Überraschende Wende: Kommt für die Muna alles anders?
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Dienstag, 20. November 2018
Die SPD-Fraktion will kein Gewerbe mehr auf der Fläche der "Muna, sondern ein Baugebiet für bezahlbares Wohnen.
Es ist ein bemerkenswerter Richtungswechsel: Noch bis Sonntag gehörte die SPD-Fraktion zur Allianz derer im Stadtrat, die sich für einen 46 Hektar großen Gewerbepark einsetzten. Zwei Tage nach dem verlorenen Bürgerentscheid ist sie die erste Fraktion, die Konsequenzen aus dem Wahlergebnis zieht. "Für uns ist klar geworden, dass das Thema Gewerbe auf dem Muna-Gelände dauerhaft erledigt ist. Selbst nach der Bindungsfrist von einem Jahr wäre es aus unserer Sicht verfehlt, weiter darüber nachzudenken", sagt Fraktionschef Klaus Stieringer.
Zusammen mit Heinz Kuntke ist Stieringer am Dienstag in die Redaktion gekommen, um darüber zu sprechen, wie es auf der Muna weitergehen könnte und wie der nun im Sperrgebiet drohende Stillstand zu vermeiden sei. "Es wäre politischer Selbstmord", sagt Kuntke, "das klare Votum des Wählers nicht anzuerkennen".
Der Vorschlag, den die SPD-Fraktion nach einer Beratung am Montagabend dem Oberbürgermeister in Form eines Antrags unterbreiten will, ist in der Tat ein Paradigmenwechsel. Statt eines 46 Hektar großen Gewerbegebiets will es die SPD erreichen, auf der Basis der vorhandenen versiegelten Flächen und des Kompromissvorschlags des Oberbürgermeisters, ein rund 20 Hektar großes Wohngebiet zu schaffen. Es soll dazu dienen, Bambergs schärfstes Problem zu lösen oder zumindest seine Folgen abzumildern - den Mangel an günstigem Wohnraum. "Wir möchten ein Wohngebiet mit Modellcharakter. Es geht darum, den sozialen Wohnungsbau wieder zu beleben und auch solchen Schichten die Eigentumsbildung zu ermöglichen, die in Bamberg nicht mehr zum Zuge kommen", sagt Kuntke. Auch das Projekt Ausbildungszentrum der Handwerkskammer sei demgegenüber hintanzustellen.
Um ihre Ziele zu erreichen, will die SPD einen runden Tisch ins Leben rufen. Hier soll versucht werden, einen Konsens zwischen Stadträten, Vertretern der Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" (BI) und anderen Akteuren zu erreichen. Ziel sei es günstiges Wohnen, den Erhalt von möglichst viel Natur und die Sanierung der militärischen Altlasten miteinander zu verbinden. Hoffnung hat die SPD auch, dass der Bund die Flächen unter Marktpreis abgibt, eine gesetzliche Möglichkeit, um das Ziel kostengünstigen Wohnraums zu unterstützen.
Doch noch muss erheblicher politischer Widerstand überwunden werden, um ein Wohnbauprojekt anzuschieben, mit dem von der Größe her wenig in Bamberg zu vergleichen wäre. CSU-Fraktionschef Helmut Müller glaubt nicht, dass es in der CSU schnell zu einem politischen Richtungswechsel kommen könnte. Die CSU versteht sich als Wirtschaftspartei, sagte er. Auch Christian Lange, Kreisvorsitzender der CSU, zeigte sich wenig angetan von dem Vorstoß des bisherigen Mitstreiters. Er warnt vor "politischen Schnellschüssen", die dazu führen würden, dass das Ausbildungszentrum der Handwerkskammer nicht an der Geisfelder Straße verwirklicht werden könnte wie geplant. Lange setzt darauf, im Gespräch mit der BI einen "vernünftigen Ausgleich zwischen Gewerbe und Naturschutz hinzubekommen". Der CSU-Vorsitzende bringt zudem die Fläche nördlich der B 26 für einen Gewerbepark ins Spiel. Es gebe Hoffnung, den Freistaat zur Übernahme der Kosten der Hochwasserfreilegung bewegen zu können.
Doch auch bei weiteren Mitstreitern des Gewerbeparks beißt die SPD-Fraktion auf Granit. Für Norbert Tscherner (BBB) ist das Vorpreschen der SPD-Fraktion "reine Wahlpropaganda und Schaumschlägerei". Auch Dieter Weinsheimer (BA) rät davon ab, bereits jetzt über Inhalte zu sprechen. Für ihn stehe jetzt der Prozess im Vordergrund: Erst müsse mit allen Beteiligten geredet werden.
Bei der Bürgerinitiative scheint man der Idee von Häusern und Wohnungen auf der Muna indes nicht grundsätzlich abgeneigt. "Wir begrüßen diesen Vorschlag. Er ist ein Schritt in die richtige Richtung", sagt Volker Braun. Es gebe zudem gute Gründe, gleich jetzt tätig zu werden und nicht erst lange abzuwarten, bis der Stadtratswahlkampf entbrannt ist.