Persönliche "Schätze" in der Landesjustizkasse in Bamberg
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Mittwoch, 20. April 2016
Unsere Serie führt uns heute in die Landesjustizkasse in Bamberg. Dort lagern unter anderem Wertgegenstände, bei denen nicht klar ist, wem sie gehören.
Die Perlenkette ist echt: Vorsichtig lässt Ulrike Wargin, Sachbearbeiterin für Hinterlegung und Wertesachbuch, die großen Perlen aus der Plastiktüte gleiten. Sie glänzen matt im Tageslicht, das schräg durch das Fenster fällt und noch etwas anderes stimmungsvoll präsentiert: Dürer-Schnitte.
Wobei man einschränken muss, dass es sich um "angeblich echte" Dürer-Schnitte handelt, so Wargin. Das Auktionshaus, von dem sie stammen, behauptet zumindest die Echtheit. "Endgültig klären könnte das nur ein Gutachter". Eine Aussage, die auf etliche der Gegenstände zutrifft, die im bestens gesicherten Tresor der Landesjustizkasse lagern.
Doch ein Gutachter kostet Geld. Dabei steht der Wert der hinterlegten Dinge - zumindest für die Behörde - gar nicht unbedingt im Vordergrund.
Da geht es etwa um Bestände aus einem Nachlass, bei dem die Erben noch nicht feststehen. Oder Eheleute streiten sich bei ihrer Scheidung vor Gericht, wem nun das teure Ölgemälde mit dem vergoldeten Rahmen gehört. Bis das Gericht eine Entscheidung fällt, kommt keiner an die teilweise sehr persönlichen "Schätze" heran.
"Bank der Justiz"
Überhaupt geht ohne die bayerischen Amtsgerichte gar nichts. "Wir sind die Bank der Justiz", sagt Peter Hofmann. Abgeben kann man Wertgegenstände nur mit gerichtlicher Anordnung, abholen genauso. Dabei ist die sogenannte Werthinterlegung nur ein Teil der Aufgaben der Kasse.
Grob gesagt übernimmt sie alle Geldgeschäfte der Justiz, außer Gehaltszahlungen und Baumaßnahmen. Da geht es um Ein- und Auszahlungen der Verwaltung oder auch die Einziehung von Gerichtskosten: "Wir beauftragen den Gerichtsvollzieher", so Hofmann. Auch Konten kann die Behörde pfänden, und: Die Gefangenengelder aus den 36 bayerischen Justizvollzugsanstalten gehen ebenfalls bei der Kasse ein. Beispiel: Das Geld, das Insassen während ihrer Arbeitseinsätze im Gefängnis verdienen oder die finanzielle Unterstützung, die zu Weihnachten von Verwandten kommt.
Und neben der Werte- gehört auch die Geldhinterlegung zu den Aufgaben der Behörde, in der etwa 150 Mitarbeiter beschäftigt sind. "In Bayern sind rund 250 Millionen Euro hinterlegt" , sagt Rechtspflegedirektor Peter Hofmann.
Wer jetzt überlegt, den markanten Backsteinbau in der Gärtnerstadt zu überfallen, kann sich das gleich wieder abschminken. Erstens: "Wir haben praktisch kein Bargeld mehr", sagt Hofmann. Und zweitens: Die Gegenstände, die hinterlegt sind, befinden sich in einem gut gesicherten Tresorraum. Außerdem steht eine direkte Leitung vom Haus zur Polizei.
Wenn der Staat übernimmt
Doch was passiert, wenn sich für die Rolex-Uhr kein Besitzer findet? "Nach 30 Jahren übernimmt Vater Staat", sagt Hofmann. Seine Kollegin Ulrike Wargin merkt an: "Ich wundere mich manchmal schon, wenn Geld nicht abgeholt wird" - oder Aktien. Rund die Hälfte der Werthinterlegungen sind Depots. Über 700 verwaltet die Landesjustizkasse, verwahrt sind sie bei der deutschen Bundesbank in Frankfurt am Main.
Auch andere Wertpapiere wie Sparbücher, Urkunden oder KFZ-Briefe befinden sich in Bamberger Obhut.Doch nicht alles wird angenommen: "Einmal wollte jemand ein Motorrad hinterlegen, das ging natürlich nicht", sagt Sachbearbeiterin Wargin. Die Gegenstände müssen "hinterlegungsfähig" sein, also zum Beispiel eine bestimmte Größe haben, damit sie in einen Tresor passen. Und: "Sie dürfen bei uns nicht schlechter werden." Wargin nimmt etwa keine Gemälde an, die bei einer bestimmten Temperatur gelagert werden müssen. Was dagegen schon geht: Gold- und Silberbarren. Diese lagern unter hohen Sicherheitsvorkehrungen im Tresor, genauso wie wertvolle Münzen oder Ölgemälde.
Dass ein solches irgendwann in einer Privatwohnung hängt, ist nicht ausgeschlossen: Läuft die 30-jährige Hinterlegungsfrist ab, werden die Wertgegenstände versteigert - je nach Beschluss über Auktionshäuser oder Versteigerungsplattformen. Obwohl auf diese Weise immer mal wieder etwas den Tresor verlässt - sehr viel leerer wird er nicht. Genaueres bleibt streng geheim.