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Oeka produziert seit 100 Jahren


Autor: Matthias Litzlfelder

Bamberg, Mittwoch, 08. Oktober 2014

Über vier Generationen hinweg hat sich das Familienunternehmen Oeka vor allem mit Kosmetikverpackungen und Autoteilen am Weltmarkt behauptet. Nach 1945 kämpften die Witwen der Firmengründer für ihre Rechte.
Drei Chefs - drei Produktlinien: Der kaufmännische Leiter Lothar Derr (links) hält eine Hülse, die in der Auto-Kupplung verbaut wird, geschäftsführender Gesellschafter Gerald Oehlhorn (Mitte) zeigt eine Mascara-Hülle und technischer Leiter Erwin Görtler einen Endoskopie-Handgriff. Foto: Ronald Rinklef


Es ist der Freundschaft zweier Unternehmerfamilien zu verdanken, dass die Firma Oeka heute, 100 Jahre nach ihrer Gründung, immer noch von der Familie Oehlhorn in vierter Generation geführt wird. Einer Freundschaft, die auch nicht an den Zwängen und Repressionen der NS-Zeit zerbrochen ist.

Die Gründer hatten sich im Herbst 1913 in Bamberg kennengelernt: Georg Oehlhorn, der Werkzeugmeister, und Sally Kahn, der Kaufmann. Einige Monate später begannen sie an der Hallstadter Straße mit der Herstellung von Stanz-, Biege- und Ziehteilen aus Messing und Kupferlegierungen, die in der Elektrotechnik und Elektroinstallation verwendet wurden. In den Wirren des Ersten Weltkriegs - Sally Kahn kämpfte von 1915 bis 1918 für die deutsche Armee - konnten Oehlhorn & Kahn dennoch bestehen. Das Unternehmen expandierte sogar, beschäftigte 1919 schon 150 Personen.

In den 1920er Jahren drangen die beiden Unternehmer dann in einen neuen Markt vor, der noch heute bestimmend für den Erfolg der Firma ist: die Kosmetikbranche. Fortan stand der Betrieb auf zwei Säulen: Produkte für die elektrotechnische Industrie und für die Kosmetik.

Nach Dachau ins KZ

Nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten 1933 begannen die Probleme. Sally Kahn war Jude, das Unternehmen wurde dadurch als "nicht arischer Betrieb" geführt. Trotz einiger Benachteiligungen liefen zunächst die Geschäfte. Oehlhorn & Kahn brachten aufgrund ihrer Exportorientierung Devisen. Sally Kahn hatte exzellente Beziehungen ins Ausland, das Unternehmen international einen hervorragenden Ruf. Vor allem die Produkte für die Kosmetikbranche wie zum Beispiel Parfümzerstäuber gingen in die Nachbarländer, aber auch bis nach Übersee. "1938 lag der Exportanteil schon bei 75 Prozent", erzählt Gerald Oehlhorn, der heutige Firmenchef und Urenkel eines der Gründer.

Als in diesem Jahr die Schikanen der "Arisierungspolitik" immer offensichtlicher wurden, sah sich Kahn gezwungen, seinen Anteil an einen "Arier" zu verkaufen. "Aber selbst von diesem Betrag hat Sally Kahn so gut wie nichts erhalten", heißt es in der Firmenchronik.

Doch es kam noch schlimmer. In der sogenannten "Reichskristallnacht" am 9. November 1938 wurde Kahn verhaftet und ins KZ nach Dachau gebracht. Er kam zum Jahresende frei und konnte 1939 mit seiner Familie ausreisen. Nach einer Odyssee durch Belgien und Frankreich und einer langen Reise über Casablanca, Jamaika und Kuba kam die Familie in die USA, wo sie sich im April 1942 in Ohio niederließ. Ein halbes Jahr später starb Kahn.

Schwerpunkt auf Kosmetik

Sein Geschäftspartner und Freund Georg Oehlhorn war da schon tot. Oehlhorn, mehrmals als "Judenknecht" beschimpft, war im November 1941 einem Krebsleiden erlegen. Kahns Witwe Dora ist es zu verdanken, dass die Familie Oehlhorn nicht aus dem Unternehmen gedrängt wurde. Sie kämpfte nach Kriegsende vor Gericht um Wiedergutmachung und schaffte es schließlich, die Kahn-Anteile vom zwischenzeitlichen geschäftsführenden Gesellschafter zurückzuerhalten. Dieser Chef während der Kriegszeit hatte Oehlhorns Sohn Heinz aus dem Unternehmen gedrängt. Die Witwen Dora Kahn und Ernestine Oehlhorn führten daraufhin für einige Jahre die Geschäfte, bis sich Dora Kahn und ihre Söhne entschieden, für immer in den USA zu bleiben. Sie verkauften ihre Anteile an die befreundete Familie Oehlhorn.

Verschiedene Märkte

"Wenn die beiden Witwen nicht gewesen wären, gäbe es das Unternehmen sicher nicht mehr", ist Gerald Oehlhorn überzeugt. Der 57-Jährige steht heute einem Unternehmen vor, das 60 Prozent seines Umsatzes mit Kosmetikverpackungen erwirtschaftet. 38 Prozent der Einnahmen erzielt die Firma Oeka, die erst im Mai dieses Jahres den bisherigen Firmennamen "Oekametall" änderte, mit kleinen Metallteilen für Autozulieferer. Neben den Geschäftsfeldern Oekabeauty und Oekatech kam 2011 mit Oekamed noch eine dritte Säule hinzu. Oeka produziert nun auch Einweg-Produkte für Geräte zur Endoskopie, also für Magen- und Darmspiegelungen. "Die Medizintechnik ist mit zwei Prozent Umsatzanteil noch jung, wächst aber gut", berichtet Oehlhorn. "Wir nutzen unser Know-how für völlig verschiedene Märkte", beschreibt Lothar Derr, kaufmännischer Leiter von Oeka, die Firmenphilosophie. Über das Produktionsverfahren, wie zum Beispiel Spritzguss, seien die drei Marktsegmente verbunden.

Weil die Kunden der Kosmetikindustrie fast alle im Ausland sitzen, ist der Exportanteil auch heute noch hoch. Im Geschäftsfeld Beauty liegt er laut Oehlhorn bei 96 Prozent.


Produkte
Luxusverpackungen für die Kosmetikindustrie (z.B. Lippenstift-Etuis, Hülsen für Lipgloss und Mascara), Teile für Autozulieferer (z.B. Metallhülsen in Bremssystemen), Kunststoffteile für die Medizintechnik

Mitarbeiter 320

Umsatz knapp 30 Mio. Euro

Kunden Kosmetikhersteller wie L'Oreal oder Coty, Autozulieferer wie FTE oder Schaeffler, Fa. Medwork (Höchstadt, Medizintechnik)