Offener Sonntag in Bamberg - und trotzdem bleiben manche Läden zu
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Donnerstag, 08. August 2019
Zum zweiten Mal findet der verkaufsoffene Sonntag mitten im Sommerloch statt. Warum es zu der Notlösung kam und wer nicht mit von der Partie ist.
Es ist ein Tag der unsichtbaren Grenzen. Wenn Bamberg am Sonntag, 11. August, zum ersten und einzigen verkaufsoffenen Sonntag in diesem Jahr einlädt, gibt es Menschen, die sich als Bamberger zweiter Klasse fühlen. Die einen machen Umsatz, die anderen nicht. Zum Beispiel Anne Baum, die Inhaberin eines Geschäftes für Kindermoden. Weil Baums Laden nicht in der Langen Straße, sondern 50 Meter dahinter in den Theatergassen liegt, muss sie ihre Tür geschlossen halten, während vorne die Kassen klingeln. "Das ist eine absurde Lösung", sagt Baum. "Entweder macht man einen verkaufsoffenen Sonntag für alle oder keinen."
Die Händler in den Theatergassen sind nicht die einzigen, die am 11. August außen vor sind. Auch in der Luitpoldstraße zwischen Luitpoldeck und Luitpoldbrücke, jenseits der Unteren Brücke und hinter dem Alten Rathaus bleiben am verkaufsoffenen Sonntag die Läden verrammelt. Bamberg - die geteilte Einkaufsstadt.
"Für die Kunden ist das nicht nachvollziehbar", findet Harald Steif von Stadtmarketing. Er weiß nur zu gut: Wer am Sonntag in Bamberg shoppen will, müsste schon einen Lageplan des Ordnungsamtes mitnehmen, um sich zurecht zu finden.
Den gibt es tatsächlich. Er wurde im Juli vom Stadtrat beschlossen. Eine ganze Liste von Straßennamen beschreiben das Verkaufsgebiet hausnummern-exaktund peinlich genau auf das Umfeld des Blues- und Jazzfestivals beschränkt.
Auf dem Mist des Stadtparlaments ist der verkaufsoffene Sonntag, der nur ein halber ist, nicht gewachsen. Es ist gewissermaßen das, was vom Umsatz übrig bleibt. Denn mit der Verlegung der traditionell im Oktober platzierten Veranstaltung kamen Stadt und Stadtmarketing einer Klage zuvor, mit der die "Allianz für den freien Sonntag" gedroht hatte. Diese Initiative, in der sich Gewerkschafter und Kirchen zusammengetan haben, kämpft seit Jahren gegen den Verlust eines abendländischen Kulturgutes und für einen "Tag der Ruhe", wie sich Ralph Korschinsky, Geschäftsfrüher der Katholischen Arbeitnehmerbewegung (KAB), ausdrückt. Dabei spürt Korschinsky einen wachsenden Rückhalt auch bei jungen Menschen. "Das Bewusstsein für den Wert des freien Sonntags wächst."
Das heißt nicht, dass in Bamberg die Zahl derer, die mit dem Mini-Sonntag zu frieden sind, besonders hoch wäre. "Das war der drittschlechteste Termin, der möglich war", sagt Klaus Stieringer, Geschäftsführer von Stadtmarketing, einigermaßen ernüchtert. Sein Hinweis spielt auf die Tatsache an, dass einem Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2015 zufolge verkaufsoffene Sonntage nur noch an eine Veranstaltung gekoppelt werden dürfen, die nachweislich mehr Besucher zieht als die offenen Läden. In Bamberg stehen daher nur drei Events zur Verfügung: die Sandkerwa, Bamberg zaubert und das Blues- und Jazzfestival.
Dass die Wahl auf Mitte August fiel, ist für Stieringer eher Taktik als Überzeugung. Hätte man den Termin gestrichen, müsste man fürchten, künftig überhaupt keinen verkaufsoffenen Sonntag mehr genehmigt zu bekommen. So muss Stieringer mit dem Kompromiss des Kompromisses leben: "Es ist Mitte des Monats, die einen haben ihr Geld ausgegeben, viele sind im Urlaub. Auch neue Kollektionen gibt es nicht. Wir rechnen damit, dass der Umsatz deutlich kleiner wird als im Oktober."