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Notfall in der Praxis: Sind Ärzte überfordert?


Autor: Christian Pack

Bamberg, Mittwoch, 12. November 2014

Laut einem Beitrag des Bayerischen Rundfunks sind Ärzte bei einem Notfall in ihrer Praxis "nicht selten hilflos". Das Rote Kreuz und die Landesärztekammer sehen das nicht so.
Tagtägliches Bild in Deutschland: Ein Notarzt auf dem Weg zu einem Einsatz. Symbolbild: dpa


Der Fall, den der Bayerische Rundfunk (BR) kürzlich publik gemacht hat, ist tragisch: Eine Nürnbergerin erleidet bei einer Behandlung in einer Orthopädie-Praxis einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Der Praxis-Arzt leistet laut dem BR keine Notfallhilfe sondern ruft einen Notarzt. Die Frau wird zu spät reanimiert. Seit fünf Jahren liegt sie im Wachkoma.

Kein Einzelfall meint ein Nürnberger Notfallarzt. Man erlebe es ständig, dass die Kollegen einen Notfall nicht adäquat versorgen oder falsch einschätzen, sagt er gegenüber dem BR.

Dirk Wisser ist Facharzt für plastische Chirurgie und zudem Notfallarzt. Der Bamberger Mediziner kann die Meinung seines Nürnberger Kollegen nicht teilen. Allerdings sieht er in den Praxen Nachholbedarf, was die medizinische Grundausbildung im Erste Hilfe-Fall betrifft. "Die Ausstattung muss stimmen, das Personal muss geschult werden.

Manche sind hier vorbildlich, andere nicht."

Grundsätzlich sind Ärzte - wie alle Bürger - zu Erste Hilfe-Maßnahmen verpflichtet, bis der Notarzt eintrifft. Zudem müssen sie sich laut Berufsordnung "in dem Umfange beruflich fortzubilden, wie es zur Erhaltung und Entwicklung der zur Berufsausübung erforderlichen Fachkenntnisse notwendig ist". Allerdings müssen Ärzte ihre Kenntnisse zwar regelmäßig auffrischen, kontrolliert wird das aber nicht.


Arzt steht in der Pflicht

Ist das Notfall-Wissen bei einem Arzt nicht mehr präsent, kann dieser im Ernstfall überfordert sein, meint Dirk Wisser. Deshalb stehe jeder Arzt in der Pflicht. "Nur zu hoffen, dass bei mir schon nichts passiert, reicht nicht", sagt der Mediziner, der betont, dass dies natürlich auch für die Notärzte gelte.

Auch der Landesarzt des Bayerisches Rotes Kreuzes, Peter Sefrin, kann die Erfahrungen des vom BR zitierten Nürnberger Notarztes nicht bestätigen. Im Gegenteil: "Die Notärzte des BRK sind mit eigenen Kurskonzepten aktiv in die Fortbildung der niedergelassenen Ärzte und deren Praxispersonal eingebunden."

Bei einem Notfall, erklärt Dagmar Nedbal von der Pressestelle der Bayerischen Landesärztekammer, sei es "indiziert, dass der niedergelassene Arzt den Notarzt ruft". Dies sei im Sinne des Patienten und unterliege der Sorgfaltspflicht. Der Arzt habe aber "selbstverständlich" die Zeit bis zum Eintreffen des Notarztes zu überbrücken und Erste-Hilfe-Maßnahmen durchzuführen. "Selbst, wenn der Arzt den Notfall medizinisch beherrscht, muss der Patient notärztlich versorgt beziehungsweise während des Transports ins Krankenhaus begleitet werden", so Nedbal, der in Bayern kein Fall bekannt ist, bei dem ein Arzt wegen unterlassener Hilfeleistung verklagt wurde.