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Neue Kassen in Supermärkten: Service oder Jobkiller?


Autor: Robert Wagner

Bamberg, Mittwoch, 22. Juli 2015

Noch ist es ein Randphänomen - aber Selbstscannerkassen nehmen auch hierzulande Einzug in den Einzelhandel. Kunden sollen mit ihnen ihren Einkauf schneller abwickeln können. Doch Kritiker sehen in den neuen Kassen vor allem eines: Ein Mittel, um Arbeitsplätze abzubauen.
Im Hintergrund sitzt noch eine Kassiererin - die Selbstscannerkasse im Vordergrund könnte ihren Job eventuell bald überflüssig machen.  Foto: Robert Wagner


Selbstscannerkassen gefährden Arbeitsplätze im deutschen Einzelhandel. So sieht es die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi. Sie sind Teil einer langen Entwicklung, die die Dienstleistung immer mehr aus dem Programm der Einzelhändler drängt, sagt Hans Sterr, Pressesprecher von Verdi Bayern.

Angefangen hat die Entwicklung schon vor vielen Jahren mit der Einführung der Selbstbedienung im deutschen Lebensmittelhandel nach dem Zweiten Weltkrieg. Damals waren die Kunden häufig damit überfordert, die Produkte selbst einpacken zu "dürfen". Heute ist das Gegenteil der Fall, wie beispielsweise der amerikanische Supermarktgigant Walmart feststellen musste. Sich die Artikel von Fremden einpacken zu lassen, fand keinen Anklang beim deutschen Käufer.

Der Kunde werde unfreiwillig immer mehr zum unbezahlten Mitarbeiter. Sterr vergleicht die Entwicklung mit der der Bankautomaten: Die seien zunächst als zusätzlicher Service eingeführt worden. Die Kunden waren zunächst skeptisch. Nachdem sie sich an die Automaten gewöhnt hatten, "musste" dann Personal in den Bankfilialen abgebaut werden. Eine ähnliche Entwicklung befürchtet Sterr nun auch im Einzelhandel.

Denn: "Triebfeder für Innovationen ist immer der Preisvorteil und die Kosteneinsparung für die Unternehmen", sagt Sterr. Das Personal sei im Einzelhandel der größte Kostenfaktor - also werde vor allem hier versucht, Geld einzusparen.

Nur etwa 250 Einzelhändler haben laut dem "EHI Retail Institute" Selbstscannerkassen. Das ist nur ein verschwindend kleiner Anteil aller Geschäfte. Laut Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverband Bayern, wird die automatische Kasse auch ein Randphänomen bleiben.

Erste Versuche scheiterten

Bereits in den 90er-Jahren gab es erste Versuche mit den Geräten in Deutschland. Trotzdem habe sich die Technik bisher nicht durchsetzen können - im Gegensatz zu Ländern wie Schweden oder Großbritannien. Es stehe daher zu erwarten, dass hierzulande andere Lösungen umgesetzt werden.

Beispielsweise könnte es bald überhaupt keine Kassen mehr geben. Stattdessen scannen Sensoren die Kunden beim Verlassen des Geschäfts - und buchen die gekauften Produkte direkt von einem virtuellen Kundenkonto ab. Technisch sei dies schon heute leicht umsetzbar. Auch Lösungen, per App auf dem Smartphone Artikel zu bestellen und zu bezahlen, werden in naher Zukunft wichtiger werden. Laut Tatjana Halm, Rechtsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern, ist fraglich, ob das bei den Kunden gut ankommen werde.

So sei Bargeld weiterhin das beliebteste Zahlungsmittel der Deutschen. Technischen Lösungen stünden die Kunden oft skeptisch gegenüber. Laut Verbraucher zen trale spielt dabei auch der Datenschutz eine wichtige Rolle. Es gäbe viele Menschen, die die Möglichkeit des anonymen Einkaufens mit Bargeld mehr schätzen würden als die Rabatte versprechenden Kundenkarten und andere technische Instrumente, die die Daten der Kunden erfassen.

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