Neonazis für Angriff auf Café "Balthasar" verurteilt
Autor: Anna Lienhardt
Bamberg, Donnerstag, 29. Oktober 2015
Das Amtsgericht hat fünf junge Neonazis zu Geld- und Freiheitsstrafen verurteilt. Sie hatten ein Anti-Rassismus-Festival im Café "Balthasar" gestört. Zwei Täter könnten mit größer geplanten Anschlägen zu tun haben.
Es war außerordentlich viel los im Sitzungssaal 031 - so viel, dass nicht alle Zuschauer einen Platz fanden und vor der Tür warten mussten. Sie waren nicht alleine: Mehr Polizisten als üblich waren im Bamberger Amtsgericht vor Ort, vor der Tür, wie auch im Saal.
"Die Polizei betreut die Verhandlung mit ausreichend Personal, weil beide Lager anwesend sind", wie Holger Dremel von der Bamberger Polizei sagte. Mit "beiden Lagern" meint er politisch rechts wie links orientierte Gruppen. Letztere hatten am Tag vor der Sitzung über das Internet noch zur Solidarisierung aufgerufen:
Am 7. Juni wurde "eine Veranstaltung unseres Projekts ,Festival Contre le Racisme‘ von Bamberger und Nürnberger Neonazis gestört, die (...) wohl den Plan hatten, die Teilnehmenden dieses Vortrags einzuschüchtern oder gar anzugreifen", ist auf der Facebookseite des Vereins Asta Bamberg zu lesen.
Das Café Balthasar dient häufiger als Treffpunkt linker Gruppen. In der Vergangenheit hat es bereits mehrfach Sachbeschädigungen mit rechtsextremem Hintergrund an dem Haus gegeben, etwa Hakenkreuz-Schmierereien, eingeworfene Scheiben oder Farbanschläge.
Was war am 7. Juni geplant? Wie Richter Martin Waschner in der Urteilsbegründung ausführte, haben sich die Angeklagten, allesamt Angehörige der rechten Szene, zunächst "zusammengerottet".
Täter teilweise vermummt
Dann liefen sie auf das Café zu und zogen sich dabei teilweise Motorradhandschuhe an oder setzten sich eine Kappe auf. Andere schoben sich ein Tuch ins Gesicht und trugen eine Sonnenbrille. "Als der Vortrag lief, saß ich im hinteren Bereich des ,Balthasar'. Da rief jemand, dass die Nazis da sind", sagte eine Zeugin.
Es habe sehr bedrohlich gewirkt, als sie auf das Café zugekommen seien - weil teilweise "schwarz gekleidet" und "vermummt". Ein weiterer Zeuge sagte: "Das sind in Bamberg bekannte Neonazis. Ich hatte Angst, dass die reinkommen und schlägern oder Waffen einsetzen." Vor allem einer der Angeklagten, der nicht vermummt war, war den Gästen im "Balthasar" von rechtsextremen Veranstaltungen in Bamberg bekannt.
Nachdem dessen 29-jähriger Kumpane an die Scheiben klopfte, haben die Gäste im Inneren "Panik bekommen, weil es in letzter Zeit schon Sachbeschädigungen am Café gegeben hat", wie Richter Waschner ausführte. Also verbarriakadierten sich die Festival-Teilnehmer, ließen die Rollos herunter, sperrten die Tür zu und riefen die Polizei.
Richter sieht eindeutig Störung
Richter Waschner kaufte den Tätern nicht ab, dass sie "nichts geplant" hatten, wie einer von ihnen vor Gericht sagte. Der Neonazi sprach von "Fantasie im Hinterkopf der ,Linken‘" und "Märchen der Leitmedien". Auch die Verteidiger von drei Angeklagten waren sich einig: Es ist doch gar nichts passiert!Doch der Richter donnerte entgegen: "Natürlich ist eine Störung verursacht worden, durch das martialische Auftreten von Personen aus der rechten Szene. Alle fünf sitzen zu Recht auf der Bank! Es war Absicht, die Versammlung zu stören!"
So verurteilte das Gericht den mit 20 Jahren jüngsten Täter zu einer Woche Dauerarrest mit Bewährungsauflagen, seinen 23-jährigen Mittäter zu einer erhöhten Geldstrafe von 60 Tagessätzen à 50 Euro, den 21-Jährigen zu acht Monaten auf Bewährung und einen weiteren 23-Jährigen zu einer Geldstrafe von 30 Tagessätzen zu je 50 Euro. Der 29-Jährige, der kurz zuvor für eine andere Tat verurteilt worden war, bekam eine Freiheitsstrafe von einem Jahr und fünf Monaten ohne Bewährung. Bis auf einen waren bereits alle vorbestraft.
Pikant: Zwei der Täter kamen mit Fußfesseln direkt aus der U-Haft. Sie stehen in Verdacht, mit den vergangene Woche bekannt gewordenen Anschlagsplänen auf zwei Asylbewerberunterkünfte und das "Balthasar" in Verbindung zu stehen. Einer ist Mitglied der Partei "Die Rechte", auch Kontakte zu "Nügida" in Nürnberg soll es geben. Ein weiterer rechtsextremer Angeklagter war aus angeblich gesundheitlichen Gründen entschuldigt. Sein Verfahren wird abgetrennt verhandelt.