Müssen in Bamberg Altenheime schließen?
Autor: Michael Wehner
Bamberg, Freitag, 05. April 2019
Bamberg droht ein massiver Verlust bei Pflegeplätze durch das neue Pflegequalitätsgesetz. Es führt zunächst zum Abbau von 40 Prozent der Kapazitäten.
Michael Bosch ist ein erfahrener Kommunalpolitiker. Dennoch war der Stadtrat der Bamberger Allianz fassungslos, als er erfuhr, was im Bamberger Hain geplant ist. Dort wohnen derzeit 119 Seniorinnen und Senioren im Wilhelm-Löhe-Heim des Diakonischen Werks, darunter auch eine eigene Angehörige.
Doch was mit den älteren Herrschaften geschieht, steht in den Sternen. Das Haus befindet sich oben auf einer Liste der Bamberger Altenheime, die in ihrer jetzigen Ausstattung keine Zukunft haben. Selbst ein Abbruch ist nicht ausgeschlossen.
Wer heute vor dem Gebäude mit Klinkerfassade steht, wundert sich über solche Pläne: Das Haus am Heinrichsdamm macht 50 Jahre nach seinem Bau immer noch einen soliden Eindruck. Es verfügt über derzeit 101 Einzelzimmer - und dennoch läuft Ende 2026 seine Betriebsgenehmigung ab.
Die ungewisse Zukunft der Immobilie im Hain ist kein Einzelfall. Sechs weitere Bamberger Seniorenwohnsitze stehen durch das Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetzes vor Einschränkungen bei dringend benötigten Pflegekapazitäten.
Gedacht war das alles ganz anders: Das 2013 in Kraft getretene Landesgesetz schreibt höhere Standards bei den Pflegeplätzen vor, eine Einzelzimmerquote von 75 Prozent ebenso wie neue Anforderungen zur Barrierefreiheit und Sicherheit.
Da die Qualitätsoffensive mit Fristen verknüpft ist, scheint sie den ohnehin herrschenden Pflegeplatzmangel in Bamberg erst einmal zu verschärfen. Von 950 Bamberger Pflegebetten verschwinden einer Rechnung der Stadt zufolge in den nächsten sechs Jahren immerhin 387, also fast die Hälfte.
Die staatlich verordneten Abrissphantasien für Bambergs Pflegelandschaft haben nicht nur die Weltsicht von Michael Bosch ins Wanken gebracht. Auch vom Bürger-Block und von Bambergs Unabhängigen Bürgern trudelten in den letzten Wochen Anträge im Rathaus ein, die sich mit der gleichen Frage beschäftigen: Wie kann es möglich sein, dass in einer Zeit, in der Angehörige händeringend nach Pflegeplätzen suchen, Pflegeplätze im großen Stil abgebaut werden? Schon werden Befürchtungen wach, dass nun auch bei den stationären Plätzen eine Situation wie bei der Kurzzeitpflege droht. Hier müssen Bamberger Senioren und ihre Angehörigen mittlerweile bis nach Bad Marienbad in Tschechien ausweichen.