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Neue Räume für Kultur


Autor: Stefan Fößel

Bamberg, Dienstag, 16. Juli 2019

Können das Kesselhaus und die Posthalle im Kulturquartier Lagarde in ein paar Jahren die Platznöte vieler Kunstschaffender lösen?
Jérémie Gnaedig (links) und Felix Forsbach vom Franz Kafka e.V. vor dem Kesselhaus  Fotos: Ronald Rinklef


Nur eine plötzlich brummende Musikanlage trübt ein wenig die Stimmung Felix Forsbachs und Jérémie Gnaedigs. Aber noch sind es acht Stunden, bis im Kesselhaus der letzte Abends beim "FK:K III -Festival für Sound - Musik - Kunst" beginnt, da sollte sich auch dieses Problem noch eliminieren lassen. "Perfekt" ist das Festival für Forsbach vom veranstaltenden Franz Kafka e.V. bislang verlaufen, sein Verein zählt zu den Hauptnutzern des Kesselhauses. Folgt der Kultursenat in seiner Sitzung am Donnerstag der Beschlussvorlage, könnte das Kesselhaus in absehbarer Zeit "zum profilträchtigen Kulturhaus mit einem Ausstellungsschwerpunkt und verschiedenen weiteren Nutzungen" wachsen. Dorthin könnten dann unter anderem auch das Kulturamt und die Ausstellungen wandern, die bislang in der Villa Dessauer zu sehen sind. Ob das alles im Kesselhaus möglich ist, soll zunächst eine Machbarkeitsstudie feststellen.

Ein weiteres Kulturhaus soll im Kulturquartier Lagarde, in der ehemaligen Posthalle, entstehen, während die Reithalle als "Event-, Markt- und Gastronomie-Halle" ausgeschrieben und der Platz zwischen den Hallen flexibel genutzt werden soll. Wenn der Senat zustimmt, wovon Kulturbürgermeister Christian Lange (CSU) nach den Vorbesprechungen ausgeht, soll die Verwaltung ein Nutzungs- und Betriebsmodell für das künftige Kulturhaus erarbeiten. Auch der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Felix Holland kündigt für seine Fraktion an, entsprechende Prüfaufträge zu erteilen. Die SPD-Fraktion will mit einem Änderungsantrag sogar noch einen Schritt weitergehen und fordert wauch für die Reithalle eine Nutzung für Kunst und Kultur - "unter Einbeziehung der Akteure aus dem Kontaktfestival". Bei allen Vorhaben müssten aber auch die Fragen der Finanzierung und Förderung diskutiert werden. "Hier können wir vieles auf den Weg bringen", sagt Andreas Reuß, GAL-Sprecher im Kultursenat. Der Beschlussvorschlag sei daher "sehr begrüßenswert", wobei auch der künftige Unterhalt geklärt werden müssen. Reuß unterstütze auch die Kesselhaus-Pläne: "Hier können wir auch mal ganz verrückte Ideen zulassen."

Freilich ist der Mangel an Kulturraum kein neues Problem. Bisherige Pläne zur Umsetzung eines Kulturzentrums scheiterten meist daran, dass es keine geeigneten Immobilien gab. Nun besteht die Chance, mittelfristig gleich zwei Kunsthäuser mit unterschiedlichen Schwerpunkten zu etablieren, das Kesselhaus mit einem Schwerpunkt auf den bildenden Künsten, die Posthalle unter anderem als Veranstaltungsort für Theater und Konzerte.

"Es war immer mein Ziel, das Thema Kulturentwicklung stringent anzugehen und ich werbe sehr dafür, diese beiden Kulturprojekte unter städtischer Trägerschaft zu verwirklichen", sagt Lange. Er plädiert dafür, zunächst die Entwicklung des Kesselhauses anzugehen, weil auf dem Lagarde-Gelände zuvor noch an vielen Ecken gebaut wird und die Tiefgarage erst 2023 fertiggestellt sein wird. Dort könne man zum Beispiel bei der Oberflächengestaltung beachten, dass dort künftig auch Trucks mit schwerem Veranstaltungsequipment fahren können. "Ich möchte beide Vorhaben und sehe da auch sehr gute Fördermöglichkeiten, aber wir müssen eines nach dem anderen entwickeln."

Den Vorschlag zur Schaffung von Kulturhäusern begrüßen auch die Verantwortlichen von Kontakt - das Kulturfestival. "Dabei sollte allerdings nicht das Kesselhaus gegen die Kaserne ausgespielt werden. Denn beide Orte eignen sich hervorragend für eine kulturelle Nutzung und sprechen jeweils andere Zielgruppen an", teilen dazu Renate Schlipf und Michael Schmitt mit.

Künstlerisches Engagement und die daraus erwachsende kulturelle Bereicherung der Stadtgesellschaft benötige auch weiterhin bespielbare Räume. "Daher freuen wir uns, wenn der Stadtrat diesen Beschlussvorschlägen zustimmt", erklären die Kontakt-Verantwortlichen. "Unsere Befürchtung ist aber, dass am Ende nur eines der beiden Häuser entsteht", sagt Schmitt. "Oder es wieder nur bei Machbarkeitsstudien bleibt." Was das Kontakt-Festival angeht, sei man noch auf der Suche nach künftigen Räumen - und dankbar für neue Ideen.

Hans-Günther Brünker von der IG Freie Darstellende Künstler hält ein kulturelles Zentrum als "gemeinsame Heimat für viele Bereiche" für sehr reizvoll. "Beim Kesselhaus hängt vieles davon ab, wie das Gesamtkonzept am Ende aussieht. Aber eine Standard-Bühne wie in der Alten Seilerei kann es wohl eher in der Posthalle geben." So sehr seine IG eine langfristige Entwicklung unterstütze, müssten hinsichtlich der Raumnöte freier Theater aber auch kurzfristige andere Möglichkeiten gefunden werden. "Aber zunächst einmal mit Hand und Fuß zu eruieren, was geht, macht natürlich Sinn."

Barbara Kahle vom Kunstverein Bamberg erkennt in den Plänen "auf jeden Fall eine gute Möglichkeit, das Kesselhaus zu beleben". Die Lage gegenüber der Konzerthalle sei toll und in einer jungen Stadt wie Bamberg sei es auch wichtig, der zeitgenössischen Kunst Raum zu geben. "Wir sind bestrebt, hier junge Leute mit reinzuholen. Und wenn wir das Ganze lebendig gestalten, könnte es viele geben, die einfach mal bei uns reinschauen."

Felix Forsbach vom Franz Kafka e.V. sieht im interdisziplinären künstlerischen Ansatz die besten Möglichkeiten für die Nutzung des Kesselhauses. Er sei sehr dafür, die Räumlichkeiten zu erweitern, unter anderem auf die Sheddachhallen und die Kellerräume. Die hätte Forsbach auch gern schon fürs "FK:K III -Festival" genutzt, aber es gab keine Genehmigung durch das Immobilienmanagement. Forsbach würde sich eine Art künstlerisches Produktionshaus wünschen, wie es sie zum Beispiel in Jena oder Hamburg gibt, und nicht zuletzt eine interdisziplinäre künstlerische Leitung. Geht es nach ihm und Gnaedig, muss am Kesselhaus nur wenig verändert werden. "Wir würden so viel wie möglich lassen, das hat hier alles einen unglaublichen Charme." Und dann widmen sie sich wieder der Suche nach dem rätselhaften Brummen.