Neues Ausbildungskonzept "4+1" des BFZ
Autor: Philipp Demling
LKR Bamberg, Sonntag, 30. August 2015
Vier Tage Schule, ein Tag Praktikum, elf Wochen lang - und wenn es gut läuft, danach gleich ein Ausbildungsvertrag: Mittelschüler und Lehrer sind von dem neuen, vom BFZ entwickelten Konzept "4+1" begeistert.
Schon lange interessiert sich Noah Grottke für Maschinen, besonders für landwirtschaftliche Fahrzeuge. Gerne würde er beruflich selbst welche zusammenbauen oder reparieren. Noah ist 15 Jahre alt, besucht die Mittelschule Baunach und ist gerade mit der achten Klasse fertig geworden. Nächstes Jahr macht er seinen Quali.
Viele seiner Altersgenossen zerbrechen sich den Kopf darüber, wie es danach weitergehen soll: Wo soll ich mich um eine Ausbildung oder Lehre bewerben? Noah muss sich diese Sorgen nicht machen: Er hat seinen Azubi-Vertrag schon in der Tasche. Am 1. September 2016 wird er in der Landmaschinen-Service-Werkstatt der BayWa am Bamberger Hafen seine Ausbildung zum Landmaschinenmechatroniker anfangen.
Wie er das geschafft hat? Die Zauberformel heißt "4+1", genauer "Berufsorientierungsnetzwerk 4+1". Das bedeutet: Das bisherige Wochenpraktikum für Mittelschüler in einem potenziellen Ausbildungsbetrieb wird ersetzt durch zwei längere Praktika.
Dabei besuchen die Schüler über einen Zeitraum von jeweils elf Wochen zwei Betriebe ihrer Wahl - und zwar immer für je einen Tag in der Woche. An den restlichen vier Tagen gehen sie ganz normal in die Schule. Das Konzept stammt vom Beruflichen Fortbildungszentrum der Bayerischen Wirtschaft (BFZ).
"Das Projekt geht über das ganze Schuljahr", erklärt BFZ-Koordinatorin Christiane Alter. "Es geht los mit einer vierwöchigen Vorbereitungsphase, in der die Schüler ihre Stärken und Neigungen herausarbeiten sollen." Dann bewerben sie sich um ihr erstes Praktikum.
Betreuung und Reflexion
In allen Phasen des Berufsorientierungsnetzwerks 4+1 werden die Mittelschüler von Lehrern und Mitarbeitern des BFZ betreut. Während des Praktikums führen sie ein Berichtsheft, das sie in der Reflexionsphase auswerten: Was war gut, was könnte beim zweiten Praktikum besser laufen?Und: Wo will ich dieses machen? "Das zweite Praktikum soll den Blick für weitere Stärken öffnen", erklärt Christiane Alter. "Wer das erste im technischen Bereich gemacht hat, kann das zweite zum Beispiel im kaufmännischen Bereich machen."
Oder wer sich beim ersten Mal als Kinderpfleger ausprobiert hat, könnte das zweite Praktikum in der Altenpflege ansteuern. Auf die zweiten elf Wochen im Betrieb folgt eine Auswertungs- und Präsentationsphase: Jeder Jugendliche berichtet Mitschülern, Eltern und Lehrern von seinen Erfahrungen.
Noah wird sein zweites Praktikum bei einer Karrosseriebaufirma verbringen. Das erste war für ihn eine tolle Erfahrung: "Es war gut, dass es über längere Zeit ging. So konnte ich den Betrieb viel besser kennenlernen." Und umgekehrt genauso. Sein Chef, BayWa-Werkstattleiter Siegfried Seeber, setzte Noah vielseitig ein: Der Schüler half bei Wartungsarbeiten, lernte, Traktorreifen zu wechseln, oder Fahrzeuge zu reinigen. Und Seeber war hochzufrieden mit dem Praktikanten: "Noah ist sehr positiv aufgefallen." Deshalb bot er ihm nach dem Praktikum einen Ausbildungsvertrag an.
Auch für das nächste Jahr hat der Werkstattleiter bereits einem Bewerber für das "4+1"-Praktikum zugesagt. "Wenn die Schüler nur für eine Woche kommen, kann man auch eine schlechte Woche erwischen", meint Seeber. "So lernt man sich gut kennen, und die Arbeit ist vielseitiger. Wenn der Schüler im Winter für eine Woche kommt, kann er natürlich nur die Arbeiten machen, die im Winter anfallen."
Testlauf kam gut an
Das Schuljahr 2014/15 war ein Testlauf für das Ausbildungsprojekt. Beteiligt haben sich sechs Mittelschulen in der Stadt und im Landkreis: Baunach, Oberhaid, Burgebrach, Hallstadt, Hirschaid und die Hugo-von-Trimberg-Mittelschule Bamberg. In den beiden letztgenannten betreut nicht das BFZ, sondern das Kolpingwerk das "4+1"-Projekt.
Im kommenden Schuljahr stoßen noch die Mittelschulen Strullendorf und Frensdorf-Pettstadt dazu.Aber nicht nur die Schulen, auch die Ausbildungsbetriebe machen mit, sagt Franz Hajak, Seminarleiter beim BFZ und Netzwerkkoordinator für die Schulen in Baunach und Oberhaid: "Die Betriebe begreifen, dass Fachkräftemangel herrscht. Und das Projekt zahlt sich für sie aus. Ungefähr drei Viertel von denen, die mitmachen, kommen gut mit den Schülern zurecht."
Und die Schüler? Profitieren besonders, betont Noahs Klassenleiter Stefan Kurz: "Natürlich war es für uns mit viel Arbeit verbunden. Wir mussten teilweise den Lehrplan straffen. Aber wir haben 40 Prozent der Achtklässler schon in Ausbildungsbetrieben untergebracht. Früher waren es keine zehn Prozent."