Druckartikel: Obere Brücke: Emotionale Aktion im Bamberger Stadtrat

Obere Brücke: Emotionale Aktion im Bamberger Stadtrat


Autor: Michael Wehner

Bamberg, Mittwoch, 24. Februar 2016

Der Stadtrat versucht die Wogen zu glätten, doch die Verwaltung bleibt hart. Es bleibt bei der umstrittenen Vollsperrung der Oberen Brücke ab März. Vorerst.
Verbotener Appell im Stadtrat: Ohne Erlaubnis ergriff Reinhold Grill im Stadtrat das Wort: "Hier geht es um meine Existenz und die meiner Familie" sagte er.  Foto: Ronald Rinklef


Den Kniefall eines Gastronomen hat es im Stadtrat wohl noch nicht geben. Reinhold Grill, der Betreiber der Bamberger Rathauschänke, war es, der diesen Tabubruch beging, um auf die verzweifelte Lage seines Unternehmens hinzuweisen und die Folgen, die es für seine Familie haben würde, sollte es zu der umstrittenen Brückensperre in diesem Frühjahr kommen.

Grill zahlt nach eigenen Angaben 5000 Euro Pacht im Monat für die Schänke - eine Summe, die er kaum hereinwirtschaften kann, wenn seine Freischankfläche von einer Baustelleneinrichtung förmlich umschlossen ist.


Hilferuf an die Politik

Der Zwischenfall ereignete sich am Beginn der Debatte im Stadtrat und der Gastronom widersetzte sich mit seinem Appell den wiederholten Aufforderungen von OB Andreas Starke (SPD), der dem Wirt das Wort verbot. Man muss wissen: Publikumsäußerungen sind im Stadtrat nicht erlaubt.

Der Hilferuf an die Bamberger Politik blieb aber nicht wirkungslos. Baureferent Thomas Beese räumte ein, dass der Verwaltung eine schwere Panne unterlaufen ist, indem sie erst Anfang Februar auf die von der im März beginnenden Vollsperrung betroffenen Anlieger zugegangen war. Und er listete eine Reihe von Maßnahmen auf, die dazu beitragen sollen, dass die befürchteten wirtschaftlichen Einbußen nicht eintreten.

Der Verzicht auf Straßenausbaubeitrage gehört ebenso dazu wie maximale Rücksicht auf die Bedürfnisse der Anlieger. So soll der Baustellenverkehr an den Oster- und Pfingstwochenenden möglich sein. Außerdem garantierte der Baureferent an möglichst vielen weiteren Tagen die Passierbarkeit der Brücke und das Ende der Arbeiten zum 22. Juli, rechtzeitig vor der Sandkirchweih. Die Auffahrt zur Brücke werde auch während der Sanierung eine attraktive Adresse bleiben, versprach Beese.

Andererseits: Glaubt man dem Baureferenten, ist die von Interessengemeinschaft der Anlieger erhoffte Verschiebung der Sanierung um etwa ein Jahr auf nächstes Frühjahr ausgeschlossen. Die fortschreitende Baufälligkeit der Brücke, mögliche Regressforderungen des seit wenigen Tagen vertraglich mit der Stadt verbundenen Bauunternehmers und die Überschneidung des Termins mit dem Weltkulturerbelauf 2017 sprächen dagegen.

Auch die Politik versuchte die Wogen zu glätten. "Die Stadt muss alles tun, damit die Schäden möglichst gering bleiben", sagte Helmut Müller und empfahl über Doppelschichten und Ersatzflächen für die Rathaussschänke nachzudenken.


SPD und GAL für Verschiebung

Klaus Stieringer und Heinz Kuntke gingen für die SPD einen Schritte weiter. Sie sprachen sich für eine Verschiebung um ein Jahr aus. Deutliche Worte richtete Stieringer an Beese: "Das ist jetzt das zweite Kuckucksei nach dem Radweg Lange Straße, das Sie in das Nest des Stadtrats legen." Auch die Grünen äußerten Zweifel an der Stichhaltigkeit der Gründe für die Baumaßnahme in wenigen Tagen. Ursula Sowa befürchtet sogar, dass die Vorbereitungen mit der heißen Nadel gestrickt sein könnten.

Zu den Befürwortern einer Verschiebung zählt auch Norbert Tscherner vom Bürger-Block. Als Grund nannte er die aus seiner Sicht unvollständige Planung. So sieht es Tscherner als fachlich bedenklich an, wenn das Brückenwiderlager, auf dem die beiden Häuser Obere Brücke 2 und 4 aufsitzen, von der Abdichtung gegen Oberflächenwasser ausgenommen wird. "Ich fürchte, dass die Stadt hier wieder einen Fehler macht."

Die Appelle vor allem von Ursula Sowa, auch die betroffenen Anlieger in der Sitzung zu Wort kommen zu lassen, lehnte OB Starke ab. Er sprach sich statt dessen dafür aus, die Anregungen der Fraktionen und die Erkenntnisse auch von weiteren Ortsterminen mit Anliegern in der nächsten Bausenatssitzung am 2. März zu diskutieren. Den Bericht der Verwaltung am Mittwoch nahmen die Stadträte gegen die Stimme von Ursula Sowa zur Kenntnis.