Nach Granatenfunden bei Friesen: Schild warnt vor Gefahren

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Wald bei Friesen. Foto: Sebastian Schanz
Wald bei Friesen. Foto: Sebastian Schanz
Foto: privat
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Foto: Markt Hirschaid
Foto: Markt Hirschaid
 

Im Juni wurde bekannt, dass im Wald bei Friesen mehrfach alte Granaten von Kampfmittelspezialisten geborgen werden mussten. Passiert ist seither nichts. Nun will der Markt mit einem Schild auf die explosive Vergangenheit hinweisen.

Auf der Suche nach Pfifferling und Reizker haben Pilzsammler in den vergangenen Wochen die heimischen Wälder durchkämmt. Auch Ullrich H. (Name geändert) begibt immer wieder auf die Suche - allerdings nicht nach Pilzen, sondern nach historischen Münzen oder Werkzeugen, wie er sagt. Statt eines Korbs hat er einen Metalldetektor dabei. Und im Wald bei Friesen im Gemeindegebiet Hirschaid, dort wo Pilzsammler prächtige Parasol-Pilze fanden, hat der Sondengänger im Frühjahr mehrere Panzergranaten entdeckt. Scharfe Blindgänger aus dem Zweiten Weltkrieg, Kaliber 3,7 Zentimeter, direkt unter der Moosschicht.

Die explosiven Funde haben nach unserem Artikel im Juni für einigen Wirbel gesorgt. Doch dann ist das Thema verpufft. Für den Sondengänger unverständlich: "Ich warte nur darauf, dass sich mal ein Pilzsammler verletzt, dann ist das Geschrei groß." Immerhin habe er die Granaten nur Zentimeter unter der Erdöberfläche gefunden.

"Kein Handlungsbedarf"

Im Hirschaider Rathaus als zuständige Sicherheitsbehörde sah man nach Gesprächen mit dem Landratsamt und anderen staatlichen Stellen jedoch "keinen Handlungsbedarf", wie Klaus Homann erklärt. Der CSU-Bürgermeister ist noch immer sauer auf den ihm unbekannten Sondengänger, weil der nach seinen gefährlichen Entdeckungen nicht den Markt verständigt hatte, sondern gleich den Kampfmittelräumdienst. Homann hatte damals erst durch unsere Anfrage von den fünf Einsätzen der Feuerwerker erfahren. Auch Forstrevierleiter Stefan Müller oder Reiner Teichtweier, Vorsitzender der Pfadfinderschaft Bamberg, die an der Friesener Warte ein Landheim für Jugendgruppen betreibt, haben aus der Zeiung davon erfahren.

Bürgermeister Homann hat für die Chronik des kleinen Dorfes Friesen zur Vergangenheit der Segelschule auf der Anhöhe recherchiert. Im Dritten Reich bauten die Nationalsozialisten das Gelände zur modernen Nachwuchsschmiede für Flieger aus. Im Zweiten Weltkrieg standen hier Flakgeschütze. 1944 wurde ein alliierter Bomber über der Friesener Warte abgeschossen. Nach dem Krieg richteten die amerikanischen Truppen hier zwei Sprengplätze ein, bei der Munition unschädlich gemacht wurde. Dass dabei manche Gefahr unter der Erde liegenblieb, war klar. Dennoch hätte Homann nicht damit gerechnet, dass innerhalb kurzer Zeit ein einzelner Mann mit Metalldetektor mehrere Panzergranaten zu Tage fördern würde.

Es handelt sich nicht um die Art von Info, die man als Bürgermeister gerne hört. Denn der Umgang mit dem explosiven Erbe des Zweiten Weltkrieges, das quer durch Deutschland noch an unzähligen Orten lauert, ist schwierig. Einerseits gibt es eine mehr oder weniger abstrakte Gefahr. Andererseits stehen die Waldbesitzer - bei Friesen mehrere Privateigentümer und die Staatsforsten - schnell vor hohen Kosten, wenn es an eine Räumung geht.

Das wird gerade 23 Kilometer weiter nördlich deutlich: Auf dem ehemaligen Sprengplatz nördlich von Rattelsdorf haben Spezialisten bereits mehrere Tonnen Kampfmittel unschädlich gemacht. In den Jahren zuvor waren immer wieder scharfe Granaten gefunden worden. Erst nach langen Verhandlungen erhielt man die Zusage, dass die rund 3,5 Millionen Euro teure Maßnahme nahezu vollständig vom Freistaat Bayern und dem Bund übernommen werden würde.

Nachrichtensperre

In Hirschaid war das bisher kein Thema. Im Marktgemeinderat waren die Friesener Funde nur am Rande Gesprächsstoff, wie Albert Deml berichtet, der in dem Gremium die Ökologische Liste Hirschaid vertritt. "Da verlässt sich der Gemeinderat einfach auf die Experten", sagt Deml. Mit Experten meint er die Sicherheitsbehörde, also den Markt, der sich mit dem Landratsamt und anderen Stellen abstimmt - zum Beispiel dem Kampfmittelräumdienst. Der hatte im Sommer noch deutliche Worte gefunden: "Das Zeug ist brandgefährlich. Hier sollte die Sicherheitsbehörde etwas tun", erklärte Kampfmittelexperte Andreas Heil damals. Heute will er nichts mehr sagen: "Nachdem die Sache ziemlich Staub aufgewirbelt hatte und es in den Verwaltungen zu dem Thema auch Irritationen gegeben hatte, haben wir mit den Behörden Nachrichtensperre vereinbart."

Besteht nun eine Gefahr oder nicht? "Das Gebiet ist 2007 aus dem Altlastenkataster genommen worden", berichtet Frank Förtsch, Sprecher des Landratsamtes. Bei dem Kataster würden aber nur Umweltgefahren beschrieben. "Für die Bewertung der Gefährdungslage für den Menschen, zum Beispiel durch Explosion, ist die örtliche Gemeinde zuständig."

Dort, also im Hirschaider Rathaus, hat man sich nach weiteren Anfragen unserer Zeitung dazu entschlossen, mit einem Infoschild auf die Historie der Friesener Warte - und auf deren explosives Erbe - hinzuweisen. "Durch den Bomberabsturz und mögliche Sprengungen befinden sich noch heute unentdeckte Munitionsteile auf dem Gelände", heißt es darauf. "Falls Sie Metallteile finden, fassen Sie diese bitte nicht an und melden Sie den Fund der Polizei."

Kommentar des Autors:

Auf dem Weg hoch auf die Friesener Warte kommt der Autofahrer an mehreren Schildern vorbei, die vor spielenden Kindern warnen. In den Straßengraben eingebaute Krötenbarrieren schützen die Amphibien. Tempobegrenzungen weisen den Fahrer auf die kurvige Straßenführung hin. "Vorsicht: Engstelle" hier, "Vorsicht: holprige Straße" dort. So ist man das gewohnt in Deutschland: Vor jeder kleinen und großen Gefahr wird gewarnt. Wegen der Verkehrssicherungspflicht werden in Wäldern ganze Schneisen entlang der Wege geschlagen: Es könnte ja ein Jogger von einem morschen Ast erschlagen werden. Lieber auf Nummer sicher gehen. Und im Friesener Wald? Dort wo Sondengänger ohne langes Suchen scharfe Panzergranaten unter den obersten Blätterschichten finden - kein einziges Hinweisschild! Nichts! Nun muss man ja nicht gleich in Hysterie ausbrechen, und Sondengänger kann man zu Recht scharf kritisieren. Doch was ist mit dem Ottonormal-Pilzsammler? Der stapft nichtsahnend auf einem ehemaligen Sprengplatz herum. Zwischen Parasol und Pfifferling könnte manche Panzergranate aus der Erde spitzen. Das ist inmitten des deutschen Warnschilderwaldes zumindest befremdlich. Das neue Hinweisschild ist da nicht fehl am Platz - auch wenn sicher einige froh wären, wenn einfach Gras über die Sache wachsen würde.

Weitere Sprengplätze im Landkreis Bamberg:

Teuchatz: Bei dem Ortsteil des Marktes Heiligenstadt gibt es ein 5,92 Hektar großes Verdachtsgebiet.

Rattelsdorf: Der Sprengplatz wird aufwendig saniert.

Baunach: Zwei Sprengplätze beinhalten Verdachtsflächen von rund 34,63 Hektar.

Viereth: Hier gab es einen Sprengplatz samt Munitionsfundstelle mit einer Verdachtsfläche von 56,60 Hektar.

Strullendorf: 6,81 Hektar sind hier als Verdachtsfläche des Sprengplatzes angegeben.