Nase voll! Mythen und Medizin rund um die Erkältung
Autor: Natalie Schalk
Kulmbach, Freitag, 25. Januar 2019
Husten, Schnupfen, Heiserkeit: Der Kulmbacher Arzt Andreas Schmidt erklärt, was hilft, wie vorgebeugt werden kann - und was man unbedingt lassen sollte.
Andreas Schmidt schaut aus dem Fenster seines Sprechzimmers auf eine Gruppe Schüler, die über den eisigen Kulmbacher Marktplatz trödeln. Einer trägt kurze Hosen. "Weil's cool ist", diagnostiziert der HNO-Arzt, "aber es ist auch kein Wunder, wenn der sich erkältet." Die Erkältung habe ihren Namen aus gutem Grund: "Nässe und Frieren machen den Körper anfällig." Dabei lässt sich das einfach mit der Witterung entsprechender Kleidung vermeiden. "Und unbedingt genug schlafen! Auch wer müde ist, friert."
Schmidt ist stellvertretender Vorsitzender der HNO-Ärzte in Bayern und Bezirksvorsitzender des Berufsverbands in Oberfranken. Kratzende Hälse, laufende Nasen und schmerzende Ohren gehören zu seinem Fachgebiet. Aber der 45-Jährige ist auch Schlafmediziner. Er betont, dass Schlaf grundsätzlich das Wichtigste fürs Immunsystem sei. "Natürlich macht auch Vitaminmangel anfällig für Infektionen, aber heutzutage isst fast jeder auch Obst und Gemüse. Wir haben keine Mangelerscheinungen." Aber wir schlafen oft zu wenig. "Und dann wundern sich die Leute, warum sie ständig kränkeln, obwohl sie sich gesund ernähren."
Kürzer treten: bei der Arbeit und in der Freizeit
Häufig treten Menschen trotz Erkältung nicht kürzer. "Es gibt einen Übergangsbereich, in dem man vielleicht zur Arbeit gehen kann." Aber dann müsse man früher ins Bett und Sachen in der Freizeit weglassen: Nicht glauben, dass man beim Fußballturnier unverzichtbar sei. "Wenn einer meint, den Helden spielen zu müssen, führt das oft dazu, dass er richtig krank wird - auch wenn er eigentlich nur eine Rotznase hatte."
Schmidt rät auch bei einem einfachen Schnupfen von sportlicher Betätigung ab. "Das macht man, um sich zu belasten - und wenn der Körper schon belastet ist, kann man auch einmal drei bis zehn Tage darauf verzichten." Dann ist der Schnupfen vorbei. Und es ist nicht mal nötig, zum Arzt zu gehen. "Eine Erkältung hört auf jeden Fall von alleine auf." Zu 90 Prozent wird sie durch Viren verursacht. Sie befallen und schädigen Zellen und breiten sich über die Schleimhäute aus. Der Körper reagiert mit einer Entzündung, um das kranke Gewebe abzustoßen. Das verursacht Schmerzen und lässt die Sekrete laufen.
Viren wandern
"Es beginnt zum Beispiel mit Halsschmerzen und Heiserkeit, dann wandert es nach oben: Die Nase läuft." Zu glauben, dass man es schnell wegbekommt, wenn man schnell zum Arzt geht, ist ein weit verbreiteter Irrtum. "Das bringt überhaupt nichts. Wenn die Infektion ausgebrochen ist, ist das nicht zu bremsen. Das läuft ab wie ein Film. Wir können es nicht heilen, wir können Viren nicht behandeln."
Behandelt werden können nur die Symptome - und dafür braucht's keinen Arzt: "Grundsätzlich helfen Schmerzmittel mit den Wirkstoffen Ibuprofen und Acetylsaliclysäure (ASS). Im Gegensatz zu diesen ist Paracetamol bei Erkältung nicht optimal, weil es zwar Schmerzen lindert, aber nicht entzündungshemmend wirkt", sagt Schmidt.
Er wiederholt noch einmal die Bedeutung ausreichenden Schlafs, von Ruhe und gesunder Ernährung. "Und auf Genussmittel wie Alkohol und Tabak verzichten!"