Oberhaid: ein Circus im Pech - "Corona"
Autor: Anette Schreiber
Oberhaid, Freitag, 13. März 2020
Mit dem Namen hat der neu gegründete Zirkus derzeit schlechte Karten: Circus Corona will eigentlich seine allererste Vorstellung in Oberhaid geben.
"Pech, dass man gerade jetzt so heißt", meint eine Kundin, die sich beim Bäckerwagen an der Hauptstraße eindeckt. Sie meint damit den Zirkus, der diese Woche am westlichen Ortsende sein Zelt aufgeschlagen hat: Circus Corona. Kein Witz. Auch entlang der Hauptstraße trifft man auf Corona. Nicht gerade förderlich in Zeiten, in denen das Virus ganze Länder lahmlegt. Wir begeben uns auf die Suche nach dem Zirkus.
Von weitem schon ist eine Art Wagenburg auf dem Festplatz zu erkennen. Ein Zelt in bunt leuchtendem Rot und Weiß. Je näher man kommt, umso besser sieht man die zirkuseigenen Banner: Circus Corona. Immer wieder werden Autos langsamer, die hier vorbeifahren. So mancher Verkehrsteilnehmer kann wohl nicht so recht glauben, was er da liest.
Bis auf von Kinderspiel zeugenden Geräuschen ist es still auf dem Platz. Zwei größere Wohnwägen, ein großer Zuganhänger, ein rot leuchtendes Kassenhäuschen. Ein kleiner Junge kommt auf seinem weißen Rad herangefahren: "Guten Tag, kann ich helfen?", fragt er aufgeweckt in Richtung der Besucherin. Dann legt er sein Rad auf den Boden, streckt den Rücken gerade und erklärt: "Ich arbeite hier!" Der Zirkusdirektor ist wohl nicht da, dafür holt der junge Mann, er heißt Sajoscha, Unterstützung. Die Oma. So nach und nach ist ihr die ganze Misere zu entlocken.
Oberhaid ist die erste Station des ganz neu gegründeten Zirkus. Sohn Joshua Schmidt und dessen Frau Janine Renz, die in der Zirkuswelt aufgewachsen sind und zuletzt bei anderen Unternehmen arbeiteten, haben sich selbständig gemacht. Von den Familien haben sie sich Geld für das gebrauchte Zirkuszelt geliehen. Das ist jetzt alle und in Oberhaid sollte nun Geld zum Leben und für die Weiterreise verdient werden.
Oberhaid, das sollte die Premiere schlechthin werden, fünf Vorstellungen ab Donnerstag kommender Woche. Schon lange hatte man Oberhaid festgemacht, in der zurückliegenden Woche aufgebaut, Werbung verteilt. Jetzt sollte es eigentlich an Schulen und Kitas gehen. Denn Circus Corona ist ein Kinderzirkus, erklärt die 56-Jährige, die eigentlich nur auf die drei Kinder aufpassen und beim Beginn helfen wollte. "Die Tiere wurden alle noch dressiert." Und auch die Kinder (sechs, neun und elf Jahre alt) haben den letzten Schliff erhalten, so Oma Angela. Zum Glück habe die Gemeinde die Spielerlaubnis (noch) nicht entzogen. Was anderen Zirkussen schon widerfahren sei. Aber Circus Corona habe ja auch nur wenige Plätze, so um die 60, schätzt Oma Angela,
Genaueres wüssten ihr Sohn und die Schwiegertochter. Aber die seien unterwegs, um vom letzten verbliebenen Geld Lebensmittel zu kaufen.
"Scheiße" sagt die Oma. Zu allem. Auch zum Namen. Gerade jetzt. Aber man könne ihn nun nicht einfach ändern. Werbemittel wie Plakate und Banner wurden schon vor langem hergestellt. Und Corona bedeute ja eigentlich Krone. Wie der weithin bekannte Zirkus.