Paul Lamb blies in Bamberg wie der Teufel
Autor: Rudolf Görtler
Bamberg, Mittwoch, 13. August 2014
Klassischer Harmonika-Blues war am Dienstagabend auf dem Maxplatz zu hören. Paul Lamb zeigte zusammen mit seinen King Snakes, welche musikalischen Möglichkeiten in dem winzigen Instrument stecken.
Ein Saxophon kennt jeder, aber ein Mississippi-Saxophon? Es ist im Allgemeinen nur etwa zehn Zentimeter lang und verschwindet in der Hand des Spielers. Es ist billig und passt in jede Hosentasche. So wurde die Mundharmonika, in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts erfunden, als Blues Harp neben der Gitarre zu dem Instrument des Blues, zunächst folkloristisch unverstärkt, dann in Chicago und anderswo durchs Mikro gejagt und hart rockend. Leider sind die Gelegenheiten rar geworden, Bands mit der Harp als Hauptinstrument live zu hören.
Umso schöner, dass am Dienstag auf dem Maxplatz beim Blues- und Jazzfestival einer der weltweit führenden Virtuosen dieses Instruments mit seiner Band auf der Bühne stand - und die Publikums-Bierbänke gut besetzt waren.
Im Wesentlichen gibt's zwei Arten, die Blues Harp zu blasen (man glaube bloß nicht, das kleine Ding in verschiedenen Tonarten sei einfach zu spielen!): mal im Country-Stil à la Sonny Terry, mal elektrisch "fett", saxophonartig, wie das vor allem Little Walter als Begleiter von Muddy Waters in den 1950ern in Chicago entwickelt hat.
Fit in allen Spielarten
Nun, Paul Lamb kann beides. Unüberhörbar beeinflusst von seinem Lehrmeister Sonny Terry einschließlich der seltsam juchzenden Vokalismen, des "Blues Yodeling", fasziniert der Engländer auch solo,wenn er mit der Harp abfahrende Züge imitiert, zehn Minuten lang durchs Publikum marschiert oder über Gershwins "Summertime" improvisiert. Dann wieder rockt und stampft es gewaltig im maschinellen Viervierteltakt, auf dem stoisch gelegten Fundament von Dino Coccia am Schlagzeug und Rod Demick am Bass. Klar, dass der Sänger Chad Strentz öfters im Hintergrund blieb angesichts der unbestrittenen Star-Rolle Lambs, der gelegentlich auch sang.
Es gehört ja einiges dazu, ein minutenlanges Solo dramaturgisch aufzubauen, es spannend zu machen. Der Engländer kann's! Er beherrscht halt auch, geschult an seinen großen Vorbildern "Big Walter" Horton und John Lee "Sonny Boy" Williamson, alle gängigen Techniken wie Bending und Overben-ding, die aus der kleinen Harmonika Erstaunliches herausholen. Wenn er dann noch musikalische Zwiesprache hält mit Sohn Ryan, der eher auf spielerisches Understatement setzt, mehr auf Effizienz statt auf zur Schau gestellte Fingerfertigkeit, sind alle Zutaten für einen gelungenen Blues-Abend parat. Und wenn dann auch noch Heuler wie "Baby Please Don't Go", Ray Charles' "Black Jack Game" oder "Got My Mojo Workin'" kommen, verzeiht man so manches matte oder zähe Zwischenspiel wie Lee Dorseys "Ya Ya". Paul Lamb und seine Königsnattern predigen den Blues alles in allem überzeugend und dürfen Son House' "Preachin' The Blues" mit Fug und Recht im Repertoire führen.