Nacktparty im Bischberger Gewerbegebiet
Autor: Michael Wehner
, Freitag, 20. Juli 2012
Das aufstrebende Unterzentrum scheint nun auch über einen Swingerclub zu verfügen. Die Kundschaft reist aus ganz Franken an. Doch es entsteht überraschender Klärungsbedarf.
Es war eine Bekanntschaftsanzeige im Fränkischen Tag, die letzten Samstag bestätigt hat, was in Bischberg manche schon zu wissen glaubten. Darin sucht ein 50-Jähriger Nichtraucher eine weibliche Begleitung für den Saunaclub Atlantis im Bischberger Industriegebiet. Die besondere Belohnung, die er für die "Ladys Night" am Freitag, ab 18 Uhr, verspricht: "Männer nackt!"
Es ist nicht bekannt, wie viele Damen die Aussicht auf hüllenlose Männlichkeit im ansonsten eher tristen Bischberger Industriegebiet zu einer Bewerbung unter swinger@go. . . hingerissen hat. Dennoch könnte der fünfzeilige Hinweis dafür sorgen, dass die langjährige Vorgeschichte einer schnöden Gewerbeimmobilie neu aufgerollt werden muss.
Als vor etwa einem Jahr der Saunaclub "FKK Atlantis" in Trosdorf seine Pforten öffnete, ging man in der Gemeinde noch davon aus, dass im Untergeschoss des Plattenbaus in der Industriestraße 5 wie beantragt Wellness, Gesundheit und Fitness im Vordergrund einer wie immer gearteten Nutzung stehen würden. Der Gemeinderat sah deshalb keine Bedenken, der erbetenen Gaststättenerlaubnis zuzustimmen, erinnert sich Bürgermeister Johann Pfister (BI) .
Dass Bischberg sich mit diesem Ja aber doch mehr eingehandelt haben könnte, als auf dem Papier stand, schwante den ersten, unter ihnen auch der Gemeindemitarbeiterin Brigitte Pfohlmann, als sie die Internet-Seiten des Clubs aufriefen und dort auf ebenso unverhüllte wie unzweideutige Inhalte stießen.
Pfister, der gegenüber unserer Zeitung die Existenz eines Swingerclubs in Bischberg noch vor einem Jahr heftig bestritten hatte, hakte daraufhin beim Landratsamt als der zuständigen Genehmigungsbehörde nach. Eine Überprüfung vor Ort endete aus seiner Sicht wenig ergiebig: Man habe nur mitgeteilt, dass der Club gewerberechtlich und was die Schankerlaubnis angeht, nicht zu beanstanden sei. Noch am gestrigen Freitag war Pfister der Meinung, dass dem Club nicht beizukommen sei: "Wenn die sich auf die Hinterbeine stellen, hat die Gemeinde bei einer Klage schlechte Karten."
Freilich weiß man spätestens seit dem Ärger um eine Flut von Wohnungsbordellen in Bamberg, die dort erfolgreich eingedämmt werden konnte: Die gewerberechtliche Seite ist nur die eine. Das Baurecht ist eine stärkere Waffe. Wer den mittlerweile fingerdicken Aktenstoß über den Saunaclub in Bischberg genauer genauer durchforstet, stößt prompt auch auf einen Hinweis des Landratsamts von 2006, wonach Vergnügungsstätten, darunter auch Swingerclubs, in Industriegebieten baurechtlich nicht zulässig sind.
Diesen Sachverhalt bestätigt grundsätzlich auch die Geschäftsbereichsleiterin am Landratsamt, Nikola Wiedemann. Allerdings ist das Atlantis in Bischberg auch im Landratsamt bisher nur als Sauna- und Fitnessclub in Erscheinung getreten und nicht als Swingerclub.
Wäre nun letzteres der Fall und das Atlantis sozusagen eine schwarze Vergnügungsstätte, hätte dies für die Betreiber möglicherweise ernste Folgen, denn der Club könnte untersagt werden. Allerdings muss das Landratsamt die "genehmigungspflichtige Nutzungsänderung" erst einmal nachweisen. Ob ein Swingerclub tatsächlich ein Swingerclub ist oder vielleicht nur eine frivole Sauna, dies zu unterscheiden, sei im Zweifelsfall nicht ganz einfach.
Genau dies betonen nämlich die Betreiber, die nicht genannt sein wollen. "Wir sind kein Swingerclub, sondern eine frivole Sauna." Was ist da der Unterschied, wollten wir wissen. Antwort: "Bei uns steht Wellness und Wohlfühlen im Vordergrund."
Was nicht heißt, dass es in den Hinterzimmern nicht zur Sache ginge. Denn wer die einschlägigen Internetseiten liest, wird zweifeln, dass in der Bischberger Industriestraße die platonische Liebe im Vordergrund steht. Unter swingerglueck.de beispielsweise wird man schnell fündig. Dort wird das Bischberger Atlantis als einer von 250 deutschen Swingerclubs geführt und als "gepflegte erotische Sauna mit großzügigen Spielwiesen" beschrieben.
Auch wenn Bürgermeister Johann Pfister sich selbst noch kein Bild vor Ort gemacht hat, so zweifelt er mittlerweile nicht mehr an dem, was böse Zungen in Bischberg schon länger behaupten: dass sich unter der Tarnung eines Fitness- und Saunabetriebs ein Swingerclub in den alten Fischerort eingenistet hat.
Doch hat das Ganze auch sein Positives. Es gibt, wie Pfister bemerkt, anders als bei der benachbarten Disco keinerlei Beschwerden. Die Besucher seien sehr zurückhaltend und offenkundig interessiert, nicht aufzufallen, sagt Pfister. "Wir sind darüber nicht glücklich, aber wir haben keinen Ärger."
Sollte das Atlantis tatsächlich das sein, wofür viele es halten, ist es einer der wenigen vergleichbaren Adressen in der Region. Wie Harald Förtsch, Rotlicht-Experte der Kripo Bamberg, bestätigt, gibt es im Umkreis von Bamberg nur in Zapfendorf und Ebelsbach einschlägig bekannte Einrichtungen. Selbst das große Bamberg ist eine swingerfreie Zone. Für Förtsch ist es auch nichts Neues, dass Swingerclubs sich als solche nicht unbedingt darstellen: Sie nutzen die Grauzone von Saunaclubs, um unbequemen behördlichen Auflagen zu entgehen.
So kommt es, dass das Industriegebiet in Bischberg, wo derzeit ein neues großes Fachmarktzentrum in die Höhe wächst, schon Wochen vor dessen Start ungewohnte überregionale Aufmerksamkeit erfährt. Die Besucher, die die "frivole Sauna", laut Homepage die Nummer 1 in Franken, besuchen, kommen aus Städten wie Nürnberg, Erlangen oder Schweinfurt. Geparkt wird diskret hinter dem Haus. Dort ist nach Angaben von Atlantis sogar Platz für Wohnmobile.
