Ökoquartier Ecosquare ausgebremst: Idee der Genossenschaft floppt

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Über eine Million Euro Mehrkosten sind laut der federführenden Firma Eco Eco entstanden, weil der Bodenaushub schadstoffbelastet ist. Nicht das einzige Problem. Foto: Ronald Rinklef
Über eine Million Euro Mehrkosten sind laut der federführenden Firma Eco Eco entstanden, weil der Bodenaushub schadstoffbelastet ist. Nicht das einzige Problem. Foto: Ronald Rinklef
Simulation der Ansicht des Quartiers - Ecke Pödeldorfer Straße/Brennerstraße Foto: Eco Eco
Simulation der Ansicht des Quartiers - Ecke Pödeldorfer Straße/Brennerstraße Foto: Eco Eco
 

Schadstoffe im Boden, massive Mehrkosten: Das Ökoquartier Ecosquare an der Annastraße wird ausgebremst. Das Konzept einer Baugenossenschaft floppt bei den Bambergern. Nun sondieren die Initiatoren nach alternativen Investoren.

Ein nachhaltiges Stadtquartier am Bahnhof mit über 70 Wohnungen, Hotel, Büro- und Veranstaltungsflächen, Läden, Kinderbetreuung, innovativen Energiekonzepten, kaum Parkplätzen, dafür gemeinsamer E-Auto-Nutzung: Werner Burghart ist die Begeisterung anzumerken, wenn er vom Projekt Ecosquare spricht. "Wenn ich in drei, vier Jahren abends gemütlicher werde und nicht so weit in die Stadt fahren will, hätte ich hier eine Genossenschaft, eine Gemeinschaft engagierter Leute", erklärt der 63-Jährige, warum er einsteigen möchte.

Die solidarische Gemeinschaft, die im Ecosquare entstehen soll, fasziniert den Unternehmensberater, der auch bei Transition Bamberg aktiv ist. Keine anonymen Nachbarn, sondern Menschen, die gemeinsam Gruppenräume und Innenhöfe beleben, sich in einer neuartigen Form des Zusammenwohnens nicht nur E-Fahrzeuge teilen, sondern auch das finanzielle Fundament des Ökoquadrats bilden: Burghart wäre bereit, Teil dieser Baugenossenschaft zu werden und dafür mit seinem Geld einzustehen.

Doch damit steht er in Bamberg bisher beinahe alleine da. Mindestens 50 Genossen bräuchte es, um die Genossenschaft zu gründen - bisher gibt es aber nur acht wirkliche Interessenten. Ein Flop. Ist den Bambergern die Idee vom ökologischen und finanziellen Miteinander zu blumig? Mehr Utopie als Vision?

"Die Kunden, die sich bei uns melden, wollen alle Eigentumswohnungen kaufen. Das ist der ganz große Run. Wir kommen dagegen mit einem Konzept, wo man als Genosse einsteigt und zusammen den Wohnteil gestaltet", antwortet Thomas E. Banning. Der Vorstand der Naturstrom AG, ein Anbieter für erneuerbare Energien, sowie Chef der Partnerfirma Eco Eco AG Unternehmensberatung räumt offen ein, dass man sich von den Bambergern deutlich mehr Mut in Sachen Genossenschaft erhofft hatte.

Gemeinsam bauen und wohnen

Die Idee: Statt eine Eigentumswohnung zu kaufen, erwirbt jeder Genosse einen Anteil an diesem Gesamteigentum. Die Einlagesumme ist die Grundlage, denn die neue Genossenschaft muss aus dem Stand das Vorhaben stemmen und speist ihre Finanzkraft nur aus dem frischen Geld der Einzelakteure. Banning beziffert die Einlagesumme bei 900 bis 1000 Euro pro Quadratmeter. Bei einer Wohnung mit 80 Quadratmetern fielen also rund 80 000 Euro an, um Genosse zu werden.

Wichtig dabei: "Die Wohnung gehört immer der Genossenschaft, aber Sie haben exklusives Nutzungsrecht, so lange sie leben oder dort wohnen wollen", erklärt Banning. Neben dieser Einlagesumme muss jeder Genosse freilich zusammen mit seinen Partnern die Gesamtkosten bei den Banken abzahlen und Nutzungsentgelt entrichten, in der Beispielwohnung rund 1000 Euro monatlich. Diese Summe wird irgendwann weniger, wenn Schulden abbezahlt sind. "Falls man aus der Genossenschaft wieder austritt, bekommt man den Anteil wieder zurück. Wenn man stirbt, kann man den Anteil vererben oder der Erbe bekommt ihn ausbezahlt."

Solidarität, Selbsthilfe und Eigenverwaltung ziehen sich wie rote Fäden durch das Konzept: Die Verpachtung der Ladenflächen im Wohnbereich müsste die Genossenschaft zum Beispiel selbst regeln - dafür müsste wohl ein Geschäftsführer bestellt werden. Banning und sein Unternehmen Eco Eco wollen sich dagegen nur auf den Teilbereich Richtung Bahnhof konzentrieren, wo Büro und Gewerberäume entstehen sollen. "Wir werden nicht als Eco Eco das komplette Projekt stemmen können."

Deshalb sucht Banning nun nach Investoren. "Es gibt auch Banken, Versicherungen oder Stiftungen, die ihr Eigenkapital anlegen", zeigt er sich zuversichtlich. "Da müssen wir jetzt einfach Gas geben." Je ferner die reine Wohngenossenschaft rücke, desto realistischer werde eine Mischform als rechtliche Rahmenkonstruktion.

Wie wäre es, einfach ganz klassische Eigentumswohnungen zu verkaufen - immerhin herrscht in Bamberg Wohnungsmangel? Das ist für Banning keine Option. Das widerspreche dem Gesamtkonzept des alternativen, städtischen Öko-Quartiers. Offenbar fürchten die Initiatoren, dadurch die Idee der Nachhaltigkeit zu untergraben.

Apropos graben: Nicht nur die finanzielle Baustelle bereitet Probleme, auch die ganz reale an der Annastraße. Noch immer hat keine Grundsteinlegung stattgefunden, sind die Baufirmen nicht über die Vorarbeiten hinaus gekommen. "Es gibt ein Problem, das ist auch kein Geheimnis, dass der Boden ganz anders war, als die Verkäufer versprochen hatten. Wir hatten viel mehr Mühe, die Böden aufzubereiten und abzutragen", bestätigt Banning. Asche, die auf dem ehemaligen Gärtnereigelände als Dünger ausgebracht worden sei, falle heute bei Bodenproben als belastetes Material an, erklärt der Initiator.

"Schmarrn", sagt dazu Ursula Lamprecht kurz und knapp. In ihrer Gärtnerei sei nicht mit Asche gedüngt worden. So oder so: Banning ist sein Ärger über die Verzögerungen anzuhören. "Das sind winzig kleine Kohlenstoffverbindungen. Da packt man sich an den Kopf. Wenn da Asbest drin wäre, wäre die Belastung klar. Aber was heutzutage als ungewöhnlich oder gefährlich eingestuft wird, ist schlimm." Es hilft nichts: Was an der Annastraße abgetragen wird, landet nun auf speziellen Deponien.

Wie geht es weiter?

Das dauert - und das kostet. Die finanziellen Zusatzbelastungen beziffert Banning auf "definitiv über eine Million Euro, nur für Entsorgung". Man werde deshalb noch einmal auf den Verkäufer zugehen und das Gespräch suchen.

Trotz aller Widrigkeiten versichert Banning, dass das Projekt Ecosquare weiter lebt. "Wir wollen im Frühjahr wirklich mit dem Bau starten."