Paul Kirchhof in Bamberg: ohne Familie geht gar nichts
Autor: Christoph Hägele
Bamberg, Mittwoch, 05. Juni 2019
Der ehemalige Verfassungsrichter Paul Kirchhof würdigt die Familie als Keimzelle einer solidarischen Gesellschaft. Alternative Familienmodelle lässt er dabei außer Acht.
Den Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegel beim Wort zu nehmen heißt, den Blick voll Zuversicht in die Zukunft zu richten. Ein Hegelianer lässt sich von der Gegenwart nicht entmutigen, und mag diese den menschlichen Geist noch so sehr beleidigen. Er ist beseelt von der Überzeugung, das Beste liege noch vor der Menschheit und nicht bereits hinter ihr.
Die Lektüre Hegels ist in diesem Sinne auch eine Schule in Optimismus. Hegelianer glauben an die Kraft des Geistes, der Ideen und Gedanken. " Geist bewegt Materie", sagte der Bamberger Philosophieprofessor Christian Illies zum Auftakt der 30. Bamberger Hegelwoche.
In diesem Sinn lässt sich selbst ein so rational denkender und stringent argumentierender ehemaliger Verfassungsrichter wie Paul Kirchhof als ein in den Fortschritt verliebter Hegelianer deuten. In der Aula der Bamberger Universität bestritt Kirchhof den ersten von drei Abenden der Bamberger Hegelwoche.
Vom Kanzler geschmäht
"Das wichtigste Indiz für Pessimismus ist die Hochrechnung", sagte Kirchhoff am Dienstag. Die lineare Verlängerung der Gegenwart in die Zukunft wäre nichts als das Eingeständnis, den Verhältnissen ohnmächtig ausgeliefert zu sein.
Einer breiteren Öffentlichkeit dürfte Kirchhof vor allem Gerhard Schröder bekannt gemacht haben. Im Wahlkampf 2005 schmähte der damalige Kanzler den zum Kompetenzteam Angela Merkels gehörenden Kirchhof als "Professor aus Heidelberg". Dass diese auf populistische Ressentiments schielende Herablassung dem aufgeklärten Geist Paul Kirchhofs nicht im Mindesten gerecht wurde, bewies nicht erst der Bamberger Abend. Dass auch Politiker gut daran täten, ihren Horizont von Wissenschaftlern wie Kirchhof regelmäßig erweitern zu lassen, drängte sich als Gedanke dann aber doch auf.
Denn die Dinge stehen nicht zum Besten. Wieder einmal, immer noch. Die Welt befindet sich am Scheidepunkt, wenn nicht schon am Abgrund. In unterschiedlichen Variationen gab diese unheilvolle Zeitdiagnose vermutlich sämtlichen 29 bisherigen Hegelwochen Rahmen und Form.
Gefährdeter Zusammenhalt
In diesem Jahr bat Organisator Christian Illies seine drei Gästen, öffentlich über den sozialen Zusammenhalt und dessen Gefährdungen nachzudenken: "Auf dass wir aus der Hegelwoche klüger herauskommen als wir reingekommen sind."