soll natürlich niemand.
Deswegen hieß es für Theresa Gerhard und ihre zwei freiwilligen Mitstreiter: Heimwerker-Qualitäten beweisen und Getränkekisten bearbeiten, um sie später aufzuhängen. "Es war allerdings ein Problem, überhaupt an leere Kisten zu kommen. Die meisten Händler brauchen sie für ihre Flaschen", sagt die Studentin.
Bauanleitung per Video
Doch schließlich wurde sie fündig, bei einer Getränkefirma, mit der die Carithek den Kontakt hergestellt hat: Das Unternehmen "Lemonaid" produziert Limonade aus fair gehandelten biologischen Rohstoffen und hat bereits in mehreren deutschen Städten leere Kästen für die Pfandflaschen-Aktion zur Verfügung gestellt.
Doch wie kommt die Kiste an den Pfosten? "Im Internet gibt es Videos, wie man die Kiste durchsägen, aufbiegen und zusammenschrauben muss", erklärt Theresa Gebhard. Also haben sich die Studentin und ihre zwei Mitstreiter hingesetzt, gesägt, gebogen, gebastelt - und am 5. Oktober neun Kisten im Bamberger Stadtgebiet aufgehängt.
Es war nicht irgendein Samstag: Die Aktion fiel bewusst auf den ersten "Bamberger Freiwilligentag", der von der Carithek veranstaltet wurde. In deren Räumen haben die drei Helfer die Kisten zuerst vorbereitet und sind dann los gezogen. Etwa 20 Minuten haben die drei Freiwilligen pro Kiste gebraucht. "Das hat Spaß gemacht und schon auch Aufmerksamkeit erregt. Die Leute haben geschaut und manchmal auch gefragt, was wir da machen", erinnert sich Theresa.
Die große Frage für die Studentin und die Mitarbeiter der Carithek war unterdessen: Bleiben die Kisten hängen? "Wir waren nicht sicher, wie die Stadt reagiert", sagt Rochus Münzel. "Die Stadt" findet die Initiative gut, wie Pressesprecherin Ulrike Siebenhaar sagt, zumal es im Grunde dem entspräche, was im Umweltsenat behandelt worden sei.
Bereits im Juli vergangenen Jahres hatte die GAL-Fraktion beantragt, probeweise Pfandkisten ergänzend zu öffentlichen Mülleimern aufzuhängen. Drei Monate später, im Oktober, erklärte sich der Umweltsenat mit einer Probephase eines "Pfandflaschensammelsystems" einverstanden.Was ist daraus geworden?
Stadt hat Pfandringe bestellt
"Wir haben zwei Pfandringe bestellt. So ein Pfandring läuft um den Bauch eines Mülleimers herum und wird genau angepasst", erklärt Ulrike Siebenhaar. "Die Ringe sind in der Optik etwas attraktiver als die Kisten. Aktuell warten wir auf die Lieferung."
Wenn diese eintrifft, sollen die Ringe am Gabelmann und an der Promenade installiert werden, genau angeschmiegt an die jeweiligen Mülleimer. Die Spezialanfertigung hat ihren Preis: 1000 Euro kosten die beiden Ringe die Stadt Bamberg. Für umsonst gab es dagegen zwar die Pfandkisten. Doch auch Theresa Gebhard weiß: "Wir müssen regelmäßig kontrollieren, ob sie noch gerade hängen und halten."
An-halten, das machen immerhin einige Bamberger. Passantin Anna-Lena findet die Pfandsammelinitiative gut. "Nur wäre es drei Monate früher, im Sommer, sinnvoller gewesen, die Kisten aufzuhängen. Ich denke, im Sommer 2014 wird gerade die Kiste an der Unteren Brücke gut gefüllt sein." Davon geht auch Martin aus. " Es dürfen ruhig noch mehr solche Kisten in Bamberg werden. Das ist so eine kleine Idee, mit der man ein bisschen was verbessern kann." - vorausgesetzt, die Kisten werden nicht zweckentfremdet.
"Natürlich kommt auch Kritik, dass sich Leute an den Falschen bedienen können, die das Pfand nicht dringend brauchen", sagt Rochus Münzel von der Carithek. Man sei sich auch bewusst, dass immer wieder auch pfandfreie Flaschen in den Kästen landen, oder sogar Müll. "Ich habe aber auch schon Leute gesehen, die den Müll wieder raus nehmen", sagt Münzel. Sei eine Kiste leer, könne das auch ein Zeichen sein, dass sie genutzt werde.
Das hofft auch Theresa Gebhard. "Es gibt diese Sticker, die zeigen: zwei leere Pfandflaschen sind gleich ein Brötchen."
Information - hier hängen die Kisten:
Eine an der Unteren Brücke, drei in der Oberen Königsstraße (bei Morphclub, Fässla, Carithek), eine in der Luitpoldstraße, eine an der Kettenbrücke (Innenstadtseite), eine am Kranen, eine am ZOB (Ecke Bratwurststand).
