Nach Granatenfunden bei Friesen: Schild warnt vor Gefahren
Autor: Sebastian Schanz
Hirschaid, Dienstag, 05. November 2019
Im Juni wurde bekannt, dass im Wald bei Friesen mehrfach alte Granaten von Kampfmittelspezialisten geborgen werden mussten. Passiert ist seither nichts. Nun will der Markt mit einem Schild auf die explosive Vergangenheit hinweisen.
Auf der Suche nach Pfifferling und Reizker haben Pilzsammler in den vergangenen Wochen die heimischen Wälder durchkämmt. Auch Ullrich H. (Name geändert) begibt immer wieder auf die Suche - allerdings nicht nach Pilzen, sondern nach historischen Münzen oder Werkzeugen, wie er sagt. Statt eines Korbs hat er einen Metalldetektor dabei. Und im Wald bei Friesen im Gemeindegebiet Hirschaid, dort wo Pilzsammler prächtige Parasol-Pilze fanden, hat der Sondengänger im Frühjahr mehrere Panzergranaten entdeckt. Scharfe Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, Kaliber 3,7 Zentimeter, direkt unter der Moosschicht.
Die explosiven Funde haben nach unserem Artikel im Juni für einigen Wirbel gesorgt. Doch dann ist das Thema verpufft. Für den Sondengänger unverständlich: "Ich warte nur darauf, dass sich mal ein Pilzsammler verletzt, dann ist das Geschrei groß." Immerhin habe er die Granaten nur Zentimeter unter der Erdöberfläche gefunden.
"Kein Handlungsbedarf"
Im Hirschaider Rathaus als zuständige Sicherheitsbehörde sah man nach Gesprächen mit dem Landratsamt und anderen staatlichen Stellen jedoch "keinen Handlungsbedarf", wie Klaus Homann erklärt. Der CSU-Bürgermeister ist noch immer sauer auf den ihm unbekannten Sondengänger, weil der nach seinen gefährlichen Entdeckungen nicht den Markt verständigt hatte, sondern gleich den Kampfmittelräumdienst. Homann hatte damals erst durch unsere Anfrage von den fünf Einsätzen der Feuerwerker erfahren. Auch Forstrevierleiter Stefan Müller oder Reiner Teichtweier, Vorsitzender der Pfadfinderschaft Bamberg, die an der Friesener Warte ein Landheim für Jugendgruppen betreibt, haben aus der Zeiung davon erfahren.
Bürgermeister Homann hat für die Chronik des kleinen Dorfes Friesen zur Vergangenheit der Segelschule auf der Anhöhe recherchiert. Im Dritten Reich bauten die Nationalsozialisten das Gelände zur modernen Nachwuchsschmiede für Flieger aus. Im Zweiten Weltkrieg standen hier Flakgeschütze. 1944 wurde ein alliierter Bomber über der Friesener Warte abgeschossen. Nach dem Krieg richteten die amerikanischen Truppen hier zwei Sprengplätze ein, bei der Munition unschädlich gemacht wurde. Dass dabei manche Gefahr unter der Erde liegenblieb, war klar. Dennoch hätte Homann nicht damit gerechnet, dass innerhalb kurzer Zeit ein einzelner Mann mit Metalldetektor mehrere Panzergranaten zu Tage fördern würde.
Es handelt sich nicht um die Art von Info, die man als Bürgermeister gerne hört. Denn der Umgang mit dem explosiven Erbe des Zweiten Weltkrieges, das quer durch Deutschland noch an unzähligen Orten lauert, ist schwierig. Einerseits gibt es eine mehr oder weniger abstrakte Gefahr. Andererseits stehen die Waldbesitzer - bei Friesen mehrere Privateigentümer und die Staatsforsten - schnell vor hohen Kosten, wenn es an eine Räumung geht.
Das wird gerade 23 Kilometer weiter nördlich deutlich: Auf dem ehemaligen Sprengplatz nördlich von Rattelsdorf haben Spezialisten bereits mehrere Tonnen Kampfmittel unschädlich gemacht. In den Jahren zuvor waren immer wieder scharfe Granaten gefunden worden. Erst nach langen Verhandlungen erhielt man die Zusage, dass die rund 3,5 Millionen Euro teure Maßnahme nahezu vollständig vom Freistaat Bayern und dem Bund übernommen werden würde.
Nachrichtensperre
In Hirschaid war das bisher kein Thema. Im Marktgemeinderat waren die Friesener Funde nur am Rande Gesprächsstoff, wie Albert Deml berichtet, der in dem Gremium die Ökologische Liste Hirschaid vertritt. "Da verlässt sich der Gemeinderat einfach auf die Experten", sagt Deml. Mit Experten meint er die Sicherheitsbehörde, also den Markt, der sich mit dem Landratsamt und anderen Stellen abstimmt - zum Beispiel dem Kampfmittelräumdienst. Der hatte im Sommer noch deutliche Worte gefunden: "Das Zeug ist brandgefährlich. Hier sollte die Sicherheitsbehörde etwas tun", erklärte Kampfmittelexperte Andreas Heil damals. Heute will er nichts mehr sagen: "Nachdem die Sache ziemlich Staub aufgewirbelt hatte und es in den Verwaltungen zu dem Thema auch Irritationen gegeben hatte, haben wir mit den Behörden Nachrichtensperre vereinbart."