Nach Zauberfest-Absage: Streit ums Einkaufen am Sonntag
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 24. April 2020
Dem Bamberger Einzelhandel drohen massive Umsatzeinbußen. Doch der Wunsch auf drei zusätzliche offene Sonntage stößt auf Widerspruch.
Dem Bamberger Einzelhandel drohen massive Umsatzeinbußen. Doch der Wunsch auf drei zusätzliche offene Sonntage stößt auf Widerspruch.Das Stadtmarketing hat sich lange Zeit gelassen, doch am Freitagmittag war die Entscheidung unvermeidlich geworden: 2020 wird Bamberg nicht nur auf die Sandkerwa verzichten müssen, sondern auch auf "Bamberg zaubert" und das im August geplante Blues- und Jazzfestival.
"Zum gegenwärtigen Zeitpunkt müssen wir leider davon ausgehen, dass in diesem Jahr gar keine Großveranstaltungen mehr möglich sind", begründete Klaus Stieringer von Stadtmarketing die Absage der beiden Großveranstaltungen. Sie sei schwer gefallen. Denn es geht um Millionen, die der Bamberger Wirtschaft fehlen werden.
Die neuen Hiobsbotschaften treffen die Innenstadt in einer kritischen Lage. Nach wochenlangem Shutdown braut sich ein düsteres Szenario zusammen: "Wir haben eine Umfrage unter Mitgliedsfirmen gemacht. Über 50 Prozent der Geschäfte stehen mit dem Rücken zur Wand. Wir laufen in eine Insolvenzwelle, die vieles verändern könnte", fürchtet Klaus Stieringer.
Die Lagebeschreibung ist drastisch, die Hoffnung auf einen Ausweg klein. Niemand kann sagen, wie lange die Einschränkungen dauern, die bereits zur Absage des Oktoberfestes in München führten. Könnten zumindest die letzten Wochen des Jahres den ums Überleben kämpfenden Bamberger Händlern helfen? Auch Stieringer zweifelt, ob wir bereits das Licht am Ende des Tunnels sehen. "Doch wir müssen jeden Strohhalm greifen den wir haben", sagt er und begründet eine Forderung, die kaum veröffentlicht auf Widerstand stößt: drei zusätzliche verkaufsoffene Sonntage zum Ende des Jahres.
Der Streit um offene Läden am Sonntag - er ist Jahrzehnte alt, doch es spricht manches dafür, dass Corona auch diese Debatte neu entfachen wird. Was ist geplant? Bislang können die Einzelhändler in Bamberg nur von einem verkaufsoffenen Sonntag in Bamberg ausgehen, der am 9. August stattfinden sollte. Nun will das Stadtmarketing Ausnahmen: Die Anlassbindung solle wegfallen. "Es geht hier nicht um das übliche Wehklagen des Einzelhandels. Wir brauchen diese Sonntage in der Weihnachtszeit, damit es nicht zu einem großflächigen Ladensterben kommt. Es nicht zu tun, wäre fahrlässig", sagt Stieringer.
Bambergs Linke Liste scheinen diese Befürchtungen wenig zu interessieren: "Diesen Vorschlag allein schon öffentlich zu machen, ist ein Schlag ins Gesicht der Beschäftigten. Wir brauchen mindestens einen Tag in der Woche für Ruhe und Erholung", finden Paul Lehmann und Stephan Kettner in einer Reaktion. Sie schlagen stattdessen zusätzliche Veranstaltungen am Samstag vor. Persönlich werfen die Linken SPD-Stadtrat Klaus Stieringer, vor, wortbrüchig zu sein. Die SPD habe sich im Wahlkampf dafür ausgesprochen, "auf weitere verkaufsoffene Sonntage zu verzichten". Und jetzt?
Hört man Stieringer, dann geht es um eine Ausnahmeregelung in einem Ausnahmejahr. Davon, dass hier sozialdemokratische Werte verraten würden, könne keine Rede sein.