Der Stadtrat hat dem Bürgerentscheid ein Ratsbegehren an die Seite gestellt. Die Abstimmungsalternative soll dem umstrittenen Gewerbepark den Weg ebnen.
Es ist ein Novum in der Bamberger Stadtgeschichte: Am Sonntag, 18. November, sind 58 500 wahlberechtigte Bürger Bambergs dazu aufgerufen, über die Geschicke von über 45 Hektar Wald im Bamberger Südosten zu entscheiden. Dabei konkurrieren zwei Fragestellungen miteinander: Die Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" will den vollständigen Erhalt des Muna-Walds. Das so genannte Ratsbegehren soll die umstrittene Planung von Gewerbeflächen in veränderter Form doch noch möglich machen.
Glaubt man der Mehrheit im Bamberger Stadtrat, dann geht es bei der Fortführung des umstrittenen Bebauungsplan 429 um nichts weniger als "die Zukunft Bambergs". So sieht es zumindest Helmut Müller (CSU): Alle Argumente, die gegen den Gewerbepark spräche, seien widerlegt. "Wer am 18. November für das Bürgerbegehren stimmt und nicht für das Ratsbegehren, der versündigt sich an seinen Kindern und Kindeskindern."
Müller erfuhr für seinen Standpunkt viel Unterstützung im Stadtrat. Die Aussicht, dass der drohende Bürgerentscheid der Initiative "Für den Hauptsmoorwald" die Gewerbepläne der Stadt Bamberg mit Hilfe einer Zustimmung von mindestens 7750 Bürgern zur Makulatur machen könnte, sorgte für seltene Einigkeit zwischen den Fraktionen von CSU, SPD, Bamberger Allianz, dem Bürger-Block sowie den Stadträten von BuB und FDP - und auch für drastische Formulierungen in Richtung Bürgerinitiative. Ich bin schockiert, wie die Grünen und die Bürgerinitiative die Zukunft unserer Stadt aufs Spiel setzen. Viele Millionen Gewerbesteuereinnahmen liegen im Boden der Muna", sagte etwa Martin Pöhner (FDP) "Auch Heinz Kuntke (SPD) warb eindringlich für die Zustimmung zum Ratsbegehren. Es bietet aus seiner Sicht die "historische Chance", dass der Hauptsmoorwald erhalten bleibt und ein Teil der heute verschlossenen Muna zugänglich gemacht wird.
Doch es gab auch Gegenstimmen. Die sieben Stadträte der Grünen und von Bambergs Linker Liste votierten gegen das Ratsbegehren und ließen sich auch durch heftige Attacken nicht von ihrer Meinung abbringen. Das Ratsbegehren sei der gescheiterte Versuch, eine verfahrene Situation zu retten. Nach wie vor werde für das Gewerbegebiet Wald auf großer Fläche vernichtet, sagte Ursula Sowa (GAL) und weckte Zweifel, dass sich der Stadtrat an die selbst auferlegten Leitlinien hält.
Mit diesen zum Beschluss erhobenen Selbstverpflichtungen sollen die Bürger zur Zustimmung für das Ratsbegehren gewonnen werden. Dabei geht es um den Verzicht des Standorts für die Landespolizei an der Armeestraße, die Herausnahme von Gewerbeflächen nördlich der Geisfelder Straße, einen "sinnvollen Ausbau der Armeestraße", ein 14 Hektar großes Naturschutzgebiet auf dem ehemaligen Schießplatz, die Festsetzung von Ausgleichsflächen und die nun fest versprochene Öffnung des nicht bebauten Muna-Geländes als Naherholungsgebiet.
Was sagt die Bürgerinitiative "Für den Hauptsmoorwald" zu dem Angebot? Wird sie die "ausgestreckte Hand", wie es am Mittwoch hieß, annehmen? Derzeit sieht es nicht danach aus. Björn Scharf, Volker Braun und Martin Bücker zeigten sich nach dem Beschluss des Stadtrats enttäuscht darüber, dass der Stadtrat die Chance vertan habe, eine echte Alternative zu den ursprünglichen Planungen vorzulegen und auf diesem Weg dem Wunsch von über 13 000 Bürgern zu folgen, die den Stopp der Pläne gefordert hätten.
Die Sprecher der Gruppe bemängelten, dass es anders als formuliert keine substanzielle Reduzierung der Pläne gebe, rund 60 Hektar Wald zu roden - etwa den Verzicht auf die östliche Hälfte des Gewerbeparks. Zudem seien wesentliche Fragen wie nach dem tatsächlichen Flächenbedarf von Unternehmen, die nicht der Logistikbranche angehörten, nach dem Schutz der Gesundheit der Bewohner von Bamberg-Ost oder nach die klimatischen Auswirkungen des Gewerbeparks auf Bamberg bislang unbeantwortet. Die Initiative widersprach auch den mehrfach gehörten Aussagen, dass es sich nur um wertlosen Stangenwald handelt, der den Gewerbeplänen geopfert werden soll. "Ich war 50 Mal auf dem Gelände und kenne mich aus. Vor allem im östlichen Teil wächst naturnaher, zurückhaltend bewirtschafteter und daher wertvoller Wald", sagte Martin Bücker.
"Die Bamberger Zukunft liegt im Boden der Muna", laut Prekariats-Müller. Der hat die gleiche Weitsicht wie einst Kaiser Wilhelm II., der der Meinung war, "die Zukunft gehört dem Pferd. Das Automobil ist nur eine vorübergehende Erscheinung."
Mit dieser CSU stirbt die Zukunft Bambergs!
Erst wenn die derzeitigen Planungen auf Null zurückgestellt sind, kann man unter entsprechender Bürgerbeteiligung darüber sprechen, ob und welche Flächen für Gewerbe künftig benötigt werden. Ein Angriff auf den Hauptsmoorwald muss dabei von vorne herein ausgeschlossen sein. Wo kämen wir denn hin, wenn jede Generation nur "1,5 Prozent des Hauptsmoorwaldes" (Stieringer im FT BA, 22.09.2018, S. 9) beansprucht? Und wenn die Umlandgemeinden so, wie es sich schon einmal abzeichnete ("interkommunales Gewerbegebiet"), dasselbe für sich fordern? Dann wird man in 100 Jahren den letzten Rest des Hauptsmoorwaldes (100-200 ha) unter Schutz stellen und sich noch auf die Schultern klopfen ob seiner Großtaten für die Natur.
Ich werde am 18.11. gegen das Ratsbegehren stimmen, auch wenn mich Herr Müller dafür als Sünder an meinen Kindern und Kindeskindern verurteilt. Der eigentliche Sündenfall ist die Unverfrorenheit, mit der die Stadtratsmehrheit den Angriff auf die Natur durchziehen will.
Zur Muna: Sie hat aus naturschutzfachlicher Sicht einen hohen Stellenwert. Die Stadträte glauben dies nicht, weil ihnen wohl die eigene Einsicht (Begehung der gesamten Muna) fehlt oder weil sie irgendwelchen Büros glauben, alle Tiere und Pflanzen der Muna ließen sich problemlos woandershin umsiedeln (Stadträtin Ursula Redler im FT vom 22.09.2018). Den eigentlichen Fachleuten glaubt man nicht. Wenn der BN-Vorsitzende Martin Bücker, ein bayernweit anerkannter Schmetterlingskundler, den ökologischen Wert der Muna betont, dann muss man ihm glauben.
Herr Wehner, Chapeau! für ihren Kommentar in der Druckausgabe!!!
Die so genannten Leitlinien sind schon eher Lightlinien, unverbindliche Absichtserklärungen, die mit einem einfachen Stadtratsbeschluss wieder aufgeweicht werden können. Ich möchte mal den CSU-/SPD-/FDP-/BUB-/BA-/BBB-Stadtrat sehen, der es einem großen, derzeit im Hafengebiet ansässigen Bamberger Logistikunternehmen verwehren will, sich großflächig auf der Muna anzusiedeln. Es ist schon schockierend, mit welcher Nonchalance die große Mehrheit des Stadtrats einer Rodung von über 60 Fußballfelder naturnahem Wald zustimmt. Hier versündigen sie sich an Ihren Kindern und Enkeln, Herr Müller. Ich jedenfalls möchte meinen Enkeln einen unversehrten Hauptsmoorwald hinterlassen!